Krankenseelsorge
"Wir begleiten, missionieren aber nicht"
Gebete, Salbung und Gespräche: Coronabedingt hat sich auch die Krankenseelsorge verändert.
NÖ. Immer abhängig vom Wunsch und den Bedürfnissen des Patienten sind die Seelsorger in den Krankenhäusern im Einsatz. Christiane Schalk, Leiterin des Referats Krankenseelsorge, über das Weinen, den Tod und den Weg zu Gott.
Seit Beginn der Pandemie leisten Ärzte und das gesamte Personal in den Krankenhäusern Gewaltiges. Doch der Blick zeigt, dass auch die Seelsorge alle Hände voll zu tun hat. Das Angebot gibt es, ob der Patient es annimmt, bestimmt er.
Wie hat sich die Seelsorge durch Corona verändert?
CHRISTIANE SCHALK: Der Fokus liegt jetzt noch mehr – neben den Patienten – auch auf dem Personal und den Familienmitgliedern. Es ergeben sich viele Gespräche, aber nicht auf die klassische Weise durch Terminvereinbarung. Sondern auf dem Gang.
Muss man katholisch sein?
Nein, wir besuchen alle und begleiten sie auch, wenn sie andere Religionen haben. Natürlich immer vorausgesetzt, die Menschen sind einverstanden.
Wie schaut der Alltag in der Seelsorge aus?
Der ist geprägt von Besuchen und Gesprächen mit dem Personal und in Wahrheit immer wieder anders. Ich mag das sehr, grundsätzlich natürlich sind wir da, wenn es an die Grenzen des Lebens geht.
Blick auf die Intensivstationen: Wie viel spüren Menschen?
Nach Erfahrungen der Kollegen, die dort arbeiten, gibt es durchaus Patienten im Tiefschlaf, die reagieren. Nicht im Gespräch, aber man hat durchaus Entspannung beobachtet. Ich hatte selbst einen Patienten mit sehr hoher Morphindosis, der das Vater Unser mitgebetet hat. Es gibt wirklich nichts, was es nicht gibt.
Wie groß ist die Angst vor dem Tod?
Das ist eine sehr schwierige Frage – ich denke, einerseits werden wir uns alle fürchten, andererseits gibt es einen Punkt vor dem Sterben, wo es eine Art von innerer Zustimmung gibt.
Was erwartet uns nach dem Tod?
(Lacht) Da müssen wir uns überraschen lassen. Ich hab ein tiefes Vertrauen, dass es gut wird. Und im Letzten wissen wir es nicht, was dann sein wird.
Wie erden Sie sich?
Familie, Garten und Natur sind mir sehr wichtig. Wenn es sehr viel ist, junge Patienten sterben, dann muss ich beten – auch einmal nur alleine in der Kapelle.
Kann man dann noch weinen?
Weinen kann man immer, auch mit den Patienten. Aber unser Weg ist die Begleitung, wir sind Stütze für den Patienten und grundsätzlich dazu da, um mitzugehen und zu stärken. Es ist ein anderer Fokus.
Finden manche Menschen durch die Seelsorge im Krankenhaus den Weg zu Gott?
Spiritualität ist immer ein Thema, wenn es eines für den Patienten ist. Aber wir müssen das nicht bringen, es ist im Menschen selbst drinnen. Fast jeder Mensch hat eine Erfahrung: Es gibt etwas, was das Leben trägt. Auch wenn wir verschiedene Worte dafür verwenden. Ganz echte Atheisten gibt es wenige, aber sie haben verständliche Lebensgeschichten, etwa ein Notarzt, der schon so viele Motorradfahrer am Boden liegen sah. Ich als Christ sage, es gibt Gott und wir als Kirche haben tragende Antworten. Und in der Seelsorge begleiten wir, aber wir missionieren nicht.
Mehr zum Thema finden Sie auf der Homepage der Diözese.
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