Zillertaler Sänger brachten vor 175 Jahren Stille Nacht nach Amerika

Obmann Andre Linder (rechts) und Ehrenobmann Willi Haas (rechts)  legten am Grab von Ludwig Rainer einen Kranz mit amerikanischer und österreichischer Fahne sowie den Wappen von New York und Tirol nieder.
  • Obmann Andre Linder (rechts) und Ehrenobmann Willi Haas (rechts) legten am Grab von Ludwig Rainer einen Kranz mit amerikanischer und österreichischer Fahne sowie den Wappen von New York und Tirol nieder.
  • hochgeladen von Martin Reiter

FÜGEN/ACHENKIRCH – Ludwig und Helene Rainer, Simon Holaus und Margareta Sprenger sangen vor 175 Jahren zu Weihnachten in New York als „Rainer family“ erstmals „Stille Nacht“ auf amerikanischem Boden. Die erste englischsprachige Übersetzung des Weihnachtsliedes erschien erst 1849. Zum 175-Jahr-Jubiläum wurde am 1. Adventwochenende am noch bestehenden Grab von Tirols berühmtesten Nationalsänger Ludwig Rainer in Achenkirch vom Heimatverein Fügen ein Ehrenkranz niedergelegt.

In Fügen hat sich 1839 eine neue Sängergruppe zusammengeschlossen. Die zweite Generation der singenden Rainer-Familie bestand nur mehr aus zwei gebürtigen Rainers (Helene und Ludwig), Simon Holaus und Margareta Sprenger vervollständigten die Gesangstruppe, die sich trotzdem „Rainer Family“ nannte. Seit die Tiroler Volkslieder vom Klaviervirtuosen Ignaz Moscheles ins Englische übersetzt worden waren, eroberte die Gruppe den englischsprachigen Raum: Die Rainers haben auf Windsor Castle gesungen. Es gibt Programme vom britischen Hof, und Queen Victoria erwähnt den Auftritt in ihrem Tagebuch.
1839 begann die große Tournee in Amerika (Ludwig Rainer war gerade erst 18), die bis 1843 dauerte. Dort wurde das Business professionell aufgezogen, die Rainers hatten einen Tourmanager, der kleinere Räume mietete. Die Auftritte wurden über Eintrittsgelder finanziert. Gestartet wurde in Boston, später ging es nach New York.
Am Weihnachtsabend 1839 erklang somit Stille Nacht zum ersten Mal öffentlich in der Neuen Welt. Die Rainer sangen unter freiem Himmel vor dem Hamilton-Denkmal in New York, weil die ursprünglich für ihre Darbietungen vorgesehene Trinity-Church, zwischen Broadway und Wallstreet gelegen, durch Schneedruck zerstört war. Weitere Reisen folgten u.a. nach New Orleans, St. Louis, Pittsburg und Philadelphia. Im Mai 1843 machten sie sich auf den Heimweg. Ermutigt durch die Erfolge in Amerika, stellte Ludwig Rainer 1851 die Rainer-Gesellschaft zusammen, der zunächst fünf, später bis zu fünfzehn Sänger und Musikanten angehörten. Ihre Reisen führten nach England, wo sie vor Königin Viktoria sangen, dann weiter nach Schottland und Irland. In den folgenden Jahren konzertierten die Rainer in Italien, Frankreich, wo sie Napoleon III. im Tuilerien-Palast empfing, in Dänemark, Schweden und Norwegen. 1858 kamen sie endlich nach Russland und blieben dort zehn Jahre, lediglich unterbrochen von fünf kurzen Heimataufenthalten, um neue Mitglieder anzuwerben. Im Sommer sangen und musizierten sie in Petersburg, im Winter in Moskau. 1868 kam Ludwig Rainer mit seiner Gruppe nach Österreich zurück, trat ein halbes Jahr in Wien auf und reiste dann nach Ungarn, Siebenbürgen, in die Walachei und in die Türkei. Des Wanderlebens müde eröffnete er 1870 am Achensee das Hotel Seehof, das ihm nun Heimat war. Kurze Gastspielreisen wurden noch bis 1884 unternommen, z.B. 1883 nach Bern. Auf der Fahrt zu einer Hochzeit nach München starb Ludwig Rainer am 15. Mai 1893 in Kreuth. Wenige Tage später wurde er in Achenkirch würdevoll bestattet.
Auf all ihren weiten Reisen haben die Rainer Stille Nacht verbreitet und so wesentlich dazu beigetragen, dass dieses innige Lied uns allen heute geschenkt ist.

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