21. "Biomassetag" in Kufstein
Holzheizen als effizienteste Methode zur Kohlendioxid-Verringerung

Peter Püspök (Präsident EEÖ), Franz Titschenbacher (Präsident ÖBMV), Josef Plank (Generalsekretär BMNT), Christoph Strasser (Bioenergy 2020+) | Foto: Biomasseverband
4Bilder
  • Peter Püspök (Präsident EEÖ), Franz Titschenbacher (Präsident ÖBMV), Josef Plank (Generalsekretär BMNT), Christoph Strasser (Bioenergy 2020+)
  • Foto: Biomasseverband
  • hochgeladen von Sebastian Noggler

KUFSTEIN (red). Das Forschungszentrum "Bioenergy 2020+" vergleicht in einer aktuellen Studie erneuerbare Technologien im Wärme-, Strom- und Treibstoffsektor mit fossilen Technologien hinsichtlich der Kosten für CO2-Einsparungen. Das Ergebnis im Wärmesektor: Das Heizen mit Holz sei die mit Abstand effizienteste Methode, CO2 einzusparen. Diese Analysen wurden im Rahmen des 21. Österreichischen Biomassetages in Kufstein präsentiert, wo sich die Branche unter dem Motto „Greening the strategies“ versammelte. Über 300 Teilnehmer diskutierten die künftigen Herausforderungen.

Biomasse ermöglicht Heizöl-Ausstieg

„Mit dem Beschluss der #mission2030 wurden die politischen Weichen für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energieträger in Österreich gestellt. Nun gilt es, mit der Realisierung der ambitionierten Ziele zu beginnen. Die Bioenergie spielt in allen Energiewendeszenarien die entscheidende Rolle. Biomasse könnte bereits mittelfristig Erdöl und Erdgas als bedeutendste Energieträger überholen. Deshalb freut es mich umso mehr, dass wir gerade in Tirol unseren Biomassetag veranstalten. Mit einem Anteil von 36 Prozent am Raumwärmemarkt hat die Biomasse erstmals in Tirol das Heizöl überholt. Zusammen mit der Fernwärme können wir stolz auf einen Anteil von 45 Prozent verweisen“, erklärte Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes anlässlich der Eröffnung. „Es ist jedoch noch viel zu tun, denn noch immer sind über 100.000 Ölkessel in Tirol installiert, die durch erneuerbare Energiequellen ersetzt werden müssen. Die Bundesregierung hat mit der Klima- und Energiestrategie die ersten Schritte gesetzt, um den Ausstieg aus dem Heizen mit Öl zu ermöglichen, doch es bedarf der Mithilfe der Länder, um diese ambitionierten Ziele umzusetzen.“
Tirol verfüge über eine bedeutsame Sägeindustrie, die große Mengen an Pellets produziere und auch ins benachbarte Ausland exportiere: „Für Tirol ist die Forcierung von Biomasse in Haushalten, Industrie und Gewerbe ein aufgelegter Elfer für die regionale Wirtschaftsförderung. Durch den Einsatz modernster Verbrennungstechnik ‚Made in Austria‘ ist auch die oft befürchtete Feinstaubbelastung kein Argument mehr.“

Die Kosteneffizienz von Klimaschutzmaßnahmen im Energiebereich steht im Mittelpunkt einer Studie des Kompetenzzentrums "Bioenergy 2020+". Basierend auf Heizkostenvergleichen der Technischen Universität Wien analysieren die Forscher verschiedene bauliche und energetische Maßnahmen. „Bioenergie ist hinsichtlich der Effizienz im Heizungsbereich praktisch unschlagbar. In unserem Modellgebäude, einem unsanierten Einfamilienhaus, können durch den Umstieg auf Pellets, Hackgut, Scheitholz oder Nahwärme bis zu 14 Tonnen CO2 im Jahr konkurrenzlos günstig eingespart werden. Die CO2-Vermeidungskosten sind hier sogar negativ, da die Heizkosten durch das im Vergleich teure Heizöl sogar sinken. Anders ausgedrückt: Der Umstieg spart dem Konsumenten Geld“, fasst Christoph Strasser ("Bioenergy 2020+") die ersten Zwischenergebnisse der Studie zusammen. Der Betrieb von Ölkesseln mit Heizöl aus Biomasse sei zwar technisch durchaus denkbar, aber aufgrund der hohen Kosten nicht wirklich konkurrenzfähig. Erneuerbares Gas könnte in Nischen, wie im städtischen Bereich in durch Fernwärme nicht zu erschließenden Gebieten an Bedeutung gewinnen. Im klassischen Ein- bzw. Mehrfamilienhaus ist man hier aber von der Wirtschaftlichkeit ebenfalls weit entfernt. Die Konkurrenz zwischen Dämmmaßnahmen und Kesseltausch sieht Strasser nur bedingt. Wer heute den Kessel tauscht und mit dem eingesparten Geld morgen dämmt, hat im Falle eines vorhandenen Pufferspeichers trotzdem noch ein voll funktionsfähiges, effizientes und emissionsarmes Heizsystem. Ein solches System ist zudem sehr gut geeignet für die Kopplung mit einer Solarthermie-Anlage, um in der Übergangszeit die Heizung zu unterstützen und im Sommer das Warmwasser bereit zu stellen.

5.000 Euro „Raus aus Öl“-Bonus

Ein erklärtes Ziel der #mission2030 der Energie- und Klimastrategie der Bundesregierung ist der konsequente Ölheizung-Ausstieg. Wie erst kürzlich von der Technischen Universität Wien nachgewiesen, steht für praktisch jedes Gebäude ein konkurrenzfähiges erneuerbares Heizsystem zur Verfügung. „Obwohl sich erneuerbare Heizsysteme rechnen, sind die hohen Investitionskosten für viele Haushalte und Betriebe eine Barriere. Hier wollen wir mit dem ‚Raus aus Öl‘-Bonus Abhilfe schaffen. Diesen können sich Betriebe genauso wie Privatpersonen abholen, wenn sie im Rahmen der Sanierung eine Ölheizung oder eine andere fossile Heizung durch ein klimafreundliches Heizsystem ersetzen“, erklärt Josef Plank, Generalsekretär im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus. Der Ausstieg aus dem Ölheizen decke sich mit dem in der #mission2030 definierten Zieldreieck von Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit. Der vor kurzem wieder stark angestiegene Heizölpreis zeige einmal mehr das hohe Risiko, das mit fossilen Heizungen gerade auch für einkommensschwache Haushalte einhergeht. „Erneuerbare Energien führen zu einer Diversifizierung in der Wärmeversorgung, reduzieren unsere Importabhängigkeit von fossilen Brennstoffen, sparen große Mengen an Treibhausgasemissionen und senken Brennstoffkosten. Vom Brennstoff bis zur Technologie können wir im Falle der Bioenergie auf heimische Ressourcen zurückgreifen“, so Plank.
Nähere Informationen zu den Förderbedingungen finden sich auf www.umweltförderung.at.

Dringender Handlungsbedarf

„Ganz deutlich haben wir in den vergangenen Monaten wieder vor Augen geführt bekommen, dass die noch dominierende fossile Energiewirtschaft moralisch untragbar ist. Wir zahlen Milliarden Euros für fossile Energieimporte an politisch instabile Länder. Noch dazu wissen wir, dass unsere Milliarden nicht zur Bevölkerung sondern oftmals in die Taschen von Diktatoren und ihren oligarchischen Freunden fließen. Und das alles, obwohl wir genug erneuerbare Energien in allen Technologien im Land haben. Wir brauchen in der Energiepolitik ein „Österreich zuerst“. Das ist kein Abkapseln, sondern aktive Friedenspolitik“, schilderte Peter Püspök, Präsident des Dachverbandes der Erneuerbaren Energien Österreichs. „Eine Erreichung der Ziele der Energiestrategie ist nur durch Einsatz aller erneuerbarer Energien möglich. Erneuerbare Energien haben unterschiedliche ‚Talente‘, die sich ergänzen. Eine Mannschaft kann nicht nur aus Torleuten oder nur aus Verteidigern oder nur aus Stürmern bestehen. Gegenseitiges Ausspielen der einzelnen Technologien, zum Beispiel durch technologieoffene Ausschreibungen, ist kontraproduktiv. Das Team der Erneuerbaren läuft derzeit Gefahr, dass ein wichtiger Player, nämlich die Holzkraftwerke, vom Platz gestellt werden. In Unterzahl werden wir das Match gegen den Klimawandel nicht gewinnen. Hier haben wir dringenden Handlungsbedarf.“

Tirol ist bei erneuerbaren Energien dem Bund ein gutes Stück voraus: Der Anteil erneuerbarer Energieträger am Bruttoendenergieverbrauch beträgt in Tirol 45 prozent (in Österreich 33,5), der Stromverbrauch wird seit 2009 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien gespeist (in Österreich zu 72%).

Damit hat Tirol zwei Ziele, die sich die Bundesregierung in ihrer Energiestrategie für 2030 gesetzt hat, bereits heute erfüllt. Schlechter als in jedem anderen Bundesland haben sich jedoch die Treibhausgasemissionen in Tirol entwickelt. Diese sind seit 1990 um 10 Prozent gestiegen, bundesweit um 0,3 Prozent. Dabei hat sich Tirol das Ziel gesetzt, seine Emissionen bis 2030 um 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. 2015/16 überholten Holzbrennstoffe mit einem Anteil von 36 Prozent am Raumwärmeverbrauch zum ersten Mal Heizöl (35%) und wurden zur bedeutendsten Wärmequelle in Tiroler Haushalten. Zusammen mit biogener Fernwärme deckt die Biomasse sogar 45% des Raumwärmebedarfs. 2003/04 lag der Anteil von Heizöl noch bei 55%, seitdem ging die genutzte Heizölmenge um 40% zurück. Die Energiemenge aus Holzbrennstoffen für Einzelheizungen stieg im gleichen Zeitraum um 23%. Neben der Fernwärme, deren Einsatz sich in den letzten zwölf Jahren etwa verdoppelt hat, verzeichnen auf geringerem Niveau auch Strom- und Gasheizungen, Wärmepumpen und Solarthermie Zuwächse. Ein Verbot für Ölheizungen, wie es andere Bundesländer beschlossen haben, gibt es in Tirol noch nicht, der Einbau von Ölheizungen ist jedoch von der Wohnbauförderung ausgeschlossen.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.