Kinderbetreuung in Oberösterreich
"Gutes Angebot schafft auch Nachfrage"

Interview im Kindergarten: Landeshauptmann-Stellvertreterin Christine Haberlander sprach mit BezirksRundSchau-Chefredakteur Thomas Winkler darüber, wie Oberösterreich zum "Kinderland Nummer 1" werden soll. | Foto: Land OÖ/Sternberger
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Das ambitionierte Ziel, Oberösterreich zum "Kinderland Nummer 1" zu machen, hat sich die für Kinderbetreuung zuständige Landeshauptfrau-Stellvertreterin Christine Haberlander gesetzt. Mit BezirksRundSchau-Chefredakteur Thomas Winkler sprach sie über die konkreten Maßnahmen und die Herausforderungen.

OBERÖSTERREICH. Passend zum Thema fand das Interview im Landeskindergarten an der Linzer Donaulände statt. Die anwesenden Kinder zeigten sich dabei von ihrer besten Seite – vielleicht auch wegen des Eises, das es kurz davor zum Nachtisch gegeben hatte.

BezirksRundSchau: Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer muss sich heuer mit seiner Frau in den Sommerferien eine Woche lang um die Kinder seines Schwagers kümmern. Denn der und seine Partnerin hätten nicht genug Urlaub, um übers ganze Jahr die Kindergarten-Schließtage abzudecken. Das sei eine Schande, so Mahrer. "Willkommen in der Realität", denken sich viele Eltern. Sie haben das Ziel ausgegeben Oberösterreich zum Kinderland Nummer 1 zu machen – wie? 
Haberlander: Das im Dezember zwischen Land Oberösterreich, Städte- und Gemeindebund sowie zwei Gewerkschaften vereinbarte, 40 Millionen Euro starke Paket wird als das beste der letzten 20 Jahre bezeichnet und ist ein wichtiger Schritt zu unserem Ziel, Oberösterreich zum Kinderland Nummer 1 zu machen. Die Eltern sollen die Sicherheit bekommen, dass die Kinder gut betreut werden, und dass gleichzeitig die Pädagogen ein gutes Arbeitsumfeld vorfinden. Die Kinder müssen im Mittelpunkt stehen.

Kindergärten haben mindestens 47 Wochen offen

Was sind die wichtigsten Maßnahmen in dem Paket?
Die Gemeinden müssen 47 Wochen im Jahr eine Betreuung sicherstellen. Dabei können sich kleinere Gemeinden zumindest im ersten Jahr etwa im Sommer auch zusammentun, damit eine Pädagogin nicht alleine mit einem Kind in der Gruppe ist. Aber wenn das Angebot vorhanden ist, wird das auch Nachfrage schaffen. Und es werden mit dem Paket auch die Rahmenbedingungen für die Pädagoginnen verbessert – unter anderem durch ein höheres Gehalt. Wir sind nach Wien die Bestzahler, haben aber kleinere Gruppengrößen. Und das Paket sieht eine weitere Reduktion der Gruppengrößen vor. In kleineren Gruppen ist es viel besser möglich, dass die Pädagoginnen das Gelernte anwenden können. Dazu kommt: Die bisherigen Helferinnen werden zu sogenannten pädagogischen Assistenzkräften, die bereits im März eine Gehaltserhöhung um monatlich 150 Euro und einen zusätzlichen Urlaubsanspruch im Ausmaß von zehn Tagen pro Jahr erhalten haben. 

Anspruch auf Nachmittagsbetreuung

Die voestalpine bietet ihren Mitarbeitern ja ab September eine Kinderbetreuung rund um die Uhr - auch an Sonn- und Feiertagen. Viele Eltern wären schon über eine Nachmittagsbetreuung froh ...
Mit dem Paket kommt der Anspruch der Eltern auf Nachmittagsbetreuung – die muss es geben, sobald drei Eltern in der Gemeinde einen Bedarf anmelden. Und ein gutes Angebot schafft eben auch Nachfrage. In Lembach brachte die Gemeinde etwa keine eigene Krabbelstube zusammen. Nachdem sich vier Gemeinden zusammengetan haben, ist jetzt schon die dritte Krabbelstuben-Gruppe am Weg. Es braucht Zeit, und gemeinsam geht es leichter – auch bei der Ferienbetreuung. Die Familie ist jedoch die Keimzelle der Gesellschaft, sie entscheidet, wie lange eine Betreuung benötigt wird. Und wer seine Kind trotz super Angebot bei sich zuhause lassen will – auch gut. Wichtig ist das Angebot.

