"Die Angst vor dem Tod ist unbegründet"

Bernard Jakoby ist am Freitag, 4. November, in Liezen zu Gast. | Foto: KK

Muss man Angst vor dem Tod haben?
BERNARD JAKOBY: Die Angst vor dem Tod ist meiner Ansicht nach völlig unbegründet. Wir wissen heute mehr denn je darüber, was mit uns geschieht, wenn wir sterben: Ob durch die Beobachtung der Sterbeprozesse, durch die Hospizbewegung oder die vielfältigen Nahtoderfahrungen. Letztlich ist es wichtig, sich der Eigenverantwortung bewusst zu werden und Unerledigtes im Hier und Jetzt zu erledigen. Im Sterben tritt alles Unversöhnte an die Oberfläche des Bewusstseins und in den Nahtoderfahrungen ist das Hauptelement die Lebensrückschau, also die Konfrontation mit sich selbst. Wenn wir uns im Hier und Jetzt damit auseinandersetzen, brauchen wir den Tod nie mehr zu fürchten.

Was versteht man unter einer „Nahtoderfahrung“?
Nahtoderfahrungen sind Bewusstseinserweiterungen, die unter verschiedenen Umständen, insbesondere während eines Herzstillstandes, auftreten können. Ich bevorzuge die Umschreibung „vorläufiger Tod“ oder „echtes Todeserlebnis“, weil die Todeslinie in zahlreichen Fällen eigentlich schon vorübergehend überschritten wurde. Verblüffend ist die stetige Wiederkehr der übereinstimmenden Merkmale, was eindeutig auf das Leben nach dem körperlichen Tod verweist.

Warum gilt der Tod für viele noch immer als Tabuthema?
Es besteht eine große Berührungsscheu bei den Menschen, sich persönlich dem Thema Tod und Sterben anzunähern. Dadurch wird natürlich die Vergänglichkeit des Menschen verdrängt, wobei ich es als eine der wichtigsten existenziellen Fragen erachte – wer bin ich, woher komme ich, wohin gehe ich? Je mehr wir uns damit frühzeitig auseinandersetzen, umso mehr verlieren wir die Angst vor dem Sterben und vor dem Tod.

Was ist ein „Sterbeforscher“ genau, wie sieht der Alltag aus?
Schon in frühester Jugend stieß ich auf das Buch von Raymond Moody, „Leben nach dem Tod“. Es handelte sich um die erste Studie, die das Phänomen der Nahtoderfahrung einem breiten Publikum bekannt machte. Durch diese vielfältigen Berichte boten sich tiefe Einblicke in das Leben nach dem Tod. Dann erkrankten meine Eltern parallel an Krebs und verschafften mir tiefe Einblicke in die Sterbeprozesse. Das führte dazu, dass ich mich ab 1990 intensiv mit dem Sterben beschäftigt habe. Ich wollte dazu beitragen, das heutige Wissen über das Sterben bekannter zu machen. Sich mit diesen Dingen zu beschäftigen und dadurch Licht ins Dunkel zu bringen, ist die Aufgabe eines Sterbeforschers.

Push-Nachrichten auf dein Handy
MeinBezirk.at auf Facebook verfolgen
Die Woche als ePaper durchblättern
Newsletter deines Bezirks abonnieren

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.