Versteckt im Wald
Ein Friedhof erzählt die Geschichte von St. Rupert

Im Wald hinter dem Missionshaus St. Rupert in Bischofshofen versteckt sich ein Friedhof. Dort liegen auch 78 Soldaten begraben, die rund um das Ende des Zweiten Weltkriegs in einem Lazarett am Kreuzberg ums Leben kamen. Schülerinnen ziehen in der Auseinandersetzung mit der Geschichte Parallelen zum aktuellen Krieg in der Ukraine.

BISCHOFSHOFEN. Der imposante Bau des Missionshauses St. Rupert thront unübersehbar über dem Pongauer Salzachtal. Weniger offensichtlich und auch weitaus unbekannter ist ein versteckter Friedhof, der östlich im Wald hinter dem imposanten Bau liegt. Nach einem kurzen Spaziergang vom Parkplatz des Missionshauses, vorbei an den Sportplätzen der Schule, erreicht man das geschichtsträchtige Areal, das von Steinmauern umgeben ist.

Das Missionshaus St. Rupert thront hoch über Bischofshofen. Im Wald dahinter versteckt sich ein unscheinbarer Friedhof, auf dem auch 78 Soldaten aus dem zweiten Weltkrieg bestattet wurden. | Foto: Franz Neumayr
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78 Tote aus Weltkriegs-Lazarett

Die Grabstätte wurde 1910 mit der Absicht errichtet, eine letzte Ruhestätte für Hausbewohner und Schüler der damaligen Missionars-Schule zu schaffen. "Die Schüler verbrachten damals fast das ganze Jahr hier in St. Rupert. So wurde bereits kurz nach der Errichtung des Friedhofs ein 18-Jähriger hier bestattet", schildert Alois Lechner, der Direktor des heutigen Gymnasiums am Bischofshofener Kreuzberg. "Intensiv wurde die Nutzung des Friedhofs im Zweiten Weltkrieg. Rund um das Ende des Krieges war im Haus ein Lazarett untergebracht, in dem 78 Soldaten ihr Leben verloren", erklärt Lechner weiter.

Der Friedhof im Wald hinter dem Missionshaus St. Rupert ist ein beeindruckender Ort der Ruhe. | Foto: Felix Hallinger
  • Der Friedhof im Wald hinter dem Missionshaus St. Rupert ist ein beeindruckender Ort der Ruhe.
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Die Plakette schreibt von "79 Soldaten des Zweiten Weltkriegs." Den Unterlagen zufolge stammt einer der toten Soldaten aber bereits aus dem Ersten Weltkrieg. | Foto: Felix Hallinger
  • Die Plakette schreibt von "79 Soldaten des Zweiten Weltkriegs." Den Unterlagen zufolge stammt einer der toten Soldaten aber bereits aus dem Ersten Weltkrieg.
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Eliteschule der Nationalsozialisten

Die Geschichte des Missionshauses war bereits im vergangenen Jahr Teil umfassender Medienberichte. Die Bischofshofener Historikerin Gertrude Chalupny erforschte in ihrer Masterarbeit die Geschichte des Schulbetriebes am Kreuzberg. Nach der Übernahme des Hauses durch die Nationalsozialisten im Jahr 1939 wurde in Bischofshofen eine Kaderschule für die nationalsozialistische Elite eingerichtet. Unter Drill wurde den Schülern die Ideologie der damaligen Schreckensherrschaft indoktriniert. Ab 1945 wurde dann für eineinhalb Jahre ein Lazarett eingerichtet, in dem verwundete Soldaten behandelt wurden.

Der Direktor des Gymnasiums St. Rupert hat das Archiv des Hauses nach Unterlagen zum Friedhof durchsucht. | Foto: Felix Hallinger
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Frida Januschkowetz, Leah Peterlini, Katharina Huber und Felicitas Seiwald (von links) schildern ihren Bezug zur Geschichte ihres Schulhauses. | Foto: Felix Hallinger
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Kriegsverletzungen und Traumata

Gemeinsam mit vier Schülerinnen der sechsten Klasse hat sich Alois Lechner nun durch die Unterlagen im Archiv des Hauses gearbeitet. Die Todesursachen der verstorbenen Soldaten sind genauestens in Listen dokumentiert. "Das waren meist klassische Kriegsverletzungen wie etwa schwere Verbrennungen oder Schuss- und Splitterwunden", schildert Lechner. Schülerin Leah Peterlini ergänzt: "Einzelne Soldaten sind auch an Krebs gestorben oder haben sich aufgrund ihrer Kriegstraumata suizidiert."

