Wolfsrisse in See
Almobmann Pircher: "Heimweide ist keine Dauerlösung"

- Wolfsrisse: Im Gebiet der Alpe Versing / Medrigen in See wurden bereits zehn tote Schafe gefunden.
- Foto: Michael Pircher
- hochgeladen von Othmar Kolp
SEE. Die BEZIRKSBLÄTTER haben bei Bernhard Pircher, Obmann der Agrargemeinschaft Alpe Versing, nachgefragt, wie aktuelle Stand der Dinge in Sachen (Problem-)Wolf ist.
Problemwolf riss Schafe
Im Almgbiet der Alpe Versing / Medrigen (Gemeinden See und Kappl) spielten sich für die Nutztierhalter kürzlich einige unschöne Szenen ab. Zehn tote Schafe wurden von einem inzwischen als Problemwolf eingestuften Beutegreifer gerissen. Der Obmann der Agrargemeinschaft Alpe Versing sprach von einer regelrechten „Hetznacht“ auf Nutztiere. Die Folge waren ein vorzeitiger Almabtrieb am 12. Juli und neuer politischer Diskussionsstoff in der Thematik Beutegreifer und Almbewirtschaftung – die BEZIRKSBLÄTTER berichteten.
Vorzeitiger Almabtrieb
Der letzte Stand waren acht tote Schafe, ein toter Ochs, sieben vermisste Schafe und fünf vermisste Ziegen.
BERHARD PIRCHER: "Mit Stand 19. Juli sind es zehn tote und fünf vermisste Schafe sowie ein toter Jungochs. Trotz einer anders lautenden Meldung des Landes Tirol steht auch dieser Jungochs aus unserer Sicht in ursächlichem Zusammenhang mit der nächtlichen Hetzjagd vom 11. auf 12. Juli."
Auf der Versingalm befinden sich einige weitere Tierarten. Wie ist aktuell die Lage und denken auch hier die Bauern darüber nach ihre Tiere ins Tal zu holen?
"Aufgrund diverser Vorfälle in Serfaus und jetzt bei uns vor der Haustüre, herrscht bei den Bäuerinnen und Bauern, im Besonderen bei den Schafbauern allergrößte Betroffenheit und die Sorge vor weiteren Schäden durch den Wolf. Aktuell wurden die Schafe der Versingalm abgetrieben, doch es werden auch Schäden bei Rindern, vor allem bei Kälbern befürchtet.
Auf der Versingalm befinden sich jetzt noch Kühe, Jungrinder und Ziegen. Bei der unmittelbaren Nachbaralm Medrigen – Stiel befinden sich Pferde. Wir hoffen nicht noch weitere Tiere vorzeitig von der Alm holen zu müssen. Die letzte Zeit gab es aber von Bauern, Hirten und Almfunktionären einige schlaflose Nächte und die Verunsicherung wie es mit unserer Almwirtschschaft weiter geht ist groß."

- Wolfsrisse: Im Gebiet der Alpe Versing / Medrigen in See wurden bereits zehn tote Schafe gefunden.
- Foto: Michael Pircher
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Heimweide ist keine Dauerlösung
Was machen die Bauern im Tal mit den abgetriebenen Schafen?
"Es war Gefahr in Verzug, daher mussten die Bauern ihre Schafe ins Tal holen. Die Tiere waren extrem verschreckt und aufgescheucht. Bis Freitag, 17. Juli, wurden sie deshalb im Stall gehalten und am Sonntag auf die Heimweide getrieben. Dies ist natürlich keine Dauerlösung, da hier jetzt der zweite Schnitt ansteht und somit die Futtergrundlage für den Winter genommen wird. Nicht zu vergessen ist hier für unsere Nebenerwerbslandwirte auch die zusätzliche Arbeitsbelastung bzw. der Mehraufwand. Das Futter wird zugekauft werden müssen. Man spricht hier zwar von Entschädigungszahlungen, doch für unsere betroffenen Bauern geht es hier nicht primär um pauschale Entschädigungssätze, sondern es stellt sich die Frage ob und wie lange hier betroffene Bauern noch die Energie und den Elan für solche erschwerten Situationen aufbringen."

