Sommer-Interview
„Es braucht die ÖVP als Korrektiv in Kärnten“
Martin Gruber, Landesparteiobmann der ÖVP, im Sommer-Interview der WOCHE Kärnten. Weshalb dauerte sein „Papa-Monat“ lediglich zehn Tage? Warum brauchen die Gemeindestuben mehr „Türkis“? Wie lange ist die Koalition mit der SPÖ angelegt? Und: Warum packt er im September die Lederhose aus?
WOCHE: Sie wurden im März zum dritten Mal Vater. Die Corona-Pandemie machte dem beabsichtigten „Papa-Monat“ einen Strich durch die Rechnung. Wollen Sie den „Papa-Monat“ nachholen?
MARTIN GRUBER: In der Art und Weise, wie er ursprünglich geplant war, nicht. Dieser „Papa-Monat“ ist knapp zehn Tage gelungen, bevor die Krise und vor allem die Koordinationssitzungen des Krisenstabs angefangen haben. Aber es war trotzdem anders als in normalen Zeiten, weil es an den Abenden und an den Wochenenden keine Verpflichtungen gegeben haben.
Bereuen Sie es in solchen Momenten, Landespolitiker mit einem fremdbestimmten Terminkalender zu sein?
Nein, definitiv nicht. Es ist eine schöne Aufgabe, die sehr breit gefächert ist. Wenn man das Glück hat, so eine Perle von Frau wie ich zu haben, bei der das notwendige Verständnis vorhanden ist, dann funktioniert das. Aber natürlich gibt es Momente, in denen man sich denkt: Schade, dass ich nicht dabei war. Zum Beispiel, wenn die Kinder ihre ersten Schritte machen.
Im Jahr 2009 wurden Sie mit 25 Jahren jüngster Bürgermeister Kärntens. Was haben Sie aus dieser Zeit für die Arbeit in der Landesregierung mitgenommen?
Sehr vieles, aber ganz konkret den Umgang mit Menschen und deren Anliegen. Als Bürgermeister ist man immer greifbar und erhält sehr direkte Rückmeldungen aus der Bevölkerung. Man erhält das Grundhandwerkszeug, das man auch als Landespolitiker nutzt.
Was fühlt sich besser an: Bürgermeister oder Landesrat?
Es hat jede Funktion etwas für sich. Als Bürgermeister hat man den direkten Kontakt mit den Menschen, für die man etwas bewegen will. Als Landespolitiker führt man ein ganzes Land in die Zukunft, wo der Kontakt vielleicht nicht immer so intensiv ist.
Die ÖVP stellt in den Bezirksstädten lediglich einen Bürgermeister (Feldkirchen)? Wo orten Sie bei den Bürgermeister- und Gemeinderatswahlen 2021 die größten Chancen?
Wünschen würde ich es mir in allen. Mit den alten Denkmustern, die vorherrschen, wird zukünftig keine Stadt und keine Gemeinde zu führen sein. Deshalb brauchen auch die Gemeindestuben etwas mehr „Türkis“. Ich rechne mir in Hermagor, St. Veit, Völkermarkt und Wolfsberg, wo wir gut vorbereitet sind, Chancen aus.
Ihre Ziele für die Wahlen 2021?
Wir haben mittlerweile fast 90 Bürgermeister-Kandidaten fixiert, wir haben viele Listen fertig, wird sind so früh dran wie noch nie vor Gemeinderatswahlen. Das Ziel ist es, die Bürgermeister-Anzahl zu erhöhen. Aktuell haben wir 42, ich hätte gerne deutlich mehr.
Die Kandidatur von Stadtrat Markus Geiger in Klagenfurt gilt als so gut wie fix. Wen wünscht sich der ÖVP-Landesparteiobmann als Bürgermeister-Kandidaten in Villach?
Das wird die Villacher Stadtpartei zeitnah entscheiden. Ich greife in solche Belange nicht ein, wenn ich nicht gefragt werde.
Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) erwähnte in einem Interview, dass die Koalition mit der ÖVP auf zwei Legislaturperioden, also bis 2028, angelegt ist. Ergibt sich die ÖVP ihrem Dasein als Junior-Koalitionspartner?
Wir haben die Zusammenarbeit, die auf Augenhöhe stattfindet, für eine Periode vereinbart. Die Aussage des Landeshauptmanns in diesem Interview hat mit Investitionen, die wir zukünftig auch in Abhängigkeit der Krise tätigen, zu tun. Der Finanzrahmen ist bis 2024 festgelegt. 2023 hat der Souverän bei den Landtagswahlen neu zu entscheiden. Ich sage nicht, dass wir nicht weiter zusammenarbeiten könnten, weil es uns als Partner und als Korrektiv braucht. Als das sehe ich uns in dieser Koalition. Ich hoffe natürlich, dass sich die Stärken-Verhältnisse ändern, aber das hat der Souverän zu entscheiden.
Vor einem Jahr präsentierte Mehrheitseigentümer „Lilihill“ die großen Pläne für den Flughafen Klagenfurt. Außenstehende haben das Gefühl, Land Kärnten und Stadt Klagenfurt sind bei diesen Plänen lediglich Passagier. Was ist der Stand der Dinge?
Der Flughafen Klagenfurt gehört als öffentlicher Flughafen weiterentwickelt. Der Mehrheitseigentümer „Lilihill“ hat präsentiert, wie er das vor hätte. Es gilt, ihm so viel unternehmerische Freiheit wie möglich zur Entwicklung zu geben. Aber Stadt und Land müssen bei wichtigen Fragen und Entscheidungen mitreden können. Das ist zum Beispiel, dass dieser Flughafen ein öffentlicher Flughafen als Infrastruktur des Landes bleibt.
Sie sind zuständiger Beteiligungsreferent des Landes Kärnten. Wann würden Sie von der vertraglich fixierten Option Gebrauch machen, den Flughafen zurückzukaufen?
Wenn der Flugbetrieb über einen längeren Zeitpunkt de facto nicht mehr stattfindet. Aber diese Frage stellt sich nicht.
Wie wird Ihr persönliches Wiesenmarkt-Ersatzprogramm aussehen?
Es wird davon abhängig davon, wie sich die Infektionszahlen entwickeln. Ich habe auf jeden Fall vor, in der „fünften Jahreszeit“ meine Lederhose anzuziehen, am eigentlichen Eröffnungswochenende mit der Familie einen Almausflug zu machen und in eine Hütte einzukehren.
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