Die Hol- und Bringbörse: Ein Lichtblick für jene, die zu wenig haben

Mursa und Kabba nehmen die aussortierten Kinderspielsachen von Johanna (3) und Gudrun entgegen.
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  • Mursa und Kabba nehmen die aussortierten Kinderspielsachen von Johanna (3) und Gudrun entgegen.
  • hochgeladen von Elisabeth Schwenter

ST. JOHANN (elis). Christl Bernhofer kennt man in St. Johann und Umgebung. Vom Seniorenverein, der Computeria (eine gratis Computerschule für SeniorInnen), als Gemeinderätin oder von der Flüchtlingshilfe. Die umtriebige Pensionistin ist ehrenamtlich engagiert - seit vielen Jahren.
Die „Mama“, wie sie liebevoll von ihren Schützlingen, den Asylwerbern in St. Johann, genannt wird, ist nun seit einigen Monaten für die Hol- und Bringbörse zuständig. Diese Second-Hand-Börse ist eine Einrichtung, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, alles Mögliche zu sammeln, das an einem Ort nicht mehr und am anderen umso dringender gebraucht wird. Die Nachfrage ist riesig. Vor allem, aber nicht nur, bei den Flüchtlingen. Gut, dass es „Mama“ Christl gibt.

Ein ganz normaler Donnerstag-Vormittag

Die Damen von der „Hol- und Bringbörse“ stehen donnerstags ab acht Uhr zur ehrenamtlichen Hilfe im Huber-Logistik Areal in der St. Johanner Bahnhofstraße 28 bereit, um Babykleidung, Schuhe, Hosen, Jacken, Spielsachen, Geschirr, Fahrräder, Kindersitze, Haushaltsgeräte und alles, was im ganz normalen Alltag gebraucht wird, zu sortieren und herzurichten. Um neun geht es los, dann kommen jene, die sich diese „Selbstverständlichkeiten“ nicht, bzw. nicht mehr, leisten können. AsylwerberInnen, die in St. Johann und den umliegenden Gemeinden Zuflucht gefunden haben. Für sie sind „Mama“ Bernhofer und ihre fleißigen Freundinnen da. Mit einer beeindruckenden Selbstverständlichkeit bieten sie ihre Hilfe, packen Kleidung zusammen, machen sich mit Händen und Füßen verständlich, lachen, sprechen Mut zu und packen wieder Sachen ein. Aber auch zwei junge Männer aus Afrika arbeiten mit. Kabba (32) und Mursa (28), beide aus Gambia, tragen Kisten, sortieren den Inhalt, ordnen alles in die Fächer. Seit 5 Monaten sind sie in der Grundversorgung, einen kleinen Job haben sie jetzt schon. Sie wollen hier bleiben, in St. Johann. Und Christl setzt sich dafür ein, dass das funktioniert.

Auf der Suche nach dem Nötigsten

Aber es gibt auch diese Momente in den Kellerräumen mit der kostenlosen Second-Hand Ware, in denen die Menschen mit leeren Händen weggeschickt werden müssen. Afghanen, Syrer, Menschen aus Afrika, Familien, Schwangere, Minderjährige, alleinreisende Burschen, Männer, Kinder aber auch Einheimische, die ein paar Dinge zur Zeit ganz dringend brauchen. Rund 130 Flüchtlinge leben in St. Johann, zur „Mama“ kommen sie aber auch aus den Unterkünften der Umgebung – sogar aus Kufstein reisen sie an, um ihr Glück auf Schuhe, Babykleidung oder Fahrräder zu versuchen.

