Kinderschutz
Gewalt in der Erziehung ist nach wie vor präsent

- Informierten über die Kampagne: Astrid Liebhauser, Beate Prettner und Raphael Schmid
- hochgeladen von Vanessa Pichler
Dass es seit 30 Jahren ein Gewaltverbot in der Erziehung gibt, ist vielen nicht bekannt. Laut Studien sind 25 Prozent der Kinder und Jugendlichen – auch in Kärnten – von dieser Gewalt betroffen. Eine große Kampagne bis Herbst 2020 macht darauf aufmerksam.
KÄRNTEN. Vor 30 Jahren wurde in Österreich das Gewaltverbot in der Erziehung gesetzlich festgeschrieben – als viertes Land weltweit (nach Norwegen, Finnland und Schweden). Viele wissen gar nicht, dass es dieses Verbot gibt. 2014 wurde eine Umfrage durchgeführt – da war es nur 58 Prozent der Befragten bekannt. Immerhin: 2009 waren es nur 32 Prozent. Eine aktuelle Studie wird nächste Woche veröffentlicht.
Gewalt gibt es immer noch
Laut deutschen und österreichischen Umfragen und Studien waren sieben bis zehn Prozent der befragten Jugendlichen im Alter von 15 Jahren nach eigenen Angaben im letzten Jahr – zumindest gelegentlich – Opfer von körperlicher Gewalt. Ein Viertel der Sechs- bis 14-Jährigen leidet unter einem "gewaltbelasteten Erziehungsstil". Für Kärnten heißt das: 22.803 Kinder und Jugendliche.
Umgelegt auf die Stadt Klagenfurt bedeutet das, dass von 16.030 Kindern und Jugendlichen, die hier leben, 4.008 zu Hause Gewalt erleben.
Es gibt Hilfe!
Mit Aussagen wie letzterer wird nun auf dieses Thema aufmerksam gemacht – im Rahmen einer groß angelegten Kampagne. "Damit wollen wir die Kärntner wachrütteln, ihr Bewusstsein für Gewalt in der Erziehung schärfen", sagt Landeshauptmann-Stellvertreterin Beate Prettner. "Denn es gibt Auswege und Hilfe." Kärnten ist nach Vorarlberg das zweite Bundesland, das diese Öffentlichkeitskampagne durchführt. Damit will man die Bekanntheit des Gewaltverbotes, also die "58 Prozent", erhöhen. Man möchte außerdem vermitteln, dass es Hilfe gibt und die Anzahl von Mitteilungen auf Verdacht der Kindeswohlgefährdung aus der Zivilgesellschaft steigern.
Überforderte Eltern
"Die Ursachen von Gewalt in der Erziehung sind meist Stress und Überforderung der Eltern, also primär kein böswilliger Akt", erklärt Raphael Schmid, Leiter der Kinderschutzstelle des Landes. Wichtig sei, frühzeitig entsprechende Hilfe bieten zu können.
Gewalt sei auch sehr vielschichtig – daher die hohe Zahl von 22.803 betroffenen Kärntnern. Man spricht nicht nur von körperlicher oder sexueller Gewalt, sondern auch von psychischer bzw. seelischer, von Vernachlässigung, von Drohungen, Liebesentzug oder Einsperren. Man könnte diese Liste lange fortsetzen.
Folgen der Gewalt oft lebenslang
Die Folgen der Gewalt in der Erziehung sind ebenso vielfältig: körperliche und psychische Erkrankungen, lebenslange Beeinträchtigungen oder Traumata, eine schlechtere Entwicklung des Gehirns, Suchterkrankungen etc.
Kampagne in drei Phasen
Nun investiert das Land Kärnten – die Fachstelle für Qualitätsentwicklung im Kärntner Kinderschutz in Kooperation mit der Kinder- und Jugendanwaltschaft – 145.000 Euro in die Kampagne, die ab Jänner bis Herbst 2020 in drei Phasen läuft.
- Phase 1: statistische Aussagen; z. B. "In der Stadt Villach leben zurzeit 9.819 Kinder und Jugendliche. Obwohl es verboten ist, erleben 2.455 von ihnen zu Hause Gewalt."
- Phase 2: Sicher der Kinder; z. B. "Ich weiß, du hast kaum noch Zeit für dich, Mama. Aber was kann ich dafür?"
- Phase 3: Sicher der Eltern; z. B. "Ich darf es gar nicht erst bis zum Ausrasten kommen lassen. Aber das musst du auch erst einmal lernen."
Immer mit transportiert wird die eigene Website kinderschutz.ktn.gv.at mit Anlaufstellen für betroffene Kinder wie Erwachsene und Informationen für jene, für die die Mitteilungspflicht an die Kinder- und Jugendhilfe gilt – also etwa Pädagogen, Ärzte, die Polizei …

- Mit verschiedensten Sujets wird auf das Gewaltverbot in der Erziehung aufmerksam gemacht.
- hochgeladen von Vanessa Pichler
Partner wie KAC, VSV und WAC
Für die Kampagne wurden nicht nur Plakate und Sujets für Print- und Online-Medien gestaltet, sondern auch Werbespots für Fernsehen, Kino und Radio. Schmid: "Unsere Botschaften werden überall im öffentlichen Raum zu sehen sein – auch in Kirchen, Bussen, Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen sowie in Freizeiteinrichtungen."
Man konnte auch Partner wie die Sportvereine KAC, VSV und WAC gewinnen. Sogar mit einzelnen KAC-Spielern wurden interviews dazu geführt, die bei den Spielen auf dem Video-Würfel gezeigt werden. Es gibt sogar Aktionstage mit den Sportvereinen.
Viele Aktionen geplant
Geplant ist auch ein Schreibwettbewerb zum Thema Gewalt in der Erziehung und Sprechstunden für Betroffene bzw. Interessierte, wie Kinder- und Jugendanwältin Astrid Liebhauser berichtet. Sie erinnert an die UN-Kinderrechtskonvention, die ebenfalls vor 30 Jahren – am 20. November 1989 – verabschiedet wurde. "Wir wollen die Zahl der Gewaltfälle in der Erziehung verändern", sagt Liebhauser.


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