- Bernhard Pircher, Obmann der Agrargemeinschaft Versing Alpe: "Die letzte Zeit gab es aber von Bauern, Hirten und Almfunktionären einige schlaflose Nächte und die Verunsicherung wie es mit unserer Almwirtschschaft weiter geht ist groß."
- Foto: Bernhard Pircher
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Herdenschutz muss durchführbar und finanzierbar sein
Seitens des Landes Tirol wurden zuletzt Maßnahmen gesetzt um den Wolf mit einem Sender auszustatten. Weiters gibt es Forderungen seitens des WWF Herdenschutzmaßnahmen zu setzen. Wie sehen sie hier die aktuelle Entwicklung?
"Zum Schutz der Nutztiere läuft die Zeit gegen uns. Ich denke nicht dass die 'Softvariante' zum Ausstatten des Wolfes mit einem Sender in der Praxis so einfach umzusetzen ist – auch wenn der Wolf mit einem Sender ausgestattet werden kann, ist die weitere Vorgehensweise noch nicht fertig gedacht. Das heißt, wenn die Behörde weiß, wo sich der Wolf aufhält und diese Information dem Nutztierhalter weiterleitet um unnötiges Tierleid zu vermeiden, steht nach wie vor das 'wie' im Raum. Zu Situationsbewertung und dem Thema Herdenschutz hatten wir gemeinsam mit Vertretern des Landes Tirol, Experten im Bereich Herdenschutz, Almverantwortlichen sowie betroffenen Bäuerinnen und Bauern am 17. Juli eine Begehung vor Ort. Wir waren und sind hier für alle Empfehlungen und Möglichkeiten offen. Diese müssen für uns aber praxiserprobt, durchführbar und finanzierbar sind. Da wir in jedem Land unterschiedliche Voraussetzungen vorfinden, sind auch aktuell diskutierte Pauschalempfehlungen und Ideen zu kontrolliertem Herdenschutz schwere Kost für unsere Bäuerinnen und Bauern. Das heißt unsere 'Ist – Situation' auf der Alm, mit Schafen, Rindern, Pferden, Ziegen und gleichzeitig einem stark frequentieren Wandergebiet, benötigt individuelle und situationsangepasste Lösungen.Maßnahmen welche derzeit am Tisch liegen, blenden aus unserer Sicht diese Situation aus."

- Foto: Michael Pircher
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Wie sehen sie das Thema aus touristischer Sicht und welche Forderungen stellen Sie in der aktuellen Situation als Almobmann an die Politik?
"Was Vorfälle wie oben während der Sommersaison für Reaktionen und negative Auswirkungen bei unseren Gästen und über unser Land hinaus auslösen können, kann vermutlich aus heutiger Sicht noch gar nicht abgeschätzt werden.Dazu sind unmittelbar folgende Punkte unabdingbar: Es braucht den Mut zu Verordnungen bzw. Bescheide des Landes für eine unbürokratische und leichte Entnahme von Problemwölfen. Es muss auch in Zukunft für unsere Bauern gefahrlos möglich sein Alm- und Weidewirtschaft zu betreiben. Der Schutz der Bevölkerung, die Erhaltung einer gesunden Berglandwirtschaft und die Sicherheit für unsere Gäste setzen einen Lebensraum ohne gefährliche Beutegreifer voraus.
Wir fordern alle bäuerlichen Interessensvertretungen, Vertreter der Almwirtschaft, alle Politiker auf, mit Nachdruck das Ziel einer wolfsfreien Zone für Tirol anzustreben. Es benötigt einen starken Schulterschluss der Kräfte im Lande, besonders auch der Tourismuswirtschaft, Vertreter der Jagd und des ländlichen Raumes, um diese Vorgabe zu erreichen."
Interview führte Othmar Kolp
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