Zwei Projekte
Herdenschutz geht im Oberen Gericht in Pilotphase

Zwei Schafherden mit jeweils mehreren hundert Tieren werden im Zuge der Herdenschutzpilotprojekte Tag und Nacht von einem Hirten begleitet. | Foto: Gerhard Köhle
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  • Zwei Schafherden mit jeweils mehreren hundert Tieren werden im Zuge der Herdenschutzpilotprojekte Tag und Nacht von einem Hirten begleitet.
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BEZIRK LANDECK (sica). Diesen Sommer werden mit Unterstützung vom Land Tirol Herdenschutzpilotprojekte umgesetzt - Zwei davon im Oberen Gericht. Auf dem Sonnenplateau und in der Region Pfunds-Spiss begleitet Tag und Nacht jeweils ein Hirte die Schafherde.

Wolf als Dauerthema

"Der Wolf" war vor allem im vergangenen Jahr auch im Bezirk Landeck ein Thema, das den ganzen Sommer in aller Munde war. Es fand beispielsweise in Serfaus aufgrund von Rissen im Frühjahr ein Almabtrieb statt, bevor überhaupt alle Tiere aufgetrieben werden konnten, die Meldungen von tot aufgefundenen Schafen wurden im Bezirk im Laufe der Zeit zum Dauerthema.

Almabtrieb als Wolf-Notbremse

Tirol: 150 Rissbegutachtungen

Zehn verschiedene Wölfe, davon acht männliche und zwei weibliche, wurden im Jahr 2020 in Tirol nachgewiesen. AmtstierärztInnen mussten 150 Mal zu Rissbegutachtungen ausrücken, für die rund 250 gerissenen und im Zusammenhang mit großen Beutegreifern vermissten Schafe und Ziegen sind beim Land Tirol im vergangenen Jahr 114 Anträge auf Entschädigungszahlungen und Refundierung von Futterkosten eingegangen.

In Serfaus wurden im letzten Jahr 22 tote Schafe in drei Wochen aufgefunden – Das DNA-Ergebnis bestätigte den Wolfsverdacht.
 | Foto: Schafbauern Serfaus
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Eine Million für Herdenschutz

"Damit wir den Almbewirtschaftern so gut wie möglich zur Seite stehen können, müssen wir uns in den befassten Landesabteilungen stärker aufstellen“

so der Plan LHStv Josef Geislers. Insgesamt stehen vom Land für 2020/2021 eine Millionen Euro für Herdenschutzmaßnahmen zur Verfügung.

LHStv. Josef Geisler: "Damit wir den Almbewirtschaftern so gut wie möglich zur Seite stehen können, müssen wir uns in den befassten Landesabteilungen stärker aufstellen“ | Foto: Land Tirol/Berger
  • LHStv. Josef Geisler: "Damit wir den Almbewirtschaftern so gut wie möglich zur Seite stehen können, müssen wir uns in den befassten Landesabteilungen stärker aufstellen“
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Es wird eine Planstelle für die Koordination von Herdenschutzpilotprojekten geschaffen und das Team der AmtstierärztInnen, die auch das Monitoring und Rissbegutachtungen durchführen, aufgestockt. Weiter verstärkt wird auch die Zusammenarbeit mit der lokalen Jägerschaft. Mit der diesjährigen Almsaison starten die ersten Projekte auf Schafalmen, zwei davon im Bezirk Landeck.

Projekt am Sonnenplateau

Ein Pilotprojekt zum Herdenschutz, das auf fünf Jahre angesetzt ist, wird unter der Federführung der Gemeinde Ladis in Kooperation mit der Gemeinde Serfaus am Sonnenplateau durchgeführt.

"Aufgrund der Vorfälle im vergangenen Jahr wurden bereits Petitionen zur Thematik große Beutegreifer im Landtag eingebracht"

berichtet der Bürgermeister von Ladis Florian Klotz. In zahlreichen Gesprächen und Terminen sei dann das Pilotprojekt zustande gekommen. Die Gemeinde Ladis hat dafür Grund von der Gemeinde Serfaus gepachtet, welcher dann beweidet wird. "Die Gemeinde ist als Grundeigentümer ein Unterstützer auf allen Ebenen. Immer an Ort und Stelle ist allerdings Gerhard Köhle", informiert Klotz .

