Mehr Menschen & weniger Ware
Sozialmarkt Wörgl ist auf Spenden angewiesen

Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen Waltraud Fohringer (li.) und Helga Weinhart (re.) mit Leiterin des Sozialmarktes Wörgl Jennever Mierke.  | Foto: Nimpf
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  • Die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen Waltraud Fohringer (li.) und Helga Weinhart (re.) mit Leiterin des Sozialmarktes Wörgl Jennever Mierke.
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Immer mehr Menschen sind auf das Angebot des Caritas-Sozialmarktes in Wörgl angewiesen. Mit welchen Problemen der Markt zu kämpfen hat und warum die Produkte mehr und mehr zur Mangelware werden, erzählt die Leiterin Jennever Mierke im Interview.

WÖRGL. Beim Einkauf im Lieblingssupermarkt mal eben die Markenschokolade oder das teure Joghurt in den Einkaufswagen gelegt – für viele ganz normal. Der Einkauf im Lebensmittelgeschäft zählt für die allermeisten zum normalen Alltag mit dazu, ganz ohne sich darüber im Vorhinein den Kopf zerbrechen zu müssen. Ganz anders sieht es bei Menschen aus, die jeden Euro zweimal umdrehen müssen und sich die Ware vom örtlichen Supermarkt, insbesondere am Monatsende, schlichtweg nicht mehr leisten können. Hilfe für Betroffene bietet hier der Caritas-Sozialmarkt in Wörgl, das schon seit 15 Jahren. Im Interview mit den REGIONALMEDIEN KUFSTEIN erzählt die Leiterin des Sozialmarktes, Jennever Mierke, mit welchen Problemen der Markt zu kämpfen hat und warum immer weniger Lebensmittel von den Geschäften bezogen werden können.

Spendenaufruf: "Es fehlt an lang haltbarer Ware"

"Ohne sie könnte man den Sozialmarkt nicht aufrechterhalten", betont Leiterin Mierke. Die Rede ist von den ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die Woche für Woche im Einsatz stehen. Derzeit sind es 15 an der Zahl, gemeinsam mit zwei Mitarbeitenden der Caritas, erklärt die Leiterin. Sämtliches Essen, das im Sozialmarkt angeboten wird, kommt von Spendern, wobei der Hauptanteil abgelaufene, aber durchaus genießbare, Lebensmittel sind. Woran es im Sozialmarkt häufig fehlt, sind Produkte, die lange haltbar sind. Dazu zählen etwa Reis, Nudeln, Zucker oder Mehl, aber auch Duschgel oder Zahnpasta sind oft Mangelware. Grund dafür sei die Tatsache, dass derartige Ware aufgrund langer Haltbarkeit, von den Geschäften problemlos selbst verkauft werden können und sich eine Spende somit erübrigt. 

"Uns ist es egal, ob wir Ware bekommen oder eine Geldspende. Wenn wir Ware bekommen, fragen die meisten Menschen vorher, was wir hier im Markt benötigen. Wenn wir Geld bekommen, dann warten wir auf Aktionen und holen dann das bestmögliche heraus",

erklärt die Markt-Leiterin. Derzeit sei man einfach auf die Spenden angewiesen, beteuert sie. Die Produkte können dann für rund 30 bis 40 Prozent des Marktpreises angeboten werden, wobei sich das Sortiment tagtäglich, je nach Spenden, ändert. 

Besonders länger haltbare Ware, wie Mehl oder Zucker braucht der Sozialmarkt dringend. Denn Lebensmittelgeschäfte spenden solche Produkte nicht.  | Foto: Nimpf
  • Besonders länger haltbare Ware, wie Mehl oder Zucker braucht der Sozialmarkt dringend. Denn Lebensmittelgeschäfte spenden solche Produkte nicht.
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Damit hat der Sozialmarkt zu kämpfen

Eines der Hauptprobleme, mit dem der Sozialmarkt konfrontiert ist, ist die Teuerung. Denn das hat nicht nur zur Folge, dass die Lebensmittelpreise selbst durch die Decke schießen, sondern es werden seither auch immer mehr Ansuchen für den Einkauf im Sozialmarkt gestellt, weiß Mierke. Aktuell sind es rund 150 bis 180 Menschen pro Woche, die das Angebot des Sozialmarktes in Anspruch nehmen. Dabei ist das Klientel breit gefächert, ob Familien, Alleinstehende, Alleinerziehende oder Pensionierte – bei Caritas stehen die Türen für Hilfesuchende immer offen. Ein weiteres Problem, welches Markt-Leiterin Mierke immer wieder beobachte, ist das Schamgefühl bei den Kundinnen und Kunden. "Es ist ein Gesellschaftsproblem", ist Mierke überzeugt. Bei den allermeisten ist es immer noch ein Zeichen von Versagen oder eigenem Misserfolg, wenn man soziale Hilfe in Anspruch nehmen muss. Ganz nach dem Motto "Wer im Sozialmarkt einkauft, hat vorher eben zu wenig gespart". 

„Aber wenn sie einmal bei uns waren, dann passt es für die meisten. Das liegt auch daran, dass unser Team und unsere Ehrenamtlichen so herzlich sind",

teilt Mierke ihre Erfahrungen. 

Die Teuerungen sind auch für den Sozialmarkt in Wörgl deutlich spürbar und gehen mit einigen Problemen einher.  | Foto: Nimpf
  • Die Teuerungen sind auch für den Sozialmarkt in Wörgl deutlich spürbar und gehen mit einigen Problemen einher.
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"Too Good To Go", aber nicht für den SOMA

"To Good To Go" hat in der Vergangenheit immer mehr an Beliebtheit gewonnen. Dabei kann sich jeder mithilfe einer App bei teilnehmenden Supermärkten kurz vor Ladenschluss teils angelaufene Ware selbst abholen, und das sehr kostengünstig. Dem Sozialmarkt in Wörgl spielt dieses Angebot jedoch überhaupt nicht in die Karten. So haben die Geschäfte dann nämlich keine Ware mehr, die sie der Caritas spenden könnten. 

"Wir merken das, weil wir nichts mehr bekommen. Und wir wollen das aber die Menschen weitergeben",

so Mierke über "Too Good To Go". Sie will auch deshalb verstärkt Spendenaufrufe machen und auch andere Gemeinden dazu aktivieren, den Sozialmarkt zu unterstützen. Denn obwohl sich die Stadtgemeinde Wörgl sehr aktiv für den örtlichen Sozialmarkt engagiert, ist für die Leiterin ganz klar: "Wörgl alleine schafft das nicht mehr". Denn nicht nur Wörglerinnen und Wörgler, sondern auch Hilfesuchende aus den Umlandgemeinden, dürfen im Sozialmarkt in Wörgl einkaufen.

Voraussetzungen für den Einkauf im SOMA

Um im Sozialmarkt einkaufen zu können, darf das maximale Nettoeinkommen einer Einzelperson 1.200 Euro nicht übersteigen. Paare in einem gemeinsamen Haushalt dürfen bis zu 1.600 Euro Netto verdienen, für jede weitere im Haushalt lebende Person gilt es dann nicht mehr als 300 Euro Netto zu beziehen.

„Ich kontrolliere und stelle dann nach diesen Richtlinien einen Ausweis aus“,

erklärt Mierke das System. Dieser muss dann bei jedem Einkauf an der Kasse vorgezeigt werden, auch weil nicht immer dieselbe Person an der Kassa sitzt. Der Ausweis ist dann für ein Jahr gültig, danach muss das jeweilige monatliche Einkommen erneut kontrolliert werden. 

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