Leoben: Als Verkäufer noch Persönlichkeiten waren...
LEOBEN. "In der Gemischtwarenhandlung meines Vaters wurden größere Einkäufe, die sogenannten Fassungen, den Kunden zugestellt. Eine Frau hat mir – ich war damals ein junges Mädchen – einen selbst gebackenen Lebkuchen geschenkt. An diese Leckerei erinnere ich mich noch heute, ganz besonders um die Weihnachtszeit", erzählt Sylvia Rösler von ihrer Zeit im elterlichen Familienbetrieb in Hafning.
Der Handel und der Dienst am Kunden haben ihr Leben bestimmt, von der Jugend bis zur Pensionierung, die in Kürze bevorsteht. Denn mit Dezember schließt Sylvia Rösler ihr Wäschemodenfachgeschäft in der Leobener Straußgasse, nach 14 Jahren Selbstständigkeit.
Wäschemode Rösler zählt zu den bereits selten gewordenen Geschäften, in denen Beratung groß geschrieben wird. "Das Sortiment ist spezialisiert auf Socken, Strumpfhosen, Unterwäsche und Pyjamas für Damen, Herren und Kinder. Wir führen ausschließlich hochwertige Qualität, die in Europa erzeugt wird und frei von giftigen Chemikalien ist", sagt die Kauffrau.
Der Kunde ist König
Vom Geschäft ihrer Eltern wechselte Sylvia Rösler in das legendäre Leobener Modehaus Regula, wo die ebenso legendären Verkaufspersönlichkeiten Willi Müller und Fritz Kutscher wirkten: "18 Jahre war ich dort, diese Zeit hat mich geprägt, denn der Kunde war König." Aussagen wie, "das weiß ich nicht" oder "das haben wir nicht" hat es nicht gegeben. "So etwas zu sagen, wäre einer Todsünde gleichgekommen", sagt Rösler. Sie hat die Hemdenabteilung geleitet, Marken wie "Seidensticker", "Sir" oder "Manhattan" waren gut sortiert und reichlich auf Lager.
Viele Leobener kennen sie auch von ihrem späteren Arbeitsplatz im Spielwarenfachgeschäft Knebel in der Homanngasse. "Ernst Knebel hat viel Vertrauen in uns Verkäuferinnen gesetzt, er ließ uns selbstständig arbeiten, das war uns eine wichtige Wertschätzung", schwelgt sie in Erinnerungen.
Als in Leoben die Spielwarenära zu Ende ging, war es für Rösler Zeit, den Sprung in die Selbstständigkeit mit einem eigenen Geschäft zu wagen. Ihre Freude, ihre Liebe zum Beruf übertrugen sich auf die Kunden. Das Wäschemodehaus Rösler wurde von vielen Stammkunden besucht, die jetzt eine andere Einkaufsquelle suchen müssen. "Aber viele von ihnen haben sich noch bei mir mit Wäsche eingedeckt", berichtet Sylvia Rösler.
Blick in die Weite
Sie will sich in der Pension Zeit für Dinge nehmen, die bislang zu kurz gekommen sind. Für ihr 15 Monate altes Enkelkind Emma, für das Lesen von Büchern und für das Reisen. "Heuer habe ich nach 15 Jahren erstmals wieder einen Urlaub gemacht, eine Flusskreuzfahrt. Im nächsten Jahr soll die Reise in den Norden nach Lappland gehen. Der Blick in die Weite der finnischen Landschaft soll das Herz erfreuen, so wie es auch ihr Beruf getan hat: "Ich habe die Möglichkeit gehabt, meinen Traumjob auszuüben."
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