Die Soldatengräber werden vom Schwarzen Kreuz betreut, wobei sich die Schule beispielsweise um die Mäharbeiten am Gelände kümmert. | Foto: Felix Hallinger
  • Die Soldatengräber werden vom Schwarzen Kreuz betreut, wobei sich die Schule beispielsweise um die Mäharbeiten am Gelände kümmert.
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Letzte Bestattung im Jahr 2013

Auf dem Friedhof, der jederzeit besucht werden kann, sind aber nicht nur Soldaten begraben. Der Mittelgang trennt die Soldatengräber von jenen der Ordensmitglieder und ehemaligen Missionars-Schüler. Im hinteren Bereich fällt eine etwa einen Meter hohe Mauer auf, die einige Gräber abzuheben scheint. "Früher wurden die Patres auf dieser Anhöhe begraben", erklärt Lechner die Hintergründe. Die letzte Bestattung am Gelände fand 2013 statt. Ein Mann, der lange in St. Rupert gearbeitet hatte, wurde damals, auf seinen eigenen Wunsch, hier zu Grabe getragen. Die Kapelle am hinteren Ende des Friedhofs ist mittlerweile tief in Efeu gehüllt. Auch sie steht Besucherinnen und Besuchern jederzeit offen.

Der Mittelgang teilt den Friedhof in einen Teil für Soldatengräber (rechts) und einen Teil für Gräber, die mit dem Orden und dem Missionshaus in Zusammenhang stehen. | Foto: Felix Hallinger
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Aktualität durch Ukrainekrieg

Die umfangreiche Geschichte des Schulhauses am Bischofshofener Kreuzberg sei im Unterricht immer wieder Thema, betont Lechner. Gerade die Bezüge zum Zweiten Weltkrieg seien vor dem Hintergrund des laufenden Angriffskrieges der Russen in der Ukraine für die Schülerinnen und Schüler sehr fassbar. Das wird auch im Gespräch mit den vier Schülerinnen schnell klar, die sich bereiterklärt haben, mit uns über die Bedeutung des versteckten Friedhofs zu sprechen. "Man macht sich jetzt hinsichtlich des Krieges sicher wieder mehr Gedanken, wenn man täglich die Bilder aus der Ukraine sieht", meint etwa Katharina Huber. 

Die Kapelle am Friedhofsgelände ist mittlerweile bis oben hin in Efeu gehüllt. | Foto: Felix Hallinger
  • Die Kapelle am Friedhofsgelände ist mittlerweile bis oben hin in Efeu gehüllt.
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"Es war auf einen Schlag vorbei"

Der jüngste Tote am Friedhof von St. Rupert ist ein 16-jähriger Soldat. Im selben Alter sind auch die beiden Sechst-Klässlerinnen Frida Januschkowetz und Felicitas Seiwald. "Wenn man daran denkt, wird einem erst richtig bewusst, wie schmal die Grenze zwischen Leben und Tod eigentlich ist. Wir können uns wirklich glücklich schätzen, in Friedenszeiten aufwachsen zu dürfen", meint etwa Januschkowetz.

Der jüngste Soldat, der hier begraben liegt, verstarb im Alter von 16 Jahren. | Foto: Felix Hallinger
  • Der jüngste Soldat, der hier begraben liegt, verstarb im Alter von 16 Jahren.
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Seiwald betont mit Blick auf die Ukraine ihr Unverständnis darüber, "dass Menschen offenbar nie dazu lernen". In die Situation des 16-jährigen Soldaten, der hinter ihr begraben liegt, könne sie sich kaum hineinversetzen: "Wir haben mit unseren 16 Jahren noch so große Pläne und Ziele. Und für ihn war es einfach auf einen Schlag vorbei."

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