"Für jeden Linzer einen Baum"

LINZ (jog). Spaziergänge durch den Wald, auf der Wiese in der Sonne liegen, Picknick im Grünen: Für Stadtmenschen ist Natur ein wesentlicher Faktor für Lebensqualität. In Linz stehen der Öffentlichkeit rund 400 Hektar Park- und Grünanlagen kombiniert mit 103 Kinder- und Jugendspielplätzen sowie 700 Hektar Wald zur Verfügung. 47,2 Prozent beträgt der Grünland- und Waldanteil – ein Spitzenwert im Hauptstädte-Vergleich. Dennoch fordern Bürgerinitiativen im Schulterschluss mit Umweltanwalt Martin Donat 200.000 neue Bäume im Stadtgebiet – für jeden Linzer einen. "Der Schein trügt. Grünplanung ist in Linz ein Fremdwort", sagt Donat. "In der Inneren Stadt haben wir gerade einmal 6,5 Prozent Grünanteil, im Neustadt-Viertel sogar nur 2,9 Prozent", sagt Werner Hudelist vom Verein "Lebenswerter Hessenplatz und Umgebung".

"In keiner Stadt gibt es vor jeder Haustür jenen Privatgarten, den sich die Initiativen vorstellen."

Stefan Giegler, SPÖ-Gemeinderatsvorsitzender

Die Innenstadt würden immer mehr Grünflächen verlieren und zu einer "Betonwüste" verkommen. Augenscheinliche Beispiele: In den letzten Jahren wurden etwa am Martin-Luther-Kirchenplatz oder im Dompark durch Umgestaltungen Grünflächen und Bäume entfernt. "Diese öffentlichen Plätze wurden in Kooperation mit Privaten so gestaltet, dass eine vielfältige Nutzung für die Linzer möglich ist, Stichwort Klassik am Dom", sagt SPÖ-Gemeinderatsvorsitzender Stefan Giegler.

Initiativen formieren sich

In den letzten Monaten häufen sich die Konflikte rund um städtische Grünflächen – das Tiefgaragenprojekt unter dem Andreas-Hofer-Park, die Neuausrichtung im Hessenpark oder Hochhausprojekte in Urfahr sind Bürgern ein Dorn im Auge. Die daraus entstandenen Initiativen wollen sich künftig stärker vernetzen und gemeinsam für eine grünere Stadtplanung eintreten. "Wir fordern eine rechtlich verbindliche, zeitgemäße Stadt- und Grünraumplanung. Das bedeutet eine fixe Festlegung in den Bebauungsplänen. Begrünung und Baumpflanzung soll in Bauverfahren von der Behörde eingefordert werden", so Donat. Ein Weißbuch "Grün in der Stadt Linz" soll außerdem den Umgang mit Stadtgrün in der Stadtplanung, bei Verfahren und Projekten verbindlich und transparent festlegen.

Stiefmütterchen und Büsche

"Immer wieder sehen wir verstümmelte Bäume. Oft sind es Wohnungsgenossenschaften, die fachfremde Billigstanbieter beauftragen, sie zurückzuschneiden. Der Funktionswert eines 100-jährigen Baumes entspricht der Neupflanzung von 5.400 Jungbäumen. Professionelle Pflege ist daher ein Muss", sagt Welf Ortbauer von der Baumrettungsinitiative Linz. Stiefmütterchen und Büsche wären zwar auch grün, brächten aber nur sehr wenig. "Ich kenne Fälle, wo in einem Kindergarten ein alter Baum umgeschnitten wurde, weil die Gefahr zu groß war, dass Kinder über seine Wurzeln stolpern. Um die Natur zu erleben, fahren sie dann extra in einen Waldkindergarten", so Ortbauer. „Die Promenadentiefgarage ist ein perfektes Beispiel, wie weniger Autos auf der Oberfläche ein schöneres Stadtbild und eine kleine Freizeitoase in der City bei gleichzeitig genügend Parkraum möglich machen“, entgegnet Giegler. Der Citypark wäre früher eine unfreundliche Pkw-Abstellfläche gewesen und entwickle sich aber ebenso zu einem beliebten Treffpunkt wie der Stadtpark.

Umfrage: "Ist die Stahlstadt grün genug?" in der Bildergalerie

Grünanteile in den Stadtteilen

70 bis 80 Prozent:
• Pöstlingberg
• Dornach-Auhof
• Ebelsberg

50 bis 70 Prozent:
• Pichling
• St. Magdalena

30 bis 50 Prozent:
• Froschberg
• Kleinmünchen-Auwiesen

10 bis 30 Prozent:
• Urfahr
• Franckviertel
• Spallerhof
• Bulgariplatz
• Bindermichl-Keferfeld
• Neue Heimat

6,5 bis 10 Prozent:
• Innere Stadt
• Kaplanhof
• Industriegebiet-Hafen

Unter linz.at/baumpflege.asp können Details zu Baumbeständen abgerufen werden. Dazu wurde der Baumkatasters mit Luftbildern verknüpft.

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