"Ich bin schon glücklich, wenn ich den Spatenstich zusammenbringe"

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Bei der Inanspruchnahme der Väterkarenz schaut es in Österreich noch eher düster aus. Welchen Gestaltungsspielraum gibt es für die Politik?
Die Möglichkeiten gibt es schon seit Jahren. Die Neuregelung des Karenzgeldes in der Regierung Schüssel hat die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen. Aber man kann niemanden zwingen. Ich sehe das als Angebot an. Das zarte Pflänzchen beginnt zu wachsen.

Der Trend geht jetzt mehr in Richtung kürzere Karenzzeiten.
Ja. Ich denke, Kinder brauchen fixe Bezugspersonen. In der SPÖ gibt es viele Personen, die das Karenzgeld auf zwölf Monate kürzen wollen. Denen geht es in Anführungszeichen nur um die Mutter. Mir geht es in erster Linie um das Kind. In den meisten Fällen ist eine fixe Bezugsperson besser. Und das sind nun einmal Mutter oder Vater. Aber das Umdenken in den Betrieben setzt bereits ein.

Inwieweit?
Der Landespolizeikommandant von Oberösterreich nimmt die Väterkarenz in Anspruch.

Sind aber solche Leuchtturmbeispiele nicht überbewertet?
Ich würde es nicht unterbewerten oder überbewerten. Wenn der Landespolizeikommandant, also einem Bereich, in dem viele Männer arbeiten, in Karenz geht, zeigt er, dass im Polizeiapparat ein Zeichen gesetzt wird. Diese Markierung hat doch einen gewissen Stellenwert.

Was ist Ihrer Meinung nach wichtiger: Geld- oder Sachleistungen für Familien?
Beides. Bei den Sachleistungen sind wir mit dem beitragsfreien Kindergarten sehr weit gegangen. Das war eine große Nummer, die Oberösterreich geschafft hat. Die Familienleistungen in Österreich sind in Summe gut.

Die 7000 Euro Steuerfreibetrag pro Kind sind derzeit vom Tisch, wie es scheint.
Das ist eine offene Forderung der ÖVP, die von Maria Fekter mitgetragen wurde. Diese muss bei einer Steuerreform definitiv diskutiert werden. Bei einem Alleinverdiener mit vier Kindern macht das dann schon mal 35.000 Euro aus.

Es heißt oftmals, dass Familien in der Bundespolitik keine Lobby haben.
Das stimmt so nicht. Es gibt Familienorganisationen, die sich absolut regelmäßig zu Wort melden. Ob das der katholische Familienverband ist oder der Familienbund – auch die Kinderfreunde haben ja das Kindeswohl im Auge. Zudem gibt es Bundesländer die mehr für Familien machen. Auch Oberösterreich macht viel für die Familien. Wir können nicht alle Probleme lösen, aber mit vielen Einzelmaßnahmen in konkreten Situationen helfen. Familie zu haben ist eine Gnade. Kinder zu haben ein Glück.

Dennoch, die Fertilitätsrate ist in Österreich sehr niedrig.
Das stimmt. Mit 1,55 Kindern pro Frau liegen wir in Oberösterreich zwar über dem Österreichschnitt, aber wir bräuchten zwei um uns am Leben zu erhalten. In Oberösterreich haben wir in Spitzenzeiten 25.000 Geburten pro Jahr gehabt. Jetzt grundeln wir bei 13.000, 14.000 herum. Das ist zwar ein stabilier Wert, aber zu wenig.

Stichwort Betreuungseinrichtungen. Bei der Kinderbetreuung der Unter-drei-Jährigen hinkt Oberösterreich hinterher.
Bildungslandesrätin Doris Hummer hat hier seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2009 einiges weitergebracht. Die Zahlen gehen ständig nach oben. Zudem ist Oberösterreich ein Flächenbundesland in dem wir Gemeinden haben mit 500, 600, 700 Einwohnern und da kann man die Kinderbetreuung beispielsweise für zweijährige Kinder nur schwer aufstellen. In den größeren Gemeinden haben wir eh kein Thema. In den kleineren Gemeinden haben wir ja auch noch andere familiäre Strukturen. Da muss man halt mit anderen Betreuungsmodellen, beispielsweise Tageseltern, arbeiten. In Linz bring ich immer eine Lösung zusammen. Man darf die Bedarfssituation ja auch nie aus den Augen lassen.

In welchem Bereich der Familienpolitik sehen Sie in Oberösterreich noch Handlungsbedarf?
Bei der Elternbildung. Der Bereich wurde von der SPÖ stark bekämpft, weshalb wir ihn mit den Grünen durchgesetzt haben. Wir sehen, dass dieser Bereich sehr stark boomt. Das Thema Elternbildung ist vielen jungen Leuten ein Anliegen. Mit unseren Elternbildungsgutscheinen haben wir schlagartig flächendeckend viele Angebote geschaffen. Es kommt ja niemand als Vater oder Mutter zur Welt. Viele Menschen haben das Interesse mit Gleichgesinnten zusammenzutreffen. Auf dem Weg bleiben wir drauf. Auch die Spielgruppen und Eltern-Kind-Zentren entwickeln sich prächtig. Das ist auf geänderte familiäre Verhältnisse zurückzuführen.

Meistens sind es die Mütter, die in diese Zentren gehen und nicht die Väter. Das zeigt doch noch immer das traditionelle Familienbild in Oberösterreich.
Ich will die Menschen nicht verändern, sondern Wahlmöglichkeiten geben. Die Lebensweise soll jeder so gestalten, wie er will.

Wie familienfreundlich sind Oberösterreichs Betriebe?
Da machen wir zurzeit Schwerpunktaktionen. Bei diesen machen wir den Betrieben klar, dass die Arbeitskräftesuche in der Zukunft schwieriger wird. Und wir machen ihnen klar, dass sie die Rahmenbedingungen so gestalten müssen, dass sich Beruf und Familie vereinbaren lassen. Das Land Oberösterreich ist hier als Arbeitgeber vorbildhaft. Beispielsweise nehmen Mitarbeiter in Karenz am Bildungsprogramm teil.

Und ist den Arbeitgebern die Situation bewusst?
Viel mehr, als ich mir ursprünglich gedacht habe. Die Betriebe machen das ja auch für sich selber. So bekommen sie gute, qualifizierte Mitarbeiter.

Sie haben gesagt, dass Sie 2015 nicht mehr antreten werden und dass sie noch gerne als Landesrat den Spatenstich für den Westring vornehmen wollen. Wie realistisch ist Zweiteres?
Von dem gehe ich aus. Ich bin jetzt fast 20 Jahre lang Baureferent und habe ebenso lange mit dem Westring zu tun. Der Westring ist ein ungemein schwieriges, ein ungemein forderndes und ein ungemein teures Projekt. Wir sind jetzt aber knapp an der Startlinie. Am Laufen ist derzeit der Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung.

Wann erwarten Sie den Bescheid?
In den nächsten Wochen. Auf jeden Fall noch vor dem Herbst. Danach kommen Materienverfahren – wie Wasserrecht und Naturschutz – die aber bei uns liegen, also bei Stadt und Land. Danach folgen die restlichen Grundeinlösen und schlussendlich die Bauausschreibung. Ich gehe davon aus, dass wir im zweiten Halbjahr 2015 den Spatenstich für die Brücke haben. Ministerin Doris Bures hat mir bestätigt, dass dieser Zeitplan halten müsste. Ich hätte mir zwar erwünscht, dass die Eröffnung des Westrings in meiner Zeit als Landesrat passiert, den Wunsch muss ich an das Christkind weitergeben. Ich bin schon glücklich, wenn ich den Spatenstich zusammenbringe.

Sie sagen, der Westring ist ein teures Projekt. Rechnet sich der Westring überhaupt?
Die Frage muss man anders stellen. Wie will man in Linz über die Donau kommen? Und wie die Mühlviertler nach Linz?

Mit dem Wassertaxi.
(lacht). Naja, das ist ein interessanter Vorschlag. Aber wenn, dann nur für eine begrenzte Anzahl von Menschen praktikabel. Wir haben Zeiten, da braucht man 20 Minuten über die Nibelungenbrücke. Wir haben da also ein Nadelöhr. Mit dem Westring haben wir ein Projekt, bei dem der Verkehr an der Stadt vorbeigeschleust wird. Der Westring ist ein Entlastungsprojekt. Gegner gibt es bei jedem Projekt. Wenn Sie Kollegen Entholzer fragen wie es ihm geht mit der Straßenbahn Richtung Pregarten: Die gleichen Leute, die gegen die S10 sind und für öffentlichen Verkehr sind, wettern gegen das Straßenbahnprojekt und sagen ,nicht bei mir'. Es ist ganz schwer geworden, große Projekt überhaupt noch abzuwickeln.

Stichwort Eisenbahnbrücke. Die Landes-ÖVP hat sich betont zurückgehalten bei der Diskussion, während die Stadt-VP sich vehement für den Erhalt einsetzt.
Ich nehme zur Kenntnis, dass die Positionen von den Parteien in der Stadt besetzt sind, wie sie nun einmal sind. Für alles gibt es gute Argumente. Mir ist wichtig, dass es eine Lösung gibt. Der Abbruchbescheid vom Denkmalamt liegt jedenfalls auf dem Tisch.

Die geplante Pkw-Maut in Deutschland erregt die Gemüter.
Ich bin ganz klar für das System, wie wir es mit der Vignette für Autobahnen in Österreich haben. Ich bin mir sicher, dass der Vorschlag aus Bayern nicht durchgehen wird. Es fahren ja viele Menschen von Bayern nach Oberösterreich und umgekehrt und ich halte das Unterfangen für verunglückt. Einer etwaigen Klage in Brüssel würden wir uns sofort anschließen.

Sie sind auch Personalreferent. Wo sehen Sie noch Einsparpotenzial in der Landesverwaltung.
Ich habe ein breites Sparprogramm bereits hinter mir. Doch der Druck auf die Mitarbeiter ist teilweise unterträglich. Bei heiklen Verfahren, beispielsweise Genehmigungsverfahren, werden viele Ressourcen gebunden. Da kommen wir personell an den Rand. Jetzt muss man daher bei der Verwaltung eine Verschnaufpause einlegen und ein paar Jahre lang nichts tun. Unsere Personalkosten sind von 2010 bis heute de facto nicht gestiegen. Und in gewissen Bereichen darf man einfach beim Personal nicht sparen, etwa bei der Pflege, bei der Kinderbetreuung oder im Sozialbereich.

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