Menschen im Gespräch
"Gott sei Dank gibt es diese Jugend jetzt"

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Die Präsidentin der Katholischen Aktion OÖ, Maria Hasibeder, über den Glauben, Reformierbarkeit der Kirche und den Kampf gegen die Klimakrise.

Maria Hasibeder war Lehrerin und Direktorin der Linzer Stelzhamerschule. Seit einem Jahr ist die 64-Jährige Präsidentin der Katholischen Aktion (KA) Oberösterreich.

Welche Rolle spielt der Glaube in Ihrem Leben?
Maria Hasibeder: Ich bin in einer Familie mit einem sehr kritischen, gesunden Glauben aufgewachsen. Insofern ist der Glaube meine Lebensgrundlage geworden, mit Vernunft und kritischem Geist, aber auch einer hohen Spiritualität.

Was fasziniert Sie daran?
Das Lebensmodell Jesu ist es wert, sich damit zu beschäftigen. Der Gemeinschaftsgeist, die Solidarität, die Anbindung an etwas Größeres, der Halt und die Orientierung: Das sind alles Werte, die einen guten Selbststand ermöglichen.

Maria Hasibeder findet Halt und Orientierung im Glauben. | Foto: BRS/Diabl
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"Es geht immer um ein gutes Leben für alle"

Sie sind sogar eine aktive Gläubige.
Das gehörte für mich immer zusammen. Das Leben und die Gesellschaft kann man nicht trennen, und den Glauben nicht vom Leben. Es geht immer um ein gutes Leben für alle. Das fordert den Gemeinschaftssinn, das Gemeinwohl, das gesellschaftliche Mitdenken. Für mich geht das eine nicht ohne das andere.

Gibt es für Sie in Linz einen besonderen Ort, den Sie mit Ihrem Glauben verbinden?
Die Pfarrkirche Froschberg ist so ein Ort, aber es ist auch das Hinausgehen in die Natur.

Sie sind seit bald einem Jahr Präsidentin der KA. Wie ist das erste Jahr gelaufen?
Es ist natürlich ein Hineinfinden in die Aufgabe. Ich habe mich im ersten Jahr sehr zurückgehalten. Ich bin heuer intensiver dabei, auch beim diözesanen Zukunftsprozess und bei unserem Schwerpunkt, der Klimakrise.

Die Kirche ist eine jahrtausendealte Institution. Welche Rolle spielt die KA darin?
Ich sehe schon eine prophetische Aufgabe in Richtung Gesellschaftsgestaltung. Damit man sich nicht in den eigenen Problemen verliert, die die Kirche ja zuhauf hat.


"Bei den Laien ist alles im Umbruch"

Wie ist Ihr Verhältnis zur Amtskirche?
Ich bin Präsidentin der Laienbewegung. Da ist auch alles im Umbruch. Wir denken darüber nach, wie das im 21. Jahrhundert gelebt werden kann. Laien fühlen sich selber verantwortlich für die Kirche und sind ein kleines Gegenüber zum Klerus, aber nicht Opposition. In der Kirchenorganisation hat die KA einen besonderen Stellenwert, weil sie von Ehrenamtlichen geführt und geleitet wird, die eine größere Denkfreiheit oder Handlungsfreiheit haben.

Wie aktionistisch ist die KA?
Die KA als Dachorganisation ist das weniger. Die Untergliederungen hingegen sind sehr aktiv und mehr oder weniger aktionistisch. Das Prinzip, aus dem Glauben heraus selbst aktiv zu werden in der Gemeindegestaltung, in der Pfarre oder auch über die Pfarre hinaus, ist schon sehr bemerkenswert.

Die Katholische Aktion will die Kirche reformieren. | Foto: BRS/Diabl
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"Ich träume von einer geschwisterlichen Kirche"

Wie ist Ihre Vision von einer reformierten Kirche?
Ich träume von einer geschwisterlichen Kirche, in der es Menschen gibt, nicht Männer, die die Gemeinschaften spirituell tragen und von denen auch Glaubenssinn ausgeht. Das können auch priesterliche Menschen sein und – davon träume ich – sicher nicht nur Männer. Wobei das jetzt nicht spruchreif ist.

Woran liegen diese starken Beharrungskräfte?
Es ist eine unglaublich lange Geschichte, die natürlich auch mit Macht und Ängsten verbunden ist. Diese patriarchale Struktur war in vielen Zeiten gang und gäbe. Jesus selber ist ja in eine patriarchale Welt hineingestoßen und hat sehr viel Revolutionäres gegenüber den Frauen gebracht. Auf dieses Konzept müsste man sich immer wieder besinnen. Einerseits geht es um die Grundlagen, andererseits um die Entwicklung der Struktur. Struktur ist notwendig und über lange Strecken eine Hilfe. Aber wenn sie sich verselbstständigt oder nicht mehr der Situation angepasst ist, dann wird sie ein Ballast.

Ist eine Organisation wie die Kirche überhaupt reformierbar?
Das hat es immer wieder gegeben. Dass man sich schwertut, ist ja nicht nur ein Problem der Kirche, das sieht man ja jetzt auch bei den Parteien. Ein System zu reformieren, das sich etabliert hat, ist ganz schwierig.

Es gäbe doch Alternativen. Warum halten Sie an der Katholischen Kirche fest?
Es sind schon die Wurzeln, die einen halten, wobei es natürlich eine Bereicherung ist, wenn man sich öffnet. Ich habe keine Berührungsängste mit den Evangelischen oder den Altkatholischen. Ich denke, wir müssen uns da wirklich auf unser Fundament beziehen und natürlich gibt es verschiedene kulturelle Ausformungen und die sollten ja möglich sein.


"Die Hoffnung stirbt zuletzt"

Aber gibt es die Kirche, die Sie sich vorstellen, nicht schon irgendwo?
Ich glaube nicht, dass es dieses Paradies gibt, in keiner christlichen Kirche. Das Christentum ist insgesamt gerade nicht sehr modern. In unserer Überfülle ist eher der Buddhismus anziehend. Ich mache auch Zen-Meditation, einfach als Methode des Stillwerdens und des sich auf weniger zu konzentrieren. Aber es passiert sehr viel Gutes. Daraus schöpfe ich die Kraft, trotzdem in der Kirche zu arbeiten mit offenem Blick auf andere. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

Die KA meldet sich immer wieder zu gesellschaftspolitischen Themen zu Wort, wie den Umgang mit Asylwerbern oder dem Klimaschutz. Sehen Sie sich als politischer Player?
Sobald man die Stimme erhebt, ist man auch politisch, aber nicht parteipolitisch. Das Klima-Thema ist jetzt wirklich brisant. Eine Lösung ist nicht ohne solidarisches Denken möglich, weil nicht alle gleich davon betroffen sind. Es kann uns aber nicht egal sein, wie es die anderen trifft oder in zwanzig, dreißig Jahren unsere Kinder und Enkelkinder.

Altbischof Maximilian Aichern hat Greta Thunberg im BezirksRundschau-Interview als moderne Prophetin bezeichnet.
Gott sei Dank gibt es diese Jugend jetzt, denn der Druck auf die Politik ist notwendig. Da müssen wir mitmischen und zwar auf breiter Ebene. Wir unterstützen die Jugend da. Es geht tatsächlich um die Zukunft unseres Planeten.

Sie gehen auch auf die Straße?
Ja. Die Politik muss aus ihrer Apathie geholt werden und sich auch etwas trauen. Die sind ja ständig auf die Umfragen aus. Wenn das Volk nicht mitgeht mit den Einschränkungen, dann werden sie es nicht tun.

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Was sind sonst noch Themen, die Ihnen wichtig sind?
Soziale Gerechtigkeit, in Würde altern, die Rechte der Kinder, Frauenrechte, Gewalt gegen Frauen, da ist die Katholische Frauenbewegung sehr stark. Der freie Sonntag ist auch ein ganz wesentlicher Punkt.


"Klimakrise an erster Stelle"

Was erwarten Sie sich von einer neuen Bundesregierung?
An erster Stelle muss tatsächlich die Klimakrise stehen und ein breites Engagement, das von dem Einzelnen gefordert ist und von Politik und Wirtschaft. Da braucht es eine ehrliche Auseinandersetzung. Da muss auch uns Bürgern ein Entwicklungsprozess zugestanden werden und den muss die Politik einleiten. Die Diözese ist da mit ihrem Zukunftsprozess vorbildlich gewesen. Ich würde mir charismatische Politiker wünschen, die die Leute mitnehmen und sagen: Ja, wir müssen das jetzt angehen, das ist für unsere Zukunft wichtig! Politiker, die ehrlich sind und nicht auf die Umfragewerte schauen.


"Ich meide diese Orte"

Es ist nicht mehr lange bis Weihnachten. Wie empfinden Sie den Sinn dieses Festes zwischen "Xmas-Shopping" und Punschstand?
Ich meide diese Orte. Da muss ich mich einfach schützen. Das ist für mich nicht die Qualität von Weihnachten. Ich als Oma möchte unseren Enkelkindern nicht noch mehr Konsum vermitteln. Gemeinsam spielen, Zeit miteinander verbringen. Da gibt es so viele Möglichkeiten. Was mir wichtig ist, im Zusammenhang mit der Klimakrise: Weniger, und dafür Qualitätsware, nachhaltig, schauen, wo es herkommt, wer es gemacht hat. Geschenke sollen ja eigentlich dem guten Leben dienen. Wir müssten uns auch erlauben, einmal nichts zu schenken, wenn einem nichts einfällt. Weihnachten geht es darum, damit mehr Liebe in die Welt kommt und nicht damit wir mehr konsumieren können.

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