Zufriedenheit mit dem Kindergarten-Mittagessen – "weil es als Nachspeise Eis gab", erfuhr Landeshauptfrau-Stellvertreterin Christine Haberlander. | Foto: Land OÖ/Sternberger
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Die Nachfrage nach Nachmittagsbetreuung ist teils auch aufgrund der 2018 eingeführten Gebühren überschaubar. Wien und das Burgenland bieten sie gratis an, Kärnten macht das im Herbst – Vorbilder für Oberösterreich? 
Der Besuch des Kindergartens ist bis 13:00 Uhr beitragsfrei. Die Nachmittagsbetreuung grundsätzlich gratis anzubieten, ist nicht angedacht, weil sie ja mit Steuern finanziert wird. Aber es ist die Entscheidung der Gemeinde, ob sie die Gebühren einhebt – wenn sie das tut, ist es in jedem Fall für eine qualitätsvolle Betreuung. 

Ziehen die Gemeinden trotz der angespannten Budgetsituation bei der Betreuungs-Offensive mit, die Oberösterreich zum Kinderland Nummer 1 machen soll?
Dass sich etwas tut, zeigt sich an den Bauprojekten: Für 2023 sind 113 Kindergartenprojekte, 62 Krabbelstuben- und sieben Hortprojekte im Wert von insgesamt 139 Millionen Euro im Laufen. In Prüfung befinden sich weitere 156 Kindergarten- und 119 Krabbelstubenprojekte um rund 109 Millionen. Und keine einzige Gemeinde hat trotz der Preissteigerungen und schwierigen finanziellen Lage ihre Pläne zurückgezogen, obwohl sie ja einen Eigenanteil zahlen müssen. Das zeigt, dass das Thema Kinderbetreuung in den Gemeinden sehr ernst genommen wird.

Mehr Geld für Kindergärtnerinnen

Nicht nur die Finanzierung ist eine Herausforderung, auch der Personalmangel.
Die Zahl der Kindergartengruppen ist von 3300 im Jahr 2015 auf 3.900 im Vorjahr gestiegen, die Zahl der Mitarbeiter von 9.700 auf aktuell 11.300. In manchen Gemeinden ist es schwierig, Personal zu finden, andere erzählen von genügend Bewerbern. Es kommt auch darauf an, wie sich die Gemeinde bemüht, wie viel Raum zum Entfalten sie den Mitarbeiterinnen gibt. Nicht nur das Geld ist relevant. Aber die neuen Rahmenbedingungen mit höherem Gehalt, sieben Wochen Urlaub und der Förderung von Aus- und Weiterbildungen mit bis zu 60 Prozent der Kosten sind attraktiv.

Auf 47 Wochen Betreuung - auch nachmittags – haben Eltern künftig in Oberösterreich Anspruch, so Landeshauptfrau-Stellvertreterin Christine Haberlander im Interview mit BezirksRundSchau-Chefredakteur Thomas Winkler.  | Foto: Land OÖ/Sternberger
  • Auf 47 Wochen Betreuung - auch nachmittags – haben Eltern künftig in Oberösterreich Anspruch, so Landeshauptfrau-Stellvertreterin Christine Haberlander im Interview mit BezirksRundSchau-Chefredakteur Thomas Winkler.
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Derzeit sorgt der Personalmangel aber dafür, dass im Winter in einigen Kindergärten immer wieder ein Notbetrieb ausgerufen wurde, weil die Ausfälle durch Krankenstände angesichts zu wenig Personal keine normale Betreuung mehr zuließen. Die Eltern wurden gebeten, die Kinder zuhause zu lassen. Wäre es nicht sinnvoll, wenn das Land OÖ sozusagen einen Pool an Aushilfen für solche Fälle schafft?
Das ist Sache der Gemeinden als Dienstgeber oder der einzelnen Organisationen wie Kinderfreunde und Caritas, die sich damit auseinandersetzen müssen, solche Pools zu schaffen. Viele Mitarbeiterinnen in den Kindergärten hätten das gerne, es wäre sicherlich sinnvoll.

Dazu braucht es Personal – werden mit den attraktiveren Rahmenbedingungen künftig auch wieder mehr Absolventinnen der Kindergarten-Schulen den Beruf ergreifen?
Dass es derzeit nicht so ist, hat zwar eine gute Seite. Viele studieren danach Lehramt und bringen dafür gleich eine Ausbildung in Bezug auf die Entwicklung kleiner Kinder mit. Aber das Ziel einer Bildungsanstalt für Elementarpädagogik, kurz Bafep, wäre natürlich der Beruf als Kindergartenpädagogin. Wir haben dafür etwa das Mentoring-Programm für die Begleitung von Schulabgängerinnen im ersten Dienstjahr ausgebaut. Und ich bin als Bildungslandesrätin mit dem zuständigen Minister in Kontakt, um die Entwicklungsmöglichkeiten in der Bafep zu diskutieren. Aber er selbst war es, der wegen des Lehrermangels vor kurzem für den Wechsel vom Kindergarten in den Schuldienst geworben hat.

Ist bei Bildungsminister Polaschek also noch nicht angekommen, dass die Kindergärten die erste Bildungseinrichtung sind?
Grinsen und Schweigen bei Landeshauptfrau-Stellvertreterin Christine Haberlander

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