Die Lawinengefahr bleibt hoch

Rudi Mair: "Der Schneedeckenaufbau ist schlecht und die Situation bleibt angespannt." | Foto: privat
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BEZIRK (otko). In weiten Teilen der Ostalpen herrscht derzeit erhebliche Lawinengefahr (Lawinen-Warnstufe 3). Experten sagen dazu, mancherorts würden die Verhältnisse derzeit sogar eine 4 (große Gefahr) vertragen. In der heurigen Wintersaison waren bereits sieben Lawinentote zu beklagen. 2013/14 fielen in ganz Österreich 13 Menschen dem weißen Tod zum Opfer.
Die Experten schlagen aufgrund der momentanen Wetterlage Alarm. "Der schneearme Winter ist sehr tückisch, denn der Schneedeckenaufbau ist sehr schlecht, und daran wird sich auch in nächster Zeit nichts ändern", erklärt Rudi Mair, der Leiter des Tiroler Lawinenwarndienstes. Schuld seien die frühen Schneefälle und das sehr wechselhafte Wetter mit geringen Neuschneezuwächsen über 2.000 Meter Seehöhe. "Am besten wäre mit großen Neuschneemengen geholfen, aber auch diese sind über das Wochenende hinaus nicht in Sicht. Die Lawinensituation in Tirol bleibt daher äußerst angespannt", sagt Mair.

Fataler Irrtum

Auch für den Landesleiter-Stellvertreter der Bergrettung, Anton Mattle, ist die Situation derzeit eigenartig: "Wir haben wenig Schnee, aber trotzdem eine hohe Lawinengefahr und das quer durch Tirol." Viele Wintersportler, die abseits von gesicherten Pisten unterwegs sind, unterliegen aber immer wieder dem gefährlichen Irrtum, dass wenig Schnee eine geringe Lawinengefahr bedeuten würde.
Trotz etlicher Lawinenabgänge wie zum Beispiel in Galtür (Jamtal), Nauders und St. Anton am Arlberg ist bis zum Redaktionsschluss am 12. Jänner 2015 im Bezirk noch keine Person zu Schaden gekommen. "2014 hatten wir keinen Lawinentoten im Bezirk zu verzeichnen. Allerdings kamen in der Wintersaison 2012/13 drei Menschen bei Lawinenabgängen zu Tode", berichtet Alpinpolizist Stefan Jungmann, Leiter der Alpinen Einsatzgruppe Landeck.

Gefährliche Situation

Momentan sei eine Einschätzung aber sehr schwer: "Die Situation ändert sich täglich. Vor allem die eingeblasenen Nord- und Osthänge mit ihren Schneeverfrachtungen sind besonders gefährlich", warnt Stephan Siegele, Bezirksleiter der Bergrettung. Auch Hänge, die steiler als 25 Grad sind, sollten aufgrund des schlechten Schneedeckenaufbaus gemieden werden. "Variantenfahrer sollten in der momentanen Lage unbedingt im gesicherten Skiraum bleiben. Anders als Tourengeher beim Aufstieg haben sie oft keine Erfahrungswerte über den Schneedeckenaufbau", appelliert Siegele. Skitouren sollten von erfahrenen Leuten auch nur im mittelsteilen Gelände gemacht werden.
Unerlässlich sei der tägliche Blick auf den Bericht des Lawinenwarndienstes. Eine vollständige und moderne Notfallausrüstung und der sichere Umgang damit sind unerlässlich für alle, die sich in den freien Skiraum wagen wollen. Bergrettungsleiter Siegele rät auch insbesondere von Alleingängen bei Touren ab.

Tipps für Tourengeher:

Ski- und Snowboardtouren bieten große Chancen für Fitness, Gemeinschaft und Naturerlebnis. Die folgenden Empfehlungen des Alpenvereins Österreich dienen dazu, den Risiken im winterlichen Gbirge wirkungsvoll zu begegnen. Deren praktische Umsetzung wird in Skitouren- und Lawinenkursen vermittelt.

1. Gesund in die Berge
Skitouren sind Ausdauersport. Die wertvollen Belastungsreize für Herz und Kreislauf setzen Ge- sundheit und eine gute Selbsteinschätzung voraus. Vermeide Zeitdruck und wähle das Tempo so, dass niemand in deiner Gruppe außer Atem kommt. Achte auf Kraftreserven für die Abfahrt.

2. Sorgfältige Planung
Karten, Führerliteratur, Internet und Experten informieren über Länge, Höhendifferenz, Schwierigkeit und die aktuellen Verhältnisse. Besondere Beachtung verdient der Wetterbericht, da starker Wind und schlechte Sicht das Unfallrisiko stark erhöhen.

3. Lawinenlagebericht studieren
Informiere dich vor Antritt der Tour eingehend über die aktuelle Gefahrenstufe (Europäische Gefahrenskala für Lawinen in 5 Stufen). Achte besonders auf die Angaben zu den Gefahrenstellen (Wo ist es heute gefährlich?) und den Gefahrenquellen (Was ist heute die Hauptgefahr?).

4. Vollständige Ausrüstung

Passe deine Ausrüstung den winterlichen Verhältnissen an und achte auf ein geringes Rucksack- gewicht. Für den Lawinen-Notfall sind LVS-Gerät, Schaufel und Sonde Standard, ebenso Erste- Hilfe-Paket, Biwaksack und Mobiltelefon. Ein Airbag-System erhöht die Überlebenschancen.

5. Regelmäßig Trinkpausen
Flüssigkeit, Energie und Pausen sind notwendig, um Leistungsfähigkeit und Konzentration zu erhalten. Heiße, isotonische Getränke sind ideale Durstlöscher und Wärmespender. Leicht Verdauliches, wie Müsliriegel, Trockenobst und Kekse stillt den kleinen Hunger unterwegs.

6. Lawinenrisiko abwägen
Beim Erkennen der Lawinengefahr sind dem Menschen enge Grenzen gesetzt. Stütze deine Entscheidungen daher auf strategische Methoden der Risikoeinschätzung (Reduktionsmethoden) und lerne, Gefahrenzeichen im Gelände zu erkennen.

7. Abstände einhalten
Entlastungsabstände von 10 m beim Aufstieg in Steilhängen (≥ 30°) reduzieren die Belastung auf die Schneedecke und steigern den Komfort bei Spitzkehren. Halte bei der Abfahrt grundsätzlich Abstände von mindestens 30 m und befahre sehr steile Hänge (≥ 35 °) einzeln.

8. Stürze vermeiden
Stürze bei der Abfahrt sind die häufigste Unfallursache auf Skitouren. Für die Schneedecke be- deuten sie zudem eine große Zusatzbelastung. Gute Skitechnik und eine dem Können angepasste Geschwindigkeit, reduzieren das Risiko. Ein Skihelm kann vor Kopfverletzungen schützen.

9. Kleine Gruppen
Kleine Gruppen ermöglichen gegenseitige Hilfe und verringern das Lawinen-Auslöse-Risiko. In der Gruppe zusammen bleiben. Achtung Alleingänger: Bereits kleine Zwischenfälle können zu ernsten Notlagen führen. Daher immer vertraute Personen über Ziel, Route und Rückkehr informieren.

10. Respekt für die Natur

Zum Schutz der Natur: Keine Abfälle zurücklassen, Lärm vermeiden, Aufforstungsflächen nicht betreten, Schutz- und Sperrgebiete respektieren. Besondere Rücksicht auf Wildtiere im Winter! Zur Anreise Fahrgemeinschaften bilden oder öffentliche Verkehrsmittel verwenden.

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