Frei im Theater: Creation (Pictures for Dorian)
Das Wunder einer Performance

Berückend schön und von einer geradezu ergreifenden Tiefe sind die (Spiegel-)Bilder und Spiegelungen, die das renommierte Kollektiv Gob Squad in seiner Performance "Creation (Pictures for Dorian) gemeinsam mit seinen leibhaftigen lokalen Objet trouvés kreiert.  | Foto: Birgit Gufler
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  • Berückend schön und von einer geradezu ergreifenden Tiefe sind die (Spiegel-)Bilder und Spiegelungen, die das renommierte Kollektiv Gob Squad in seiner Performance "Creation (Pictures for Dorian) gemeinsam mit seinen leibhaftigen lokalen Objet trouvés kreiert.
  • Foto: Birgit Gufler
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Es gibt sie noch diese wundersamen Verwandlungen. Wo du ohne irgendeine Vorstellung respektive Bild – immerhin nennt sich der Abend „Creation (Pictures for Dorian)“, was sich natürlich auf Oscar Wildes nicht-altern-wollenden Dorian Gray bezieht – ins Theater hineingehst und dir schon nach wenigen Minuten denkst: Wow - wie klug, wie raffiniert, wie hochreflektiert. Und du irgendwann gar nichts mehr mitnotieren magst, um nur ja nichts von der Dynamik dieser Kreations- und Interaktionsprozesse, dieser zuweilen fast betörenden Schönheit in den entstehenden Bildern, diesen immer tiefer gehenden Offenbarungen zu versäumen.

Settings mit leibhaftigen Objet trouvés
In nur zwei Tagen hat das in Berlin beheimatete renommierte britisch-deutsche Performance-Kollektiv Gob Squad diesen Abend in den Kammerspielen mit seinen leibhaftigen Objet trouvés erarbeitet – bei der Premiere waren dies als VertreterInnen der jüngeren Generation Ahmed Alrajab, Tommy Fischnaller-Wachtler und Irina Schwarzenauer, als VertreterInnen der schon älteren Generation Eleonore Bürcher, Annelies Kanz und Tom Zabel. Das Ergebnis ist nichts weniger als ein Wunder an Authentizität und Wahrhaftigkeit.
Es ist schlicht atemberaubend und ergreifend zugleich, was diese Menschen auf der Bühne, die ihre Bühnenkarriere entweder großteils schon hinter oder noch hoffnungsvoll vor sich haben, in den von Sean Patten, Berit Stumpf und Bastian Trost geschaffenen Settings, Tableaus und Spiegelbildern über sich erzählen und damit Identitätsräume öffnen, in denen wir uns selbst wiederfinden können.

Bewegend und hinreißend selbstbewusst
Die uns auch betroffen innehalten lassen, wenn etwa Ahmed erzählt, dass er jene zwei Jahre seiner Kindheit auslöschen möchte, in denen er gezwungen war, aus seiner Heimat Syrien zu flüchten. Um dann wieder freudig zu staunen, dass er sich in zwanzig Jahren hier als Hauptdarsteller in seinem eigenen Musical über sein Leben auf der Bühne stehen sieht. Nicht minder bewegend, wenn die langjährige Grand Dame dieses Theaters Eleonore Bürcher offen darüber spricht, wie verunsichernd es für sie war, dass Verträge immer nur für ein Jahr verlängert wurden.  Oder Annlies Kanz eine für sie ganz besondere Szene aus ihrem Statistinnenleben schildert, die wir möglicherweise alle ‚übersehen‘ haben.
Und wie sich Berit Stumpf uns gegen Ende hin als nackte Frau in der Menopause vorstellt, schonungslos offen und gleichzeitig hinreißend selbstbewusst und ungeschönt lebendig, das ist so ziemlich das Beste, was ich zu diesem Thema jemals auf einer Bühne gesehen habe. Ein Abend, der einen wieder an die Menschen und die Welt glauben lässt. Noch zu sehen am 3., 5., 10. und 11. November.

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