Christine Haberlander im Interview
„Geimpfte sollten Vorteile haben“

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Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander (ÖVP) im Interview zu Quarantäneregeln, Aussichten bei der Corona-Impfung und der Gefahr eines neuerlichen Lockdowns.

Von Thomas Kramesberger und Ingo Till

Bei den Corona-Regeln gab es in den letzten Monaten ein Hin und Her, viele vermissen eine klare Linie.
Haberlander: Es ist klar, dass sich manche Regeln verändern. Immer dem wissenschaftlichen Fortschritt entsprechend – das ist richtig und gut. Bei manchen Maßnahmen, insbesondere bei den Lockerungen und auch bei manchen Verschärfungen hat man es gut gemeint, aber sich im Detail verloren. Für viele hat das zu Unsicherheiten geführt, gleichzeitig aber auch zu einem Vergleichen von Lebenssituationen: „Warum dürfen die einen das und die anderen nicht?“.

Politik und Verwaltung scheinen teilweise mit der Pandemie-Situation überfordert. Stimmt der Eindruck?
Jein. Wir können damit umgehen – das haben wir in den vergangenen zwölf Monaten bewiesen. In einzelnen Bereichen hat sich aber auch Aufholbedarf gezeigt. In Zukunft müssen wir auch darüber nachdenken, ob es beim Contact-Tracing in dieser Form bleibt.

Was ist das größte Learning aus einem Jahr Pandemie?
Der Einzelne kann sehr viel bewirken – für sich selbst, aber auch für andere. Es gab im vergangenen Jahr Phasen, in denen diese Verantwortung sehr gut wahrgenommen wurde, aber auch solche, wo das weniger der Fall war. Daran müssen wir als Gesellschaft arbeiten. Derzeit manifestiert sich das Verlangen nach Miteinander leider häufig im Regelbruch. Wir sollten wieder mehr aufeinander schauen und uns gegenseitig schützen.

Foto: BRS/Till

Zurzeit gibt es aufgrund der Mutationen unterschiedliche Quarantäneregeln. Sind hier Änderungen nötig?
Es braucht eine einheitliche Quarantänezeit und keine Verlängerungen. Je länger die Dauer und je mehr Auflagen, desto unwahrscheinlicher ist es, dass positiv Getestete alle Kontakte angeben. Für negativ Getestete ohne Symptome könnte man über Lockerungen der Regeln nachdenken. Und Geimpfte sollten schließlich Vorteile haben, was wiederum mehr Menschen dazu bewegen könnte, sich impfen zu lassen.

Welche Vorteile meinen Sie?
Da gäbe es viele Möglichkeiten. Etwa erweiterte Besuchszeiten in den Alten- und Pflegeheimen oder auch Fernreisen, die an die Impfung gebunden werden könnten.

Österreich ist beim Impfen EU-weit im hinteren Drittel – was ist schiefgelaufen?
Details kenne ich nicht. Für mich als Gesundheitsreferentin ist vor allem relevant, dass der Impfstoff, der nach Oberösterreich kommt, möglichst schnell verteilt wird. Der gemeinsame Weg der Impfstoffbesorgung über die EU war der richtige Weg, auch wenn die Vorgänge optimierbar wären.

Wann wird in Oberösterreich breitflächig geimpft?
Voraussichtlich Mitte bis Ende des zweiten Quartals 2021. Konkreter kann man es nicht sagen. Leider gibt es immer wieder Kürzungen der Liefermengen, was natürlich zu Unsicherheiten führt.

Ist eine Impfpflicht, etwa für Krankenhaus- und Pflegepersonal, vorstellbar?
Bei den Angestellten in den Krankenhäusern haben wir eine Durchimpfungsrate von 80 Prozent. Die Impfung wird dort sehr gut angenommen, auch weil in diesem Bereich der direkte Kontakt zur Krankheit und ihren Folgen besteht und dadurch mehr Bewusstsein da ist. In den Alten- und Pflegeheimen sind es rund 60 Prozent – da besteht Aufholbedarf. Wir sehen dort ein gewisses Fallgeschehen unter den Mitarbeitern und die Frage ist, ob das nicht geringer wäre, wenn ein größerer Anteil der Belegschaft geimpft wäre. Eine Verpflichtung ist derzeit nicht notwendig, aber zum Teil schon davon abhängig, wie sich die Krankheit und die diversen Mutationen entwickeln.

AstraZeneca hat in der Öffentlichkeit ein großes Problem.
In den Spitälern wurde viel AstraZeneca verabreicht, trotzdem war die Zustimmung groß. Je mehr Kritik an einem Impfstoff aufkommt, desto mehr Verunsicherung ist da – das merkt man mittlerweile. Dennoch: Bei der Grippeimpfung fragt auch niemand nach dem Hersteller und dem Prüfverfahren. Beim Corona-Impfstoff setzen sich plötzlich sehr viele intensiv damit auseinander.

Würden Sie sich mit AstraZeneca impfen lassen?
Sobald ich an der Reihe bin, nehme ich den Impfstoff, der zur Verfügung steht.

Werden bis zum Sommer alle Oberösterreicher ein Impfangebot erhalten?
Wenn wir die drei bis vier bekannten Marken einsetzen können und die angekündigten Liefermengen halten, dann können wir das schaffen.

Muss man in Zukunft jährlich gegen Corona impfen?
Ich hoffe, dass es immer möglich sein wird, die Impfung zu bekommen, sodass man nicht die Gefahr hat, sich anzustecken. Corona wird bleiben und wir werden lernen müssen, mit diesem Virus zu leben.

Würden Sie sich dann immer wieder impfen lassen?
Ja, definitiv. Wie bei Grippe- oder Zeckenimpfung auch.

Kleiner Schwenk – haben Sie Verständnis für Haimbuchners Besuch auf der Babyparty?
Ich habe Verständnis dafür, dass man sich für jemanden freut, der Nachwuchs bekommt, aber man kann auch schriftlich gratulieren. Ich zumindest war seit mehr als einem Jahr auf keiner Babyparty, obwohl es die Anlässe gab.

Ist der Bevölkerung ein weiterer Lockdown zumutbar?
Die oberste Aufgabe ist der Schutz des Gesundheitssystems und wenn die Belegung der Intensivbetten ans Limit kommt, dann müssen wir das machen. Da stellt sich die Frage der Zumutbarkeit nicht. Es gibt einfache Dinge, die uns einen Lockdown ersparen können, wir müssen sie nur tun: Abstand halten, Maske tragen, Handhygiene. Viele Menschen nehmen sich derzeit die Freiheit, die ihnen so fehlt, unerlaubterweise einfach – und das ist mit einer der Gründe, weshalb wir erneut in einem Lockdown landen könnten. Aufgrund des niedrigeren Durchschnittsalters bei den Erkrankten und der steigenden Durchimpfungsrate hoffe ich aber, dass wir ohne diesen Schritt auskommen.

Im Herbst gab es in manchen Regionen Oberösterreichs Sieben-Tage-Inzidenzen von mehr als 1.000, heute will man bereits bei 400 ganze Bezirke „abriegeln“. Hat man damals zu lange zugeschaut?
Die Infektionen haben sich im Herbst in einer Geschwindigkeit ausgebreitet, die niemand erwartet hat. Wir lernen jeden Tag dazu und wichtig ist, dass so eine Situation nicht noch einmal eintritt.

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Foto: Oliver Hoffmann - stock.adobe.com
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