Schwerer Abschied von den Kardinalschnitten

So kennt und schätzt man sie: Sieglinde "Linde" Simbürger mit ihren beliebten Kardinalschnitten. Am Samstag, 14. Juli, schließt sie den jahrhundertealten Gasthof "Knappenwirt", den schon ihre Großeltern und Eltern geführt haben. Als Kind brachte sie Jause zu den Knappen des Grafitbergbaus Kaisersberg. | Foto: KK
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  • So kennt und schätzt man sie: Sieglinde "Linde" Simbürger mit ihren beliebten Kardinalschnitten. Am Samstag, 14. Juli, schließt sie den jahrhundertealten Gasthof "Knappenwirt", den schon ihre Großeltern und Eltern geführt haben. Als Kind brachte sie Jause zu den Knappen des Grafitbergbaus Kaisersberg.
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ST. STEFAN. Der Abschied von ihrem Gasthof – und vor allem den Gästen und vier Mitarbeiterinnen – fällt Sieglinde Simbürger alles andere als leicht. Wie man so schön sagt, geht sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge in die wohlverdiente Pension. „Momentan wohl mehr mit einem weinenden“, sagt die 57-Jährige, während ihr Tränen über die Wangen laufen. Seit 1984 war sie durchgehend die „Knappenwirtin“, wobei ihr oft nur wenig Freizeit  geblieben ist. „Eigentlich wollte ich ja Friseurin werden, aber das stand außer Frage. Deshalb habe ich im Gasthof Sebinger in Leoben Kellnerin gelernt und bin gleich anschließend mit 18 Jahren ins Hotel Hilton nach Wien gegangen, weil die am schnellsten auf meine Bewerbung reagiert haben“, erinnert sich „Linde“, wie sie von ihren Gästen liebevoll genannt wird.

London und Paris

Nach zwei Jahren in Wien, durfte sie neun Monate im Londoner Hilton Erfahrung sammeln und anschließend in Paris. Solange es mit der Sprache haperte, wurden dort Gläser poliert, bevor es hinaus zu den Gästen ging. „Ich stand kurz davor, auch im Hilton in Toronto zu arbeiten, als ich wegen des schlechten Gesundheitszustandes meiner Mutter nach Hause gerufen wurde. 1984 übernahm ich dann den "Knappenwirt", den schon meine Großeltern geführt haben. Wenn ich jetzt so zurückblicke: Ich würde nochmals Kellnerin werden und nochmals alles genauso machen. In keinem anderen Beruf kann man soviel herumkommen, lernt man so viele Menschen kennen, entstehen so viele Freundschaften.“

Zusammengeschweißt

Viele wunderbare Erfahrungen habe sie als Gastwirtin gemacht, Polizisten hätten nur als "Torten-Kundschaft" das Gasthaus betreten. „In einem kleinen Dorfgasthaus wie hier in Kaisersberg nimmt man hautnah am Dorfleben teil, man bekommt Freud und Leid der Menschen mit. Und die liegen so eng beieinander. An einem Tag hat man die fröhliche Taufgesellschaft im Gasthaus und gleich darauf ist ein Begräbnis der Anlass. Das alles schweißt eine Wirtin mit ihren Gästen zusammen.“ Aber auch ihre mittlerweile legendären Kardinalschnitten und andere Torten waren ein gutes „Bindemittel“.

Torten-Anfänge

Beim Gedanken an die Torten-Anfänge muss die Mutter einer heute 32-jährigen Tochter schmunzeln. „Ich habe damals als 24-Jährige nicht einmal einen Guglhupf zusammengebracht, da war aber die Nachfrage nach Mehlspeisen. Mein Mann hat mir damals das sündteure Kochbuch ‚Wiener Süßspeisen‘ gekauft, aus dem ich dann die erste Topfentorte nachgebacken und den Stammgästen serviert habe. Nachdem sie das überlebt haben, habe ich weitergebacken und schließlich hat mir eine Bergmannsgattin, die Frau Paschek, hier in der Küche gezeigt, wie man Kardinalschnitten mit echtem Schlagobers macht. Das war Luxus und der Anfang meiner berühmten Kardinalschnitten, für die die Gäste sogar von außerhalb des Bezirkes gekommen sind“, so Simbürger. Im Laufe der Jahre wuchs das Sortiment auf rund 15 verschiedene Torten an, für jede gab es einen anderen „Lehrmeister“. „Die Gäste haben mir gezeigt, wie’s geht.“

Reiseträume erfüllen

Am Samstag, 14. Juli, schließt die 57-Jährige, die als Kind den Knappen des Grafitbergbaus immer Jause brachte, das Kapitel des „Knappenwirtes“ in Kaisersberg und somit auch jenes der Kardinalschnitte. „Ich habe noch so viel vor, ich möchte vor allem meine Reiseträume erfüllen. Ich will zuerst all jene Orte aufsuchen, in denen ich in der Jugend war, wie das Hilton in London und Paris. Und mit 60 möchte ich eine Weltreise machen. Und vielleicht ergibt es sich, dass ich irgendwo im Ausland Au-pair-Oma werde und für die Kinder einer Familie sorge. Ich habe die besten Voraussetzungen dafür und viel Erfahrung im Führen eines Haushaltes“, lacht Linde. Ihren Gästen und vor allem den vier Mitarbeiterinnen, wird sie immer verbunden bleiben: „Die Geselligkeit werde ich am meisten vermissen, und meine Mitarbeiterinnen und Gäste, von denen viele mit mir gemeinsam älter geworden sind. Jede Begegnung hat mein Leben bereichert, das hat mein Leben bisher so lebenswert gemacht.“

Zukunft des "Knappenwirtes"

Ob es den „Knappenwirt“ in anderer Besetzung weiterhin geben wird, lässt Sieglinde Simbürger offen. „Wenn sich ein Pächter findet, vielleicht. Aber das überlasse ich der Zukunft.“ Übrigens: Das Geld der allerersten verkauften Torte hat sie gemeinsam mit ihren Stammgästen im Tanzlokal Maurer in St. Stefan „vertanzt“.

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