"Sie alle sollen uns hören"
Proteste gegen Corona-Maßnahmen in Mittersill
Corona-Demo auch im Pinzgau: Im Namen von "Friede und Freiheit" versammelten sich Hunderte in Mittersill.
MITTERSILL. Trommeln, Pfeifen, Schnalzer und Sprechchöre, Polizeipräsenz und eine dichte Menschenmenge: Am Stadtplatz in Mittersill fand sich am Sonntag eine bunte Gruppe ein, um gemeinsam gegen die Coronamaßnahmen und die geplante Impfpflicht zu demonstrieren. Die Bewegung "Friede und Freiheit" hatte zu einer "friedlichen Demo für unsere Grund- und Freiheitsrechte, für Familie und Gemeinschaft, berufliche Existenz, für unsere Kinder und unsere Zukunft" geladen – rund 750 Menschen waren laut Veranstalter dieser Aufforderung gefolgt.
Viele junge Familien
Junge Familien mit Kindern, aber auch ältere Leute aus dem Pinzgau und aus Tirol machten lautstark auf ihr Anliegen aufmerksam und hielten Schilder hoch, auf denen Slogans wie "Hände weg von unseren Kindern", "Lockdown-Ende", "Mehr Menschlichkeit" oder "Mein Körper gehört mir allein" zu lesen war. Beim Sternzug vom Nationalparkzentrum bzw. vom "Billa Plus"-Parkplatz aus zum Stadtplatz wurde "Friede-Freiheit-keine Diktatur" skandiert, die Schnalzergruppe Mittersill-Stuhlfelden begleitete den Zug.
"Wir sind alle Helden"
Von einer aggressiven Stimmung, wie sie bei vielen Großdemos in den Städten zum Teil herrschte, war in Mittersill nichts zu spüren. Vielmehr kam am Stadtplatz – bei Musik von Rainermarsch bis "Life is Life" – Volksfeststimmung auf, Mitklatschen und Mitsingen war angesagt. Lediglich beim Hinweis des Veranstalters, dass FFP2- Maskenpflicht herrsche, waren Gelächter und Buhrufe aus der zum größten Teil unmaskierten Menge zu hören.
Die Besorgnis vieler junger Familien, die zum Teil auch mit ihren Kindern gekommen waren, war deutlich zu spüren – das Thema "Impfung für Kinder" war auf vielen der mitgebrachten Tafeln präsent. Verschiedene Redner sprachen ihre Zweifel an der Effizienz der Coronamaßnahmen und der offiziellen Darstellung der Pandemie aus – regierungskritische Äußerungen inklusive. Ein junge Mama brachte das gemeinsame Anliegen auf den Punkt: "Wir zeigen unser Gesicht und tun unseren Unmut kund". In einer Tradition der Freiheitskämpfer von Andreas Hofer bis Anton Wallner sah der Initiator aus dem Oberpinzgau seine Bewegung: "Wir sind alle Helden."
Sehnsucht nach Gemeinschaft
Neben sehr realen Job- und Existenzängsten und der Sorge um die Kinder war vor allem auch die Sehnsucht nach Gemeinschaft und frohem Beisammensein spürbar – nach zwei Jahren Pandemie sehr verständlich. Für viele, die im Lockdown zuhause bleiben, aber trotzdem eine Provokation. Jedoch: "Keiner will die Spaltung", so eine Rednerin. "Wir wollen gehört werden – die psychischen Belastungen in der Pandemie, vom Job über die Familie bis hin zu den Betrieben, darüber muss einfach geredet werden."
Kommentar
Das Wort "Diktatur" wird von manchen Gruppen momentan gern im Hinblick auf die Coronamaßnahmen verwendet. Schon allein die Tatsache, dass eine größere Gruppe unbehelligt und unterstützt von der Staatsgewalt – nämlich der Polizei – auf die Straße gehen und ihre Meinung lautstark kundtun kann, ist jedoch ein Beweis dafür, dass wir nicht in einer Diktatur leben. Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind Grundpfeiler der Demokratie – und die ist, allen Schwierigkeiten und allen Unkenrufen zum Trotz, immer noch intakt. Demokratische Spielregeln sind Respekt, Toleranz und Solidarität. Das bedeutet auch, nicht im Nächsten, sondern im Virus den gemeinsamen Feind zu sehen, den es zu bekämpfen gilt.
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