Blockadewoche Tag 2 Hötting
Nach zwei Tagen 50 Personen angezeigt

Nicht alle können die Blockademaßnahmen so locker sehen. | Foto: zeitungsfoto.at
7Bilder
  • Nicht alle können die Blockademaßnahmen so locker sehen.
  • Foto: zeitungsfoto.at
  • hochgeladen von Georg Herrmann

"Sitzstreiks in Riedgasse, Karl-Innerebner-Straße, Speckweg und Höttinger Auffahrt bremsen momentan den privilegierten fossilen Alltag entlang der Innsbrucker Nordkette." Mit diesem Tweet macht die Letzte Generation auf die zweite Verkehrsblockade in dieser Woche aufmerksam. Die JVP setzt auf das Motto „Anpacken statt Anpicken“ bei ihrer Verteilaktion am Rande des Klimaprotests in Innsbruck.

INNSBRUCK. Bereits am Montag sorgten die Klimaaktivisten für große Beeinträchtigungen beim Frühverkehr. Nach einer Sitzblockade auf der Haller Straße marschierte die Gruppe in Richtung Innenstadt. Bei der Innbrücke wurde erneut die Fahrbahn blockiert und damit einen Verkehrskollaps verursachten. Die Polizisten löste die Versammlung gegen 11.45 Uhr auf. Zwei Demonstranten wollten sich festkleben, wurden aber von den Beamten weggetragen. Zwölf der Aktivisten werden wegen Teilnahme an einer nicht angemeldeten Versammlung angezeigt. 

"Gut situierte Mitbürgerinnen und Mitbürger" im Visier der Aktivisten. | Foto: zeitungsfoto.at
  • "Gut situierte Mitbürgerinnen und Mitbürger" im Visier der Aktivisten.
  • Foto: zeitungsfoto.at
  • hochgeladen von Georg Herrmann

Polizeimeldung

Am 13. Juni 2023, um kurz vor 8 Uhr, blockierten insgesamt ca. 20 Aktivisten mehrere Straßen im Innsbrucker Stadtteil Hötting. Von den Aktivisten wurden die Versammlungen nicht, wie im Versammlungsgesetz vorgesehen, 48 Stunden vorher bei der Versammlungsbehörde angezeigt. Sie waren dabei bemüht, ein allfällig notwendiges Passieren von Einsatzfahrzeugen, Krankentransporten und öffentlichen Verkehrsmitteln zu ermöglichen. Es kam jedoch im gesamten Stadtteil Hötting zu allgemeinen Verkehrsbehinderungen und damit verbundenen Wartezeiten. Gegen 09:35 war der letzte Standort aufgelöst und die Versammlung(en) beendet.

Agieren der Versammlungsbehörde

Nach einer laufenden Beurteilung der aktuellen Lage vor Ort durch die Versammlungsbehörde war eine rechtliche Möglichkeit für eine Auflösung der Versammlung nicht gegeben. Eine behördliche Auflösung und eine womöglich zwangsweise Durchführung dieser Auflösung kann nur nach strengster Abwägung der beeinträchtigten Rechtsgüter mit dem Grundrecht der Versammlungsfreiheit stattfinden, und nur dann, wenn es zu massiven Behinderungen oder Störungen kommt. Lokale Behinderungen und Wartezeiten (im Stau) für Drittbeteiligte sind, so die Rechtsprechung, keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Behörde, einer Versammlung aufzulösen. Dass eine Versammlung spontan und nicht wie gesetzlich vorgesehen 48 Stunden vorher gemeldet wird, ist hierbei irrelevant. Auch nicht angemeldete Versammlungen müssen - nach der einschlägigen Judikatur - stattfinden dürfen. Sämtliche an der Blockade beteiligten Personen werden jedoch von der Polizei wegen einer Übertretung nach dem Versammlungsgesetz zur Anzeige gebracht.

Einschreiten der Polizei

Neben den verwaltungsrechtlichen Anzeigen (Versammlungsgesetz) obliegt es der Polizei – ungeachtet der versammlungsbehördlichen Entscheidungen – die Beeinträchtigungen für die Bevölkerung so gering als möglich zu halten. Die Tiroler Polizei ist hierbei stetig und intensiv bemüht, den Verkehrsstrom so gut wie möglich vorbei- oder umzuleiten. Es wird jedoch betont, dass auch Verwaltungsübertretungen, wie z.B.: das nicht rechtzeitige Anzeigen einer Versammlung, von der Polizei zur Anzeige gebracht und behördlich sanktioniert werden.


Bei der gestrigen Versammlung, die aufgrund der sich im Zeitverlauf zuspitzenden Situation von der Polizei um 11:45 Uhr aufgelöst wurde, wurden 30 Anzeigen erstattet. Heute wurden 20 Personen zur Anzeige gebracht.

