Frei im Theater: Otto Grünmandl im TLT
Von Wappenadlern, die kein Schwein nicht sein können

Alles eine Frage des Timings: so eine Fleisch-Wurst-Nudelsuppe, will sie ihren Grünmandlschen-Überlebenszweck erfüllen, sollte schon genau nach Rezept zubereitet werden V.l.n.r. die formidablen bunt-beanzugten Grünmandl-Substitute Marie-Therese Futterknecht, Christoph Kail, Philipp Rudig, Kristoffer Nowak, Ulrike Lasta, Petra Alexandra Pippan, Julia Posch. | Foto: Birgit Gufler
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  • Alles eine Frage des Timings: so eine Fleisch-Wurst-Nudelsuppe, will sie ihren Grünmandlschen-Überlebenszweck erfüllen, sollte schon genau nach Rezept zubereitet werden V.l.n.r. die formidablen bunt-beanzugten Grünmandl-Substitute Marie-Therese Futterknecht, Christoph Kail, Philipp Rudig, Kristoffer Nowak, Ulrike Lasta, Petra Alexandra Pippan, Julia Posch.
  • Foto: Birgit Gufler
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„Politisch bin ich vielleicht ein Trottel, aber privat kenn ich mich aus.“ Wer im Treibhaus kulturell sozialisiert wurde oder zumindest gelegentlich dort ist, hat diesen vielleicht Grünmandlschen aller Sätze längt internalisiert: Als er vom herrlichst bunt beanzugten Ensemble mit obligatem Musterpullunder drunter und einheitlich frisiert mit stylish-grauem Seitenscheitel (Kostüme: Alexia Engl) gleich mal am Anfang formvollendet deklamiert wird, weiß man längst: Das wird jetzt ein Heimspiel, ein Eintauchen in Szenen und Sätzen, die einem in ihrer feinsinnigen und immer liebevoll-humorigen Absurdität den ganzen Wahnsinn unseres Daseins nicht nur erklären, sondern auch irgendwie ertragbar machen. Sei es mit einer weckergenau zubereiteten Fleisch-Wurst-Nudelsuppe oder in den fast schon erschreckend zeitlosen alpenländischen Interviews, die das, was so manche:r TikToker:in heute der Welt zu bieten glaubt, schon alles und um so vieles besser vorweggenommen haben.

Überfälliges Franui-Debüt

Ob #metoo im Skizirkus oder leibhaftiges Regen-Metaverse: die von Regisseur Alexander Kratzer und Schauspiel-Co-Direktorin Elisabeth Schack für diesen grandiosen Grünmandl-Abend im Großen Haus erstellte Textcollage bietet auch jüngeren Zeitgenossen hinreichend Anknüpfungspunkte. Dass nun erstmals auch Tirols famose Musicbanda Franui in einer Theaterproduktion des TLT zu erleben ist, war längst überfällig und ist zugleich die denkbar beste Wahl. Denn auch deren Bandleader Andreas Schett, der die Musik wie üblich gemeinsam mit Markus Kraler komponiert und bearbeitet hat, pflegt den humorig-subversiven Tiefgang seiner musikalischen Crossover-Recherchen ähnlich wie Grünmandl stets mit bewusst naivem Gestus zu verschleiern.

Baugerüst als sinnfällige Projektionsfläche
Schlichtweg großartig Katharina Cibulkas Bühnenkonzept: Wie in ihren eigenen SOLANGE-Kunstprojekten wird das Baugerüst zur sinnfälligen Projektionsfläche, jedoch im Unterschied dazu zu einem nach allen Seiten hin offenen fast sphärischen Spielraum, in dem sich Grünmandls Texte geradezu schwerelos entfalten. Ungemein poetisch auch ihre Unterwasser-Videos, die ebenso wie originale Grünmandl-Filmsequenzen zugespielt werden. Als die sieben auch formidabel singenden Grünmandl-Substitute Marie-Therese Futterknecht, Christoph Kail, Ulrike Lasta, Kristoffer Nowak, Petra Alexandra Pippan, Julia Posch, Philipp Rudig, (die mit dunklem Käppi versehen auch immer wieder in die Rolle seines kongenialen und erst im letzten Herbst verstorbenen Interviewers Theo Peer schlüpfen), nach knapp zwei Stunden jetzt mal eben zu sterben beschließen, um dann weiter zu sehen, ist man gerührt und beseelt zugleich. „Als Wappenadler bin ich eine Schildkröte (und kann daher kein Schwein sein)“ sollte man sich daher weder als gelernte:r noch als theaterbegeiste:r Tiroler:in entgehen lassen.

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