Zehn verschiedene Wölfe, davon acht männliche und zwei weibliche, wurden im Jahr 2020 in Tirol nachgewiesen. | Foto: Pixabay/christels (Symbolbild)
  • Zehn verschiedene Wölfe, davon acht männliche und zwei weibliche, wurden im Jahr 2020 in Tirol nachgewiesen.
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Hirte Tag und Nacht dabei

Gerhard Köhle und seine Frau sind bereits den 21. Sommer die Pächter vom Lader Heuberg, wo sich die Schafe beim Pilotprojekt auch aufhalten werden.
Wenn es nach den umfassenden Maßnahmen zur Tiergesundheit in die Höhe geht, haben die rund 500 Schafe von Bauern vom Sonnenplateau Tag und Nacht einen Hirten an ihrer Seite, der auch in den beweideten Arealen in Ladis und Serfaus eine Unterkunft in der Nähe der Tiere hat. Zudem bekommen die Schafe einen Tracker, der aber mehr zur Datenerfassung des Bewegungsmusters dient. Wenn es einmal ernst werden sollte, greift eine weitere Herdenschutzmaßnahme:

"Falls es Probleme durch einen Wolf geben sollte, werden die Schafe jeden Abend in einen Nachtpferch getrieben"

so Gerhard Köhle.
"Wir hoffen natürlich, dass das nicht der Fall sein wird, denn sonst erwartet den Hirten jeden Tag brutal viel Arbeit" Herdenschutzhunde oder Lamas kommen keine zum Einsatz.

Bei beiden Projekten bekommen die Schafe einen Tracker, welcher das Bewegungsmuster in der gelenkten Weideführung aufzeichnet. | Foto: Gerhard Köhle
  • Bei beiden Projekten bekommen die Schafe einen Tracker, welcher das Bewegungsmuster in der gelenkten Weideführung aufzeichnet.
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Verein bereits vor Wolf geplant

Ein weiteres Herdenschutzprojekt wird im Obersten Gericht umgesetzt: Der Verein Spisser Schafberg Alpe hat sich allerdings bereits vor der Wolf-Problematik für eine gelenkte Weideführung interessiert, wie Obmann Robert Hueber berichtet:

"Bereits im Dezember 2019 haben wir Ideen besprochen, um Erosionen zu vermindern. Die Wolfproblematik ist dann noch dazu gekommen"

Projekt weiterverfolgt

Durch die umfangreiche Vorarbeit in diesem Bereich hat es sich angeboten, dieses Vorhaben nun als Pilotprojekt weiterzuverfolgen. Beteiligt sind die Gemeinden Fließ, Pfunds und Spiss.

"Das Weidegebiet erstreckt sich über die Gemeinde Pfunds und Spiss, Fließ hat Weiderechte in Zanders"

informiert Obmann-Stellvertreter und Vizebürgermeister von Pfunds, Peter Wille.
Von den drei Gemeinden kommen zu ungefähr gleichen Teilen 900 Schafe zusammen, die den Sommer über von einem Hirten Tag und Nacht begleitet werden, der immer so nah wie möglich bei den Schafen ist. Wie beim anderen Projekt wird vor dem Auffahren jedes Tier gesundheitlich abgecheckt und die Schafe bekommen einen Tracker: "Jeder Auftreiber bekommt einen Tracker für ein Leitschaf", so Wille. Diese dienen aber hauptsächlich der Erfassung wissenschaftlicher Daten, es wird ausgewertet wie das Verhalten der Tiere in gelenkter Weideführung ist. Im Ernstfall oder bei Vorfällen in Nachbarregionen kommen die Schafe ebenfalls in einen Nachtpferch.

Die Herde kann sich jederzeit frei bewegen, der Hirte ist immer an ihrer Seite. Falls es zu Unruhe in der Herde oder einem Wolfsverdacht kommt, werden die Tiere abends in einen Nachtpferch getrieben.  | Foto: Gerhard Köhle
  • Die Herde kann sich jederzeit frei bewegen, der Hirte ist immer an ihrer Seite. Falls es zu Unruhe in der Herde oder einem Wolfsverdacht kommt, werden die Tiere abends in einen Nachtpferch getrieben.
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Evaluierung nach einem Jahr

Wie sich dieser Almsommer in Sachen Wolf entwickelt, bleibt abzuwarten. Mit den Pilotprojekten hofft man aber, ohne schlimmere Ereignisse wie die im letzten Jahr durchzukommen. Die beiden Herdenschutz-Pilotprojekte sind zwar auf fünf Jahre angesetzt, die festgelegten Maßnahmen werden aber nach dem ersten Jahr evaluiert und bei Bedarf angepasst.

Herdenschutzmaßnahmen diese Saison umsetzen
Tiroler Kompetenzzentrum für Herdenschutz im Oberland

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