„Den Finger in die Wunde legen“

Wilhelm Kuehs, Foto: Anni Czermak
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Wilhelm Kuehs wird schon kurz nach Erscheinen seines ersten Krimis im Haymon Verlag als neuer Shootingstar der Krimiszene gehandelt. BEZIRKSBLÄTTER baten den umtriebigen Autor zum Interview.

Ein tibetischer Mönch stürzt über einen Felshang im kärntnerischen Hüttenberg und stirbt. Mit diesem kuriosen Vorfall beginnt der Krimi „Der letzte Rock hat keine Taschen“, und dann führen die Ermittlungen den Journalisten Ernesto Valenti sehr schnell tief in einen Sumpf von Korruption und politischer Verlotterung. Der Kärntner Wilhelm Kuehs weiß über die dunklen Seiten seines Bundeslandes Bescheid und legt eine spannende und unterhaltsame Mischung aus Krimi und Gesellschaftsroman vor.

BEZIRKSBLÄTTER: Herr Kuehs, Kärnten gilt mittlerweile als Synonym für politische Misswirtschaft und Verschwendungssucht. Haben Sie eine Erklärung für diese Vorgänge?
Ich erzähle eine Geschichte, die ziemlich genau zeigt, wie das funktioniert. Eine Hand wäscht die andere, so funktioniert das. Man versucht, jeden irgendwie in die Sache hineinzuziehen. Jeder profitiert davon, macht mit, und dann gibt es niemanden, der aufsteht und sich wehrt.

BEZIRKSBLÄTTER: Warum haben Sie sich für einen Krimi entschieden? Sie hätten ja auch ein Sachbuch schreiben können?
Für mich ist der Krimi die beste Möglichkeit, einen Gesellschaftsroman zu schreiben, der auch gelesen wird. Die Kritik an gesellschaftlichen Zuständen gehört auch zu den Aufgaben eines Autors. Literatur soll und muss unterhalten, aber sie muss auch den Finger in die Wunde legen und darin herumstochern, sonst befördert sie nur jene Kräfte, die uns still, unwissend und harmlos halten wollen.

BEZIRKSBLÄTTER: Sie kritisieren in Ihrer Geschichte sehr scharf die Kärntner Verhältnisse. Bezieht sich diese Kritik auf die Zeit, als Jörg Haider an der Macht war?
Haider und seine Nachahmer haben diese Showpolitik und die Plünderung des Landes quasi zu einer Kunstform erhoben, aber man soll sich nicht täuschen: Der Landeshauptmann in meinem Krimi hat keinen Namen, weil es nebensächlich ist, wer diesen Posten bekleidet, außerdem ist Kärnten auch nur ein Beispiel. Kärnten hat sich erwischen lassen, quasi in flagranti mit der Hand im Honigtopf. Die Befriedigung der eigenen Gier ist meiner Meinung nach immer das zentrale Motiv und steht auch in meinem Krimi im Vordergrund!

BEZIRKSBLÄTTER: Sie haben selbst viele Jahre als Journalist gearbeitet. Trägt Ihr Held Ernesto Valenti autobiografische Züge?
In gewisser Weise schreibt man natürlich immer über sich selbst, Journalisten bieten sich als Ermittler an, weil sie andere Möglichkeiten haben, an Informationen zu kommen als Polizisten – und ja, über den Alltag eines Journalisten weiß ich Bescheid. Man soll über die Dinge schreiben, die man kennt. (lacht)

Der Krimi: „Der letzte Rock hat keine Taschen“ ist im Haymon Verlag erschienen.

Zur Person: Wilhelm Kuehs, geboren 1972 in Wolfsberg, studierte Germanistik und Komparatistik an der Universität Klagenfurt und arbeitete bereits während des Studiums für mehrere Zeitungen. Lebt als Schriftsteller und Kulturwissenschaftler mit seiner Familie in Völkermarkt. Zahlreiche literarische und wissenschaftliche Veröffentlichungen. „Der letzte Rock hat keine Taschen“ ist der erste Band seiner Krimireihe rund um den Kärntner Journalisten Ernesto Valenti.

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