Turntable
Kufsteiner Jugend-Kriseneinrichtung ortet mehr Gewalt

Jugendliche, die nicht mehr in ihren Familien leben, finden bei "Turntable" in Kufstein Hilfe. Dabei gibt es immer mehr Anfragen, wie die Verantwortlichen im Rahmen des 10-jährigen Jubiläums, gefeiert auf der Kufsteiner Festung, berichten.  | Foto: Barbara Fluckinger
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  • Jugendliche, die nicht mehr in ihren Familien leben, finden bei "Turntable" in Kufstein Hilfe. Dabei gibt es immer mehr Anfragen, wie die Verantwortlichen im Rahmen des 10-jährigen Jubiläums, gefeiert auf der Kufsteiner Festung, berichten.
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"Turntable" bietet betreutes Wohnen für Jugendliche in Kufstein, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr in ihren Familien leben. Seit zehn Jahren gibt es die Einrichtung in Kufstein – und sie hat immer mehr zu tun. 

KUFSTEIN. Der Partner der Mutter wird gewalttätig, der oder die Jugendliche wird mitten in eine familiäre Krise gezogen und braucht Hilfe, oder noch besser: Abstand. Es sind Vorfälle wie diese, bei welchen die Kufsteiner Einrichtung "Turntable" Kindern und Jugendlichen zur Seite steht. Und es werden in der Region immer mehr.

Mehr Gewalt beobachtbar

Man habe in den letzten Jahren eine große Zunahme an psychischer und physischer Gewalt an Kindern beobachten können, erklärt Joëlle Erpelding von der Fachbereichsleitung "fleX – Beratung Begleitung Wohnen, Tiroler Kinder und Jugend GmbH". Auch ein starker Medienkonsum ist bei den Kindern und Jugendlichen beobachtbar, angekurbelt unter anderem durch die Pandemie. Das wiederum hat bei vielen zu einer großen Perspektivenlosigkeit geführt. Rund 40 Aufnahmen pro Jahr sind es – das zeigt, wie wichtig die Einrichtung ist, regt aber auch zum Nachdenken an. Die meisten Jugendlichen – nämlich 16 – kommen dabei aus dem Bezirk Kufstein, der Rest kommt aus anderen Bezirken Tirols. Die Meisten bleiben 36 Tage. Ins sogenannte "Herkunftssystem" zurückkehren konnten 16 Jugendliche, während 14 in eine Folgeeinrichtung übersiedelten. Sechs kamen bei Verwandten oder Freunden unter, eine/r "verselbständigte" sich.

Joëlle Erpelding berichtet von mehr Gewalt, die man beobachten muss.  | Foto: Barbara Fluckinger
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Was "Turntable" macht

Wenn es nun in der Familie zu einer Krise kommt, versucht "Turntable" bestmöglich zu helfen: Die betroffenen jungen Erwachsenen werden für bis zu drei Monate bei ihren Krisen unterstützt und sind an einem sicheren Ort. Dabei handelt es sich um eine Krisenwohngruppe. Fünf Plätze für Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 12 und 18 Jahren stehen in Kufstein zur Verfügung. So haben sie die Möglichkeit im Tiroler Unterland, nahe ihres Wohnortes, eine Betreuung zu erfahren. Das Team von "Turntable" arbeitet mit den Familien intensiv, um dabei nach Lösungen zu suchen. Aber auch Nachbetreuung ist ein wichtiger Anteil der Arbeit. "Auch präventive Angebote sind sehr wichtig, damit Jugendliche sich schon präventiv an Einrichtungen wenden können", sagt Erpelding. 

Turntable bereits ausgebaut

Zehn Jahre lang gibt es die Einrichtung schon, das auch Dank der Unterstützung der Stadt Kufstein und des Landes Tirol. Das Pilotprojekt startete 2013, die Räumlichkeiten für drei Wohnungen werden seither von der Stadt finanziert. Dabei wurde "Turntable" bereits um zwei Wohnungen erweitert, die selbst finanziert werden. Im August 2014 startete man damit, „Turntable“ als sozialen Dienst zu führen. „Dies bedeutet etwa, dass sich Kinder und Jugendliche in Not selbständig melden können. Es wird somit eine unbürokratische Aufnahme ermöglicht. Eine Zuweisung ist nicht mehr erforderlich“, berichtet Geschäftsführerin Petra Sansone.

Kufsteins Bgm. Martin Krumschnabel fordert auch von kleineren Gemeinden einen finanziellen Beitrag für "Turntable".  | Foto: Barbara Fluckinger
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Mehr Plätze, mehr Beitrag

Kufsteins Bürgermeister Martin Krumschnabel steht hinter der Finanzierung seitens der Stadt, "weil wir davon überzeugt sind, dass Kinder die Gewissheit haben müssen, dass man sie in Krisen nicht alleine lässt". Er hat zum Jubiläum auch eine Botschaft an weitere, kleinere Gemeinden im Bezirk: Auch sie sollen einen kleinen finanziellen Beitrag zur Einrichtung leisten, denn auch sie sind betroffen und brauchen das Angebot. 
"Es braucht immer noch mehr Plätze für Kinder und Jugendliche", sagt Landesrätin Eva Pawlata. Sie hoffe, dass man diesen Bereich ausbauen könne, ein Bestreben, das auch Bgm. Martin Krumschnabel teilt. 

Mehr über Turntable

Die Einrichtung mit Sitz in Kufstein wurde im Herbst 2013 mit Hilfe des Landes und der Stadtgemeinde Kufstein eröffnet. Träger der Einrichtung ist die Tiroler Kinder und Jugend GmbH, Prävention Beratung Begleitung Schutz. "Turntable" arbeitet mit vielen verschiedenen Playern in diesem Bereich zusammen, wie den Kinder- und Jugendhilfen der Bezirksverwaltungsbehörden, den Erziehungsberatungsstellen des Landes, der Frauen- und Mädchenberatungsstelle Evita, den ambulanten Hilfen, den Kriseneinrichtungen neMo, KIZ, Chill Out sowie Krisenhaus Imst, der Schulsozialarbeit, der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hall sowie den Kinderschutzzentren.

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