Lehrer sollen Schatzsucher, nicht Defizitfahnder sein

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Beim runden Tisch der BezirksRundschau zur Aktion LehrerIn fürs Leben diskutierte ein hochkarätig besetztes Podium über Bildungsthemen

Die Schule der Zukunft braucht mehr Freiraum und Autonomie, muss flexibel und individuell auf die Bedürfnisse unserer Jugendlichen eingehen können und insgesamt praxisrelevanter sein. Eine Schule dieser Qualität ist nur mit engagierten Pädagogen möglich, war die einhellige Meinung der Diskutanten.
(cdw). Bildungslandesrätin Doris Hummer fordert mehr organisatorischen Freiraum und eine Entrümpelung der Lehrpläne. Mir ist es egal, ob eine Schulstunde 45 Minuten oder eineinhalb Stunden dauert. Es braucht personelle, organisatorische und finanzielle Autonomie für die Schulen, sagt die Landesrätin.

Der Direktor als Manager
Ähnlich sieht das Joachim
Haindl-Grutsch, Geschäftsführer der Industriellenvereinigung OÖ: Schulautonomie ist das Gebot der Stunde. Es zeigt sich, dass Länder, die beim PISA-Test vor uns liegen, selektiv die besten Lehrer auswählen. Es braucht daher leistungsorientierte Förderung und Bezahlung. Die Kompetenz für die Auswahl der richtigen Lehrer für die jeweilige Schule sollte beim Direktor liegen, der sich als Manager ohne Parteieinfluss sein eigenes Team zusammenstellt.
Im Vergleich zu anderen EU-Staaten verdienen Österreichs Lehrerinnen und Lehrer nur mäßig: Während ein Pädagoge in Luxemburg durchschnittlich auf 100.000 Euro brutto im Jahr kommt, sind es in Deutschland 55.000 Euro, in Österreich nur 40.000 Euro. Braucht es eine bessere Bezahlung, um die Lehrer zu Höchstleistungen zu motivieren? Gute Lehrer sollen vernünftig entlohnt werden, aber man sollte Motivation und Wertschätzung nicht auf die Entlohnung reduzieren, sonst arbeitet man am Thema Schule vorbei, sagt Ludwig Scharinger, Generaldirektor der Raiffeisenlandesbank OÖ.
Viel wichtiger wäre es, ein souveränes Schulmanagement zu haben, das Schulleitung, Lehrer, Elternverein und die Kinder einbinde. Natürlich wird zu viel vorgegeben und verplant, aber man sollte das System nicht generell krankjammern, meint Scharinger. Was mir allerdings große Sorgen macht, ist nicht der PISA-Test, sondern, dass 20 Prozent der Pflichtschulabsolventen nicht sinnerfassend lesen können. Hier muss schnell etwas passieren, weil diese Jugendlichen nur schwer einen Job bekommen und die Arbeitslosen von morgen sind.
Vor diesem Hintergrund fordert Herwig Siegl, Bildungspolitik-Leiter der Wirtschaftskammer OÖ, dass Kinder zu Schulbeginn wirklich schulreif und als Pflichtschulabsolventen weiterbildungsfähig sind. Zur Schulreife trage die sehr gute Kindergartenbesuchsquote in Oberösterreich bei. Um diese gute Bildungsvoraussetzung zu nutzen, sei bis zum Ende der Schulpflicht ein Qualitätsmanagement notwendig. In gewissen Pflichtgegenständen brauchen wir Mindeststandards, die verpflichtend eingeführt werden sollten. Die Erreichung dieser Standards sollte extern kontrolliert werden, sagt Siegl, der sich auch wünscht, dass Lehrer von Defizitfahndern zu Schatzsuchern werden, also Talente und Begabungen fördern.
Arbeiterkammer-Direktor Josef Moser sieht unser Schulsystem noch immer zu sehr der Auslese und Bestrafung verhaftet.
Es hängt von den Lehrern ab, ob sie bereit sind, Schüler mit Defiziten zu fördern und zu motivieren. Nur so könne die hohe Zahl schwer vermittelbarer Pflichtschulabgänger verringert werden.
Für IV-OÖ-Geschäftsführer Joachim Haindl-Grutsch ist das österreichische Schulsystem nur noch in zwei Teilbereichen Weltklasse bei der HTL-Ausbildung und bei der Lehre. Überall dort, wo das System offen ist, die Wirtschaft mit an Bord ist, wo der Austausch funktioniert, haben wir ein sehr gutes System.
Nicht mehr Einfluss der Wirtschaft, sondern insgesamt mehr Praxis- und Gesellschaftsrelevanz im Unterricht fordert RLB-OÖ-Generaldirektor Ludwig Scharinger: Die Lehrer sollten den Kindern am Ende der Schulpflicht eine sichere Orientierung geben können, wohin es geht. Zusätzlich sei es wichtig, individuelle Schwerpunkte zu setzen: Die Lehrer müssen herausfinden, wo die Talente sind. Wenn ein Kind in einem Bereich sehr begabt ist, dann sollte es dort mehr lernen, in einem anderen Bereich, wo es schwächer ist, weniger. Es geht darum, Stärken zu fördern und nicht an den Schwächen herumzunörgeln, sagt Scharinger. Bildungslandesrätin Doris Hummer unterstreicht diese Forderung: Es darf nicht so sein, dass sich die Schüler auf ihre Schwächen konzentrieren. Es geht um die Stärken. Auch im Sport trainiert man dort, wo man gut ist.
Um all diese Wünsche auch umsetzen zu können, braucht es nicht zuletzt eine Aufwertung des Lehrerberufs, wie sie auch im Bildungsvolksbegehren gefordert wurde. Es sollte gezielt in die Ausbildung der Lehrer investiert werden. Zusätzlich müssen die Arbeitsbedingungen an den Schulen verbessert werden, sagt AK-OÖ-Direktor Josef Moser.
Nicht zu unterschätzen sei auch die Wertschätzung, die unsere Gesellschaft den Lehrern entgegenbringe. Aktionen wie LehrerIn fürs Leben zeigen auf, dass an unseren Schulen auch sehr viel Positives passiert, dass es viele gute Lehrerinnen und Lehrer gibt.

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