Härtere Strafen

Nachdem die mutmaßlichen Berufsdemonstranten heute erneut den morgendlichen Pendlerverkehr in Innsbruck stellenweise lahmgelegt haben, findet VP Tirol Klubobmann Jakob Wolf in einer Aussendung einmal mehr deutliche Worte in Richtung der AktivistInnen, ebenso wie an die Opposition: „Die Volkspartei ist ganz klar FÜR Klimaschutz, aber gegen die Methode der Klimakleber. Für den Klimaschutz braucht es einen gemeinsamen Kraftakt und einen konstruktiven Dialog. Verkehrsblockaden bringen zwar Aufmerksamkeit, aber null Veränderung und keine Lösungen im Kampf gegen den Klimawandel. Wir müssen beim Klimaschutz innovativ sein, konstruktiv arbeiten, in Forschung und Wissenschaft vertrauen und nicht durch polarisierende Protestaktionen die öffentliche Meinung spalten.“ Zudem verweist Wolf auf den Entschließungsantrag des Tiroler Landtages, der am 11. Mai 2023 mit verfassungsmäßiger Mehrheit beschlossen worden ist. Darin heißt es:

„Die Landesregierung wird aufgefordert, an den Bund heranzutreten, um zu überprüfen, ob das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und das Demonstrationsrecht durch die Aktionen der Klimakleber überzogen ausgenützt werden. Weiters soll geprüft werden, ob der Strafrahmen im Verwaltungsstrafrecht in diesem Zusammenhang verhältnismäßig ist oder gesetzliche Änderungen notwendig sind.“ 

Verteileraktion

„Klima- und Umweltschutz sind uns wichtig, wir gehen allerdings konstruktiv an diese Themen heran“, betont Tirols Landtagsvizepräsidentin und JVP Tirol Obfrau Sophia Kircher. Unter dem Motto „Anpacken statt Anpicken“ steht die Verteilaktion der Jungen Volkspartei im Frühverkehr in Hötting.

Verteileraktion der JVP | Foto: Pock

„Vor allem die Pendlerinnen und Pendler haben keinerlei Verständnis dafür, dass sie wegen der Klimakleber im Stau stehen. Wir wollen gemeinsam den Klimawandel bremsen, aber auf der Straße kleben wird dabei nicht helfen. Stattdessen fordert die Junge ÖVP eine Green-Jobs-Fachkräfteoffensive, eine weitere Optimierung des öffentlichen Verkehrs sowie den konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien - darunter fällt auch die Windkraft für Tirol zu forcieren“, so Kircher weiter.

Vor allem stört sie sich an der Begrifflichkeit der letzten Generation: „Wir müssen das Klima für die Jugend von heute und die nächsten Generationen retten, aber die jungen Menschen von heute sind sicher nicht die letzte Generation!“ JVP Tirol Landesgeschäftsführerin Alexandra Neu ergänzt: „Die Methode des Klimaklebens mag eine Form des Protests sein, doch es ist wichtig, dass wir auch nach effektiven Lösungen suchen, die den Dialog fördern und echte Veränderungen bewirken. Für uns ist auch klar, dass höhere Strafen für derartige Klebe-Aktionen, die die allgemeine Sicherheit gefährden, geben muss.

Auch die Gehsteigreinigung wird nicht ermöglicht | Foto: zeitungsfoto.at
  • Auch die Gehsteigreinigung wird nicht ermöglicht
  • Foto: zeitungsfoto.at
  • hochgeladen von Georg Herrmann
Wochenstart mit Stau

"Gut situierte Mitbürgerinnen und Mitbürger"

Menschen der Letzten Generation haben heute früh in den Innsbrucker Stadtteilen Hötting und Hungerburg den fossilen Alltag auch vieler gut situierter Mitbürgerinnen und Mitbürger unterbrochen, um in der Klima- und Überlebenskrise wenigstens die einfachsten, billigsten Schutzmaßnahmen wie Tempo 100 auf der Autobahn und ein Verbot neuer Öl- und Gasbohrungen einzufordern, erklärt die Letzte Generation in ihrer Presseaussendung. "Die Vermögenden könnten es sich leisten, klima- und damit menschenfreundlich zu leben", erklärt Pressesprecher Florian Wagner die Beweggründe, "die Forschung zeigt aber, dass das genaue Gegenteil passiert. Seit 1990 hat der CO2-Ausstoß beim reichsten Prozent der Österreicherinnen und Österreicher um 45% zugenommen!"

Blockadewoche Tag 2 in Hötting. | Foto: zeitungsfoto.at
  • Blockadewoche Tag 2 in Hötting.
  • Foto: zeitungsfoto.at
  • hochgeladen von Georg Herrmann

Georg Partzsch (56), Naturwissenschafter und vierfacher Vater, beteiligte sich heute am Protest, "um unsere Bundesregierung mit Nachdruck aufzufordern, das völkerrechtlich bindende Pariser Abkommen einzuhalten. In Tirol haben wir die drohende Klimakatastrophe durch den Rückgang der Gletscher ständig vor Augen. Anderswo brennen die Wälder. Solange die Verantwortlichen nicht endlich die einfachsten Maßnahmen zur Senkung der Emissionen umsetzen, sind für mich weitere Proteste so unvermeidlich wie die Klimakatastrophe selbst."

Exekutive vor Ort | Foto: zeitungsfoto.at

Weitere Nachrichten aus Innsbruck finden Sie hier

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.