Frei im Theater 25
Eine Toska unserer Zeit
„Mit Tosca“, schrieb Puccini einst an seinen Librettisten Giacosa, „wollen wir das Gerechtigkeitsgefühl der Menschen aufrütteln und ihre Nerven ein wenig strapazieren“. Wenig verwunderlich, dass die Oper auch heute noch einige Emotionen auslöst.
Dass die vermeintlich opernhafte Story aktueller ist denn je – das hat Thilo Reinhardt, nun auch bei Tosca unmissverständlich offengelegt. Sein Scarpia ist der Inbegriff des toxisch-narzisstischen Machtmenschen, dem jedes noch so verabscheuungswürdiges Mittel recht ist - ob Intrige, Erpressung, Folter, Vergewaltigung, Hinrichtung, um das zu bekommen, von dem er glaubt, das es ihm zustünde. Dass die Kirche da immer wieder wegsah, und das bis auf den heutigen Tag, auch das zeigt Reinhard in einem eindrucksvollen Sujet.
Dass sich Tosca bei ihm zuletzt nicht von der Engelsburg stürzt, entspricht sogar der ursprünglichen Intention Puccinis, der das Aufbegehren und Leiden Toscas und ihres Geliebten Cavaradossi so unfassbar eindringlich musikalisch zu übersetzen verstand, dass es einen in den besagten Szenen – obwohl schon so oft gehört – nach wie vor richtig mitnimmt.
Was nicht zuletzt der sowohl musikalisch wie schauspielerisch großartigen Darbietung des gesamten Ensembles geschuldet ist. Hochenergetisch auch das Dirigat von Lukas Beikircher. Bei der Premiere gab es dafür frenetischen Jubel. Der Spiegel, den Thilo Reinhardt uns in seiner Inszenierung vorhielt, missfiel freilich einigen.
Doch wie sagte schon Ingeborg Bachmann: Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.
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