bz-Interview Leopoldstadt
Noch-Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger über ihren Rückzug
Noch-Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger (Grüne) zieht sich aus der ersten Reihe der Bezirkspolitik zurück. Der bz verrät sie ihre Beweggründe und blickt auf ihre Amtszeit zurück.
LEOPOLDSTADT. Vier Jahre lang war Uschi Lichtenegger Bezirksvorsteherin (Grüne) der Leopoldstadt. Am Dienstag, 1. Dezember, übernimmt Alexander Nikolai (SPÖ) das Amt des Bezirksvorstehers. Mit der Übergabe zieht sich Lichtenegger aus der ersten Reihe zurück, bleibt aber in der Bezirkspolitik tätig.
Aber warum der Rückzug? Und was steht nun für Uschi Lichtenegger am Plan? Im bz-Interview spricht die Politikerin über ihre Beweggründe und blickt auf ihre Amtszeit zurück.
Was hat Sie dazu bewogen, sich aus der ersten Reihe zurückzuziehen?
USCHI LICHTENEGGER: Es ist Zeit, das Staffelholz weiterzugeben. Bei Bezirksvorsteher-Stellvertreter Bernhard Seitz weiß ich, dass die Bezirkspolitik in besten Händen ist. Wir Grünen starten hochmotiviert mit vielen neuen Ideen in die kommende Legislaturperiode und ich werde diesen Weg unterstützen, wo ich kann.
Was ist Ihr Resümee Ihrer Zeit als Bezirksvorsteherin der Leopoldstadt?
Wir haben im Zweiten die Weichen gestellt in Richtung Klimaschutz, nachhaltige Mobilität und eine andere Politik des öffentlichen Raumes. Es ist gelungen den öffentlichen Raum lebenswerter gestalten. Wir haben über tausend Bäume gesetzt, viele Ersatzpflanzungen, aber auch viele neu begrünte Gassen im stark versiegelten Volkertviertel gehören beispielsweise dazu. Auch die Fahrradinfrastruktur ist nun endlich auf der Höhe der Zeit. Die Coronakrise mit dem geänderten Mobilitätsverhalten hat gezeigt, wie wichtig das ist!
Würden Sie rückblickend etwas anders machen?
Ich habe die richtigen Prioritäten gesetzt und mit Anstand für unseren Bezirk und seine Menschen gearbeitet. Der große Widerstand gegen die Pop-Up-Radwege hat mich nicht überrascht, ich würde aber wieder dieselben Schritte setzen. Ich halte es nach wie vor für einen mutigen und wichtigen Schritt in der Corona-Zeit. Die befürchteten Staus sind ja dann nicht eingetreten.
Was ist das größte Projekt, das Sie umsetzen konnten?
Ab Anfang 2021 wird am Nordbahnhof die Freien Mitte realisiert, eine Zehn-Hektar-Grünraumfläche mit einer einzigartigen Stadtwildnis. Wir Grünen haben es verhindert, dass die einzigartige Gstettn als Baustraße genutzt und unwiderruflich zerstört worden wäre. Auch einen neuen Mistplatz, an der Freien Mitte geplant, den nun der Bezirk geschlossen ablehnt, konnten wir verhindern.
Worauf sind Sie besonders stolz? Welche Herzensprojekte konnten Sie umsetzen?
Der Else-Feldmann-Park Am Tabor ist mein Vorzeigeprojekt für die Schaffung von neuem Grün- und Freiraum im Grätzl. Eine Asphaltwüste ist ein großzügiger zusammenhängender Beserlpark geworden, der allen Generationen Platz für Spiel und Erholung bietet. Im Hinblick auf die Klimakrise werden wir solche kühlenden Grünräume zum Durchatmen dringend brauchen.
Stolz bin ich auch auf die Schulwegsicherung an vielen Orten im Bezirk. Das wienweit erfolgreiche Pilotprojekt Schulstraße nahm in der Leopoldstadt seinen Ausgang. Fünf Schulplätze wurden komplett neu gestaltet, um den Kindern mehr Platz zu geben.
Warum glauben Sie, haben die Grünen die Leopoldstädter Bezirksvertretungswahl „verloren“?
Mit über 30 Prozent ist uns ein sehr gutes Ergebnis gelungen, wir haben einige tausend Wählerinnen dazugewonnen. Ich habe gezeigt, dass grüne Politik in der Leopoldstadt funktioniert und viele Menschen haben das genauso gesehen. Es hat nicht ganz für die Mehrheit gereicht, doch ich bin überzeugt, dass die Zukunft der Leopoldstadt grün ist.
Ihr großes Projekte ist die Umgestaltung der Praterstraße. Alexander Nikolai will Pläne überarbeiten. Was halten Sie davon?
Die vorliegenden Pläne sind schon auf einem hohen Niveau. Die verbesserten Abbiegemöglichkeiten und Ampelschaltungen sind gut durchdacht und es ist schon genau untersucht, an welchen Stellen die U-Bahn im Untergrund eine neue mittige Baumreihe zulässt. Ein ausgezeichneter Entwurf liegt vor, der auf den Wünschen der BürgerInnen aus dem Beteiligungsverfahren beruht. So hoffe ich, dass das Wahlergebnis die gut vorbereitete Umgestaltung der Praterstraße nicht um Jahre verzögert. Das haben sich die AnrainerInnen und Geschäftsleute, die schon lange für eine Aufwertung kämpfen, nicht verdient.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Leopoldstadt?
Dass die Bewegung und die Vielfalt, die dieser enorm beliebte und vielfältige Bezirk gewonnen hat nachhaltig erhalten bleibt. Ich danke all den engagierten Menschen, die sich für unseren Bezirk einsetzen, und jenen, die die vielen kleinen und großen Baustellen und Projekte mit mir realisiert haben.
Wie geht jetzt für Sie weiter?
Ich werde weiter im großartigen Team der Leopoldstädter Grünen aktiv sein. Jetzt kann mir auch mehr Zeit für meine Enkelkinder und für Spaziergänge mit meiner Hündin Honey und meine Hobbies, besonders für Tennis, nehmen. Darauf freue ich mich sehr!
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