Schuhe sind das Gold der Börse

Winterschuhe, besonders für Herren und Kleinkinder – davon gibt es im Lager zur Zeit zu wenige. Und Teppiche. Ob groß, ob klein. Zum Beten und als Schutz vor der Kälte der Fußböden werden sie gebraucht. Außerdem Fahrräder, um ein bisschen mobiler zu sein, um Alltägliches auf zwei Rädern erledigen zu können – oder für die Kinder. Babykleidung, ein paar Frauen sind schwanger, andere haben Säuglinge. Geschirr, Schultaschen und kleine Möbel, bzw. Haushaltsgeräte sind auch immer gefragt.
Und dann gibt es da noch diese persönlichen Wünsche der Männer und Frauen, der Burschen und Mädchen. Jene Wünsche, die sie auf Nachfrage äußern, weil es nichts ist, was man zum Überleben braucht.

Mixer, Schulheft und Piano

Faizullah etwa, der junge Mann aus Afghanistan, wünscht sich Hefte. Schulhefte, damit er Deutsch lernen kann, Schreiben üben kann. Ein Wasserkocher und ein Mixer wären auch toll. Und dann sagt er noch etwas, nachdem er kurz gezögert hat. Er spielt Klavier, bzw. hat Klavier gespielt. So ein Klavier oder Piano, davon träumt der junge Mann.
Ali ist auch aus Afghanistan. Er hätte gerne einen Staubsauger und einen Fernseher. Auch einen Laptop für seine Kinder, die hier in die Schule gehen, würde er sich wünschen.
Haschemi sucht auch ein Fahrrad, einen Teppich und einen Receiver für den Fernseher. Immerhin könnte er so auch ein bisschen Deutsch lernen, wenn der kleine Fernseher, den er bekommen hat, funktionieren würde. Amir sucht einen Kinderwagen. Das ist alles – und das ist zur Zeit einfach wichtig. Seine Frau ist schwanger - bald ist die Familie zu viert.

20 Kinder – Flucht aus Aleppo

Jemhurije Bekri ist mit ihrer Familie aus Aleppo geflüchtet. Aleppo ist die Hauptstadt von Syrien, heute ist Aleppo eine Trümmerhaufen.
Mit 10 Kindern (6 Töchter, 4 Söhne) ist die Frau aus den Trümmern geflüchtet, weitere 10 Kinder, die sie auf die Welt gebracht hat, leben nicht mehr. Ihre Töchter sind selbst schon erwachsen und haben Familien, die Söhne auch. Eine Großfamilie, die nun zwischen Schwendt, Walchsee und St. Johann zuhause ist. Mit drei Töchtern ist Jemhurije Bekri in der Hol- und Bringbörse auf der Suche nach dem Nötigsten für die Babys, Kinder und sich selbst.

Es wird immer was gebraucht

Donnerstags, das ist der Tag an dem die Hoffnung auf neue Schuhe oder auf einen Kinderwagen in den Augen der Menschen zu sehen ist. Aber auch die Enttäuschung darüber, dass es in Christls Börse zwar viel, aber eben nicht immer alles gibt. Frau Bernhofer selbst bräuchte auch dringend mehr. Nämlich mehr Platz. „Es gibt hier noch einen Raum, der geeignet wäre, um die ganzen Sachen ordentlich unterzubringen. Aber ich kann ihn mir so nicht leisten“, sagt sie. Die beiden anderen Räume finanziert die Gemeinde, aber auch hier ist das Budget knapp.
Wenn Christl einen Wunsch an das Christkind hätte, dann wäre das dieser Raum – und vielleicht Lebensmittelgutscheine für ihre Schützlinge. Reis, Kartoffeln, Hühnerfleisch und Zwiebeln werden immer gebraucht - aber auch Babynahrung, Windeln oder Feuchttücher für die Kleinsten unter den neuen Mitbürgern in St. Johann.

Wohin mit Dingen, die man nicht mehr braucht?

Alles, was gut zu transportieren ist und nicht mehr benötigt wird, kann im Büro der Hol- und Bringbörse, Bahnhofstraße 28, abgegeben werden. Zur Zeit wird an einem zweiten Öffnungstag zum Abholen der Dinge, gefeilt. Freiwillige Helfer sind hier jederzeit willkommen. Alle weiteren Infos und Kontaktmöglichkeiten gibt es auf der facebook-Seite der Börse.

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