Die Angst der ÖVP vor der "netten jungen Frau mit Kind"
ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel hat eine neue Stellvertreterin. Aber mehr als ein Viertel der Partei-Funktionäre haben Veronika Mickel-Göttfert die Zustimmung versagt.
WIEN. In der ÖVP Wien wird umstrukturiert. Aber während man mit dem Wahlergebnis von Gernot Blümel zum Landeschef – 30 von 31 Stimmen – medial hausieren gegangen ist, wurden die Zahlen rund um die interne Wahl seiner Stellvertreterinnen nicht an die Öffentlichkeit herausgegeben. Und das hat seinen Grund. Und dieser Grund ist Veronika Mickel-Göttfert. Jene Mickel-Göttfert, die als Bezirksvorsteherin der Josefstadt mittlerweile zu den Big-Playern der Stadt-Schwarzen avanciert ist.
Während die beiden anderen Stellvertreterinnen Margarete Kriz-Zwittkovits und Elisabeth von Pföstl - zwei eher unbeschriebene Blätter wie es sogar innerhalb der ÖVP heißt - jeweils mehr als 90 Prozent erreicht haben, ist ausgerechnet Aushängeschild Mickel am schlechtesten ausgestiegen. Sie hat nur 72 Prozent der Stimmen bekommen. Das wird aus ÖVP-internen Kreisen bestätigt. Eine Überraschung.
Aber warum? Denn „wie kann man eine nette, junge Frau mit Kind nicht mögen“? Das sagen selbst die politischen Gegner in der Josefstadt hinter vorgehaltener Hand. Dass die Bezirks-Grünen sie im Wahlkampf direkt angegriffen haben, sehen im Nachhinein viele als Fehler. Und als den großen taktischen Fehlgriff, der den Grünen letztendlich den Wahlsieg gekostet hat. Im Bezirk ist Mickel also beliebt. Aber warum gibt es dann auf Landesebene Kritiker der „netten jungen Frau mit Kind“? Weil Mickel den Rückhalt der Partei nicht braucht. Im Gegenteil, im Wahlkampf gab es Plakate von ihr auf denen die ÖVP nicht einmal erwähnt wird. Den Wahlkampf im 8. hat also nicht die ÖVP gewonnen, sondern hauptsächlich die Person Mickel.
Grüne Themen
Darum der große Unsicherheitsfaktor: Steckt wirklich genug ÖVP in der Politikerin? Schließlich setzt sie viel auf grüne Themen – wie Ökostrom und Mobilität. Was auch unumgänglich ist, wenn man im 8. Bezirk Wahlen gewinnen will. Offensichtlich. Dass sie bei anderen Themen wie Parkplätzen die harte ÖVP-Linie fährt, geht dabei ein bisschen unter.
Dann ist da noch ihre große Präsenz. „Sie hat einen super Wahlkampf geführt“, sagte sogar Alexander Spritzendorfer von den Grünen Josefstadt noch am Wahlabend. „Sie hat quasi jedem Josefstädter die Hand geschüttelt.“ Darauf kann man stolz sein. Ist sie auch. In den Flächenbezirken kostet das die Politiker aber nur ein müdes Lächeln. Es ist ja schließlich nur die Josefstadt. Das Wort „präpotent“ hört man. In einem wirklich großen Bezirk hätte sie das nicht geschafft. Muss sie allerdings auch nicht.
Wichtige Seilschaften
Zudem hat Mickel sich wichtige Freunde gemacht. Sie gehört etwa zum Dunstkreis von Sebastian Kurz. Der sich mittlerweile den Ruf eingehandelt hat, seine Leute an wichtigen Posten zu installieren, aber selbst nicht auf den Plan zu treten. Das vergleichsweise schlechte Wahlergebnis Mickels könnte also durchaus als Zeichen an den Außenminister verstanden werden. Auch nicht zu vergessen ihr enges Verhältnis zu Josef Pröll. Gefährlich. Beim Streben nach Macht eine Frau, die nicht zu unterschätzen ist.
Mickel ist am besten Weg dazu eine Marke zu werden. So wie es innerhalb der ÖVP Wien derzeit nur Döblings Bezirksvorsteher Adi Tiller gelungen ist. Sieht nach einer Kehrtwende der leicht angestaubten und kriselnden Wiener ÖVP aus. Zumindest wenn sie es tatsächlich schaffen ihrer Partei das Gesicht einer erfolgreichen und „netten jungen Frau mit Kind“ zu geben. Und dann werden auf lange Sicht die nur 72 Prozent Zustimmung vielleicht egal sein.
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.