"Die Landwirtschaft wird verlieren"

Foto: Polzer

KLAGENFURT (emp). Im WOCHE Interview spricht Abgeordneter zum Europäischen Parlament, Michel Reimon (GRÜNE), bei seinem Kärntnen-Aufenthalt über die derzeitigen Verhandlungen zum Freihandelsabkommen mit den USA und die Auswirkungen der Transatlantischer Handels- und Investitionspartnerschaften (TTIP), nicht zuletzt auch auf Kärnten.

Was bedeutet das Abkommen für die kärntner Landwirtschaft?
MICHEL REIMON: Letztlich wird die europäische Landwirtschaft in Konkurrenz mit der amerikanischen gebracht, also natürlich auch die heimische. Wenn wir sämtliche Kontrollen und Zulassungsbestimmungen aufheben, kriegen wir einfach einen Preiswettbewerb, den die europäische Landwirtschaft nicht gewinnen kann. In TTIP wird nicht drinnen stehen, dass die Europäer ihr Standards senken müssen, sondern die gegenseitige Zulassung. Was bedeutet, wir haben die billig produzierten amerikanischen Agrarprodukte dann auch bei uns in der Tiefkühltruhe im Supermarkt. Und ein, zwei Jahre später werden die europäischen Produzenten nicht mehr konkurrenzfähig sein.

Können sich die Bauern auch schützen? Wenn ja, wie?
Ja, durch massiven Druck auf die Landwirtschaftskammer. Warum sich die Landwirtschaftskammer vollkommen still verhält, warum der Bauernbund sich dem Wirtschaftsbund unterordnet, innerhalb der ÖVP, durchschaue ich nicht. 


Das Abkommen verspricht Konsumenten niedrigere Warenpreise. Ist das nicht eigentlich ein Vorteil?
Ja, das mag ein Vorteil sein. 
Wenn wir die gegenseitige Zulassung machen, können wir davon ausgehen, dass Preise ziemlich sicher sinken werden, weil teure, chemischen Überprüfungen, zum Beispiel für Pharma-, Kosmetika- und Chemieprodukte schlicht und einfach wegfallen. 
Europäer haben teure Zulassungsverfahren und die Amerikaner ganz billige und schlechte. 
Und jetzt ist die gesamtpolitische Frage, will ich diese Standards unterlaufen oder nicht!

Wie sollte das Abkommen aus Grüner Sicht aussehen?
Dieses Abkommen hat einen Auftrag, welche Dinge abzutauschen sind, der aus meiner Sicht nicht zu retten ist. Was ich mir wünschen würde, ist ein Abkommen mit den USA, wo man so, wie innerhalb Europas versucht, soziale Umweltstandards nach oben zu schrauben. Wir einigen uns ja auch in Europa auf Abgasnormen. Man sollte sich gemeinsam mit den USA ebenso auf Abgasnormen usw. einigen, auf Normen für Chemieprodukte, auf Tierschutzstandards. Aber da kann die gemeinsame Einigung aus meiner Sicht nur eine politische sein, wo die Amerikaner z. B. so hohe Tierschutzstandards übernehmen, wie wir in der Landwirtschaft.

Welche Standards fordern die Grünen im Rahmen des Abkommens?
Ein grünes TTIP ist realpolitisch nicht möglich, das müssen wir kippen.
Wenn wir in Zukunft ein neues Abkommen verhandeln, geht es letztlich um Konsumenten- und Umweltschutzbereich, ökologische Energie. Sozial- und arbeitsrechtliche Standards müssen drinnen sein und nach oben geschraubt werden. Ich habe ja keinen Endpunkt, wo ich mich hinsetzte und sage, machen wir einen Punkt und dann haben wir das geregelt mit den USA. Wir sind ja seit Jahrzehnten in der Umweltschutzbewegung dabei, Standards nach oben zu schrauben, und ich hätte in einem Abkommen mit den USA gern, dass wir das transatlantisch machen. Ein zukünftiges Abkommen müsste transparent verhandelt werden, vor den Augen der Bevölkerung. Denn nur dann, kann nicht eine starke Industrie einen Einfluss darauf haben.

Wie werden die Verhandlungen Ihrer Einschätzung nach ausgehen?
Es ist völlig unabsehbar, wer was opfert, hoch pokert. Das wird nach meiner Erfahrung als Beobachter solcher Verhandlungen in einem Wochenende entschieden werden. Sie müssen unter Obama abschließen, weil mit einer neuen US-Präsidentschaft beginnt alles von vorne. Dazu gibt es unterschiedliche Einschätzungen – es müsste quasi im Juli oder spätestens im September fertig sein. Das ist jetzt der Knackpunkt.

ZUR PERSON
Name: Michel Reimon

Geboren am: 11. Juli 1971 in Eisenstadt

Beruf: Journalist

Politische Mandate: Europäisches Parlament, GRÜNE seit 1. Juli 2014

Politische Funktionen: Abgeordneter zum Burgenländischen Landtag 2010–2013, Landessprecher der Grünen Burgenland 2010–2012

Beruflicher Werdegang: Journalist 1990–2014

Bildungsweg:
Volksschule 1977–1981
Hauptschule 1981–1985
Höhere Bundeslehr- und Versuchsanstalt Wien 1985–1991
University of Derby 2003–2005, Universität Augsburg 2006–2008

Anzeige
Ein Event für alle: THE LAKE ROCKS SUP FESTIVAL am Faaker See vom 9. -14. Mai.  | Foto: Andy Klotz Fotografie
24

THE LAKE ROCKS SUP Festival 2024
Paddelspaß für alle am Faaker See

Die Stand Up Paddel Welt blickt Anfang Mai wieder auf den Faaker See und macht das THE LAKE ROCKS Festival zu einem Event für jedermann: Es lädt zum Anfeuern, Ausprobieren und Mitpaddeln. FAAKER SEE. Villach wird einmal mehr seinem Ruf als DIE Paddelstadt im Alpen-Adria-Raum gerecht, wenn vom 9. bis 12. Mai 2024 das THE LAKE ROCKS SUP Festival zum dritten Mal in die Draustadt einlädt. Wettkämpfe, Rahmenprogramm und kostenlose Testmöglichkeiten bieten ein abwechslungsreiches Programm für...

1 Kommentar

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.