Niederösterreich
Bevölkerung reagiert sensibler auf Gewalt zuhause
Am 14. Februar ist nicht nur Valentinstag, sondern auch der Tag, an dem mit der Aktion "One Billion Rising" ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Kindern gesetzt wird. Alexander Grohs und der Verein Neustart leisten ihren Beitrag gegen Gewalt zuhause.
ST. PÖLTEN/NÖ. Alexander Grohs leitet den Verein Neustart mit Sitz in St. Pölten. Ihm und seinem Verein kommt eine wichtige Rolle in der Gewaltprävention in der Gesellschaft zu. Denn der Verein arbeitet mit Opfern und Tätern gleichermaßen.
BEZIRKSBLÄTTER: Wie verhält es sich mit Gewalt in Niederösterreichs Beziehungen?
ALEXANDER GROHS: Rückblickend für 2023 haben wir im Rahmen der Gewaltpräventionsberatung 2.543 Gefährderinnen und Gefährder nach einem verhängten Betretungs- und Annäherungsverbot landesweit betreut.
Wie ist diese Zahl zu sehen?
Mit 2.543 Fällen ist die Zahl gegenüber 2022 gestiegen. Das muss aber nicht zwangsläufig heißen, dass die Gewalt steigt, sondern kann auch heißen, dass die Opfer eher Hilfe suchen. Wobei die Tendenz klar ist: es bewegt sich immer bei rund 90 Prozent, dass Männer ein Betretungs- und Annäherungsverbot erhalten.
Gibt es Hotspots, die herausstechen?
Wir haben Bezirke, wo wir fast 300 haben. Der stärkste Bezirk ist Baden mit 262 Personen (Jahr 2023), oder Mödling mit 170 (Jahr 2023). Und es gibt Bezirke – vor allem im Waldviertel – wo die Zahlen relativ gering sind. Zum Beispiel Waidhofen/Thaya mit 14 oder Zwettl mit 20. Es gibt eine gewisse Bandbreite im Bundesland. Das hängt natürlich auch mit der Bevölkerungsdichte zusammen, oder ob es urbaner oder nicht urbaner Raum ist.
Wer alarmiert die Polizei?
Dank Sensibilisierungsarbeit von Polizei, Politik und Opferschutz informieren auch Zeugen und Angehörige die Polizei. Je mehr Menschen auf engerem Raum zusammenkommen, desto mehr fällt es natürlich auf. Steht man vor einem Einfamilienhaus irgendwo am Land, wird hingegen das Umfeld nicht handeln können, wenn nicht das Opfer aktiv wird. Die Tendenz ist früher leider als Privatsache behandelt worden. Hier haben wir Gott sei Dank eine andere Tendenz. Die Sensibilität steigt in der Bevölkerung.
Wie weit tragen sicherheitspolizeiliche Fallkonferenzen zur Sicherheit in Beziehungen bei?
Man geht davon aus, dass bei allen Betretungs- und Annäherungsverboten zirka zwei bis vier Prozent in den Bereich Hochrisikofälle fallen. Zum Großteil werden sie bei diesen Fallkonferenzen erkannt und entschärft. Zum Beispiel als ein Gefährder vor einem Frauenhaus auftauchte, um seiner Partnerin aufzulauern. In diesem Fall war eine Maßnahme, die Frau in einem Frauenhaus in einem anderen Bundesland aufzunehmen. Damit war die Sicherheit hergestellt.
"Das Gewaltschutzgesetz gibt es schon seit über 25 Jahren in Österreich. Immer wieder mit Adaptionen und das ist eine der großen Stärken."
Gibt es noch Potential, um beim Schutz für Frauen und Kinder nachzujustieren?
Es wird viel gemacht. Im Vorjahr wurde das vorläufige Waffenverbot in Verbindung mit einem Betretungs- und Waffenverbot verhängt. Vorhandene Waffen werden automatisch abgenommen. Ein wichtiger Beitrag zum potentiellen Schutz von Opfern. Was man weiterentwickeln könnte, wäre der gesellschaftliche Diskurs. Vor allem im Hinblick auf die Thematiken Männlichkeit, Männergewalt und Patriarchat. Das ist leider zeitgemäß, sonst wäre es nicht da.
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