„Flexible Arbeitszeit entspricht der Praxis“

Kurt Katstaller, Direktor Wirtschaftsbund Salzburg. | Foto: Manuel Horn
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Herr Katstaller, seit September 2016 sind Sie Direktor des Wirtschaftsbundes in Salzburg. Was hat sich in diesen zwei Jahren am Wirtschaftsstandort Salzburg verändert?
KURT KATSTALLER:
Seit Landeshauptmann Wilfried Haslauer an der Spitze unseres Bundeslandes steht, hat sich die Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft wesentlich verbessert – das ist gut für den Wirtschaftsstandort. Die „Anliegen der Wirtschaft“ finden bei Wilfried Haslauer, der übrigens auch dem Wirtschaftsbund angehört, mehr Gehör und viele unserer Vorschläge werden gemeinsam mit dem Land umgesetzt.

Was sind Beispiele von Ideen des Wirtschaftsbundes, die umgesetzt wurden?
KURT KATSTALLER:
Der Landesobmann des Wirtschaftsbundes Konrad Steindl ist ja auch Präsident der Wirtschaftskammer. Auf seinen Vorschlag wurde in Salzburg gemeinsam mit dem Land der „Talente Check“ für alle Pflichtschulabsolventen umgesetzt. So soll dem Fachkräfteproblem, der falschen Berufs- oder Schulwahl und den vielen Schulabbrechern entgegen gewirkt werden. Auch die kostenlose Meisterprüfung, die Investitionszuwachsprämie und ein Fairnesskatalog für die Vergabe öffentlicher Aufträge wurden auf Vorschlag der Wirtschaft beschlossen. Wichtig ist uns auch, dass die Unternehmer bei Kontrollen zuerst beraten werden, anstatt bei Nichteinhaltung von gesetzlichen Bestimