Sommergespräch
Schobesberger: "Bäume in Trögen sind besser als nichts"

Für Grünen-Stadträtin Eva Schobesberger ist die Mitfinanzierung der Autobahnprojekte in Linz noch nicht "gegessen".   | Foto: BRS/Diabl
2Bilder
  • Für Grünen-Stadträtin Eva Schobesberger ist die Mitfinanzierung der Autobahnprojekte in Linz noch nicht "gegessen".
  • Foto: BRS/Diabl
  • hochgeladen von Christian Diabl

Eva Schobesberger über Türkis-Grün, Topfbäume und den Grüngürtel-Schützer Markus Hein.

LINZ. Eva Schobesberger (44) ist seit 2009 für die Grünen in der Stadtregierung und aktuell für Bildung, Frauen und Naturschutz zuständig.

Was ist Ihnen aus der ersten Zeit der Corona-Krise besonders in Erinnerung geblieben?
Dieses eigenartige Gefühl daheim zu bleiben, und nur rausgehen, wenn man dringend etwas zu erledigen hat. Insgesamt war diese Stille in der Stadt sicher das eindrücklichste für mich.

Wie hat sich die Stadt bislang in der Krise geschlagen?
Während es auf politischer Ebene ja in erster Linie darum gegangen ist, die Entscheidungen des Bundes und Landes umzusetzen, haben unsere Mitarbeiter wirklich Außergewöhnliches geleistet. Im Geschäftsbereich Gesundheit und Sport oder auch in der Behörde wurde praktisch von jetzt auf gleich rund um die Uhr gearbeitet, auch an den Wochenenden. Aus allen anderen Geschäftsbereichen haben sich Mitarbeiter vom ersten Tag an freiwillig gemeldet, um die Kollegen zu unterstützen. Mitarbeiter des Ordnungsdienstes haben sehr professionell an den Eingängen der Rathäuser erste Informationsgespräche mit Bürgern geführt. In meinem Bereich waren in der Kinderbetreuung alle hoch engagiert. Eine Challenge für mich war die Auseinandersetzung mit dem Bürgermeister, der darauf beharrt hat, nach dem Lockdown nicht alle Kindergärten wieder zumindest eingeschränkt zu öffnen, sondern nur zwanzig. Ich war sehr froh, dass wir alle aufmachen haben können.

Was halten Sie von Maßnahmen wie dem Solidaritätsfonds?
Das waren schon sinnvolle Maßnahmen, die ich auch alle mitgetragen habe. Beim Solidaritätsfonds habe ich reinreklamiert, dass man auch Sonderausgaben für Home-Schooling geltend machen kann. Wir haben es über die VHS auch geschafft, dass es via Internet Lernunterstützung, für Kinder gibt, die es gebraucht haben.


"Frauen sind massiv betroffen"

Auch in Linz sind besonders Frauen von der Corona-Krise betroffen.
Wir wissen mittlerweile, dass Frauen massiv von Einkommensverlusten betroffen sind. Frauen arbeiten viel in systemrelevanten Berufen, wo man ihnen zugeklatscht hat. Das sind prekäre wie zum Beispiel der Reinigungsdienst. Ich glaube, dass die Stadt da selber Handlungsbedarf hat und das Konzept der Fremdreinigung überdenken soll. Ich will nicht allen Firmen, die das anbieten, unterstellen, sie würden die Leute ausnutzen, aber als sozial denkende Stadt muss man das Grundprinzip hinterfragen.

Seit unserem letzten Sommergespräch ist ein Jahr vergangen, in dem sich auch bundespolitisch viel verändert hat. Wie zufrieden sind Sie mit Türkis-Grün?
Ich bin sehr froh, dass der Einfluss auf Türkis jetzt Grün heißt und nicht mehr Blau, sonst wäre das katastrophal gewesen. Rudi Anschober agiert sehr besonnen und macht trotz Fehler einen guten Job. Auch, dass es eine Fehlerkultur gibt, finde ich gut.

Wie hat sich Linz abgesehen von Corona entwickelt?
Wahnsinnig viel Entwicklung nehme ich nicht wahr. Es hat Ankündigungen gegeben, wo dann nichts passiert ist.

Linz versucht, Klimahauptstadt zu werden. Sehen Sie das auf einem guten Weg?
Grundsätzlich finde ich es positiv. In unseren Bereichen ist auch etwas weitergegangen, wie Stadtklimatologe und Stadtklimaanalyse zeigen. Weniger zuversichtlich stimmt mich, wenn der Bürgermeister wieder sagt, man muss bei der Kepler-Uni umwidmen. Da hat man noch nicht verstanden, worum es geht.  

Die Fabasoft-Pläne hat Vizebürgermeister Markus Hein gestoppt. Ist er jetzt der Grüngürtel-Schützer in Linz?
Das ist keine durchgängige Haltung, wie man beim Minigolfplatz am Freinberg gesehen hat. Was immer noch nicht vom Tisch ist, sind die 180.000 Quadratmeter in Pichling. Da geht es um die Umwidmung von einem wichtigen und großen Grünraum-Areal, direkt angrenzend an das Natura2000-Gebiet.


"Klimaschutz ist eine Notwendigkeit"

Die Corona-Krise ist auch eine Wirtschaftskrise, es gibt Rekord-Arbeitslosenzahlen, riesige Budgetlöcher. Kann man sich da Klimaschutz überhaupt noch leisten?
Das ist einfach eine Notwendigkeit. Wenn wir das nicht in Angriff nehmen und unseren Lebensraum zerstören, dann gibt es langfristig kein Leben mehr. Außerdem ist im Klimaschutz weniger oft mehr. Weniger Grünraum verbauen kostet nichts.

Trotzdem werden Spardiskussionen kommen. Wo könnte gespart werden?
Die Autobahn-Projekte, die jetzt gerade im Bau sind, kosten eine Milliarde Euro.

Aber das ist schon gegessen.
Aus meiner Sicht ist noch nicht gegessen, dass man das weiterbaut. Und gar nicht gegessen ist, dass die Stadt das mitfinanziert, obwohl sie keine Zuständigkeit hat. Selbst wenn man die Projekte befürwortet, muss man es finanzpolitisch sehr kritisch sehen, dass die Stadt Bundesprojekte subventioniert und nicht umgekehrt das Geld für Öffi-Projekte vom Bund holt.

Eva Schobesberger wird die Linzer Grünen als Spitzenkandidatin in die Gemeinderatswahl 2021 führen. | Foto: BRS/Diabl
  • Eva Schobesberger wird die Linzer Grünen als Spitzenkandidatin in die Gemeinderatswahl 2021 führen.
  • Foto: BRS/Diabl
  • hochgeladen von Christian Diabl

Das 1-2-3 Ticket wird von SPÖ und FPÖ kritisiert. Hat ein günstigerer Fahrpreis einen Sinn, wenn es die Infrastruktur gar nicht gibt, mehr Menschen zu transportieren?
Die Argumentation geht vollkommen ins Leere. Linz ist ja das beste Beispiel wie gut das funktioniert, wir haben ja schon eine vergünstigte Jahreskarte für Linz. Mit unserem Umweltticket sind wir sehr günstig unterwegs und haben gezeigt, dass es funktioniert. Wir haben die Zahlen tatsächlich verdreifacht.

Aber jetzt stehen wir an.
Ja, aber wir reden ja vom Österreich-Ticket. Wir sprechen da Leute an, die in erster Linie weitere Strecken zurücklegen. Da geht es nicht um den lokalen Verkehr. Für bestimmte Pendler, die nur in OÖ unterwegs sind, bringt es sogar eine Vergünstigung, weil diese Strecke mehr als 1.090 Euro kostet. Das ist ein Riesenschritt und ein Meilenstein. Und das eine schließt ja das andere nicht aus. Natürlich braucht es gleichzeitig auch einen Ausbau des öffentlichen Verkehrs und ich würde mir wünschen, dass sich gerade unser Bürgermeister und der Verkehrsreferent in eine konstruktive Richtung bewegen.


"Die Seilbahn ist ein unausgegorenes Projekt"

Zweites Konfliktthema mit der grünen Ministerin ist die Seilbahn. Unterstützen die Grünen die Bemühungen um eine Finanzierung?
Da geht es nicht einmal um einen Konflikt. Da gibt es ein unausgegorenes Projekt, das zwei nach Wien geschickt haben, wo sogar der eigene Parteikollege auf Landesebene (Infrastruktur-Landesrat Günther Steinkellner, Anm.) sagt, dass er das eigentlich nicht prioritär sieht. Zu sagen, wir haben uns das zwar noch nicht fertig überlegt, wissen nicht wie das im Gesamtgefüge funktionieren soll, aber wir wollen jetzt einmal eine fixe Finanzierungszusage vom Bund, ist absurd.

Stichwort autofreier Hauptplatz und Rad-Aktion auf der Nibelungenbrücke: Auch grüne Gemeinderäte sind da mitgefahren. Grüne haben das unterstützt. War das ein schlauer Zeitpunkt?
Das will ich gar nicht bewerten. Wir haben das nicht organisiert und ich will anderen nicht ausrichten, was gescheit ist und was nicht. Zu sagen, das wäre der Grund, warum der autofreie Hauptplatz nicht funktioniert, ist absurd. Wenn man Dinge im Verkehrsbereich ernst meint, das kennt man von größeren Baustellen, dann dauert es zwei, drei Wochen bis sich der Verkehr neu ordnet und einpendelt.


"Ich will nicht, dass irgendwer im Stau steht"

Trotzdem: Fehlt den Grünen die Empathie für im Stau stehende Autofahrer?
Den Zusammenhang kann ich nicht nachvollziehen. Natürlich tun mir die Leute leid, die in unangenehmen Situationen sind. Ich will nicht, dass irgendwer im Stau steht, darum setzen wir uns auch für den Ausbau des öffentlichen Verkehrs ein, damit die Leute eine gute Möglichkeit haben, entspannt in die Stadt zu kommen.

Die Bäume am Hauptplatz sind, was ihre Wirkung betrifft, umstritten. Auch die Grünen haben sich davor fotografieren lassen.
Ich stehe dazu und finde es nach wie vor wichtig. Es ist kein 1 A-Klimaprojekt, als solches darf man es auch nicht sehen. Es geht um Bewusstseinsbildung. Man sieht wie Bäume ein Stadtbild positiv verändern. Am Hauptplatz ist es aufgrund des Bunkers und der Tiefgarage schwierig, erdverwurzelte Bäume zu pflanzen. Bäume in Trögen sind besser als nichts.

In einem Jahr wird gewählt. Was ist ihr Ziel?
Ich glaube tatsächlich, dass es für die Stadt wichtig ist, dass sich die Mehrheitsverhältnisse ändern, vor allem klima- und verkehrspolitisch. Mit diesem Ziel gehen wir auch in die Wahl.

Für Grünen-Stadträtin Eva Schobesberger ist die Mitfinanzierung der Autobahnprojekte in Linz noch nicht "gegessen".   | Foto: BRS/Diabl
Eva Schobesberger wird die Linzer Grünen als Spitzenkandidatin in die Gemeinderatswahl 2021 führen. | Foto: BRS/Diabl
Anzeige
Foto: Cityfoto
8

Innovationen von morgen
"Lange Nacht der Forschung“ am 24. Mai

Unter dem bundesweiten Motto „Mitmachen. Staunen. Entdecken.“ bietet Oberösterreich bei der elften Auflage der Langen Nacht der Forschung 2024 (#LNF24) am Freitag, 24. Mai 2024 von 17 bis 23 Uhr ein breit gespanntes LIVE-Programm. In zehn Regionen in Oberösterreich laden rund 140 Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Technologiezentren und innovative Unternehmen dazu ein, einen Blick in die faszinierende Welt der Forschung zu werfen. Auf Entdecker:innen jeden Alters wartet ein...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Linz auf MeinBezirk.at/Linz

Neuigkeiten aus Linz als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Linz auf Facebook: MeinBezirk.at/Linz - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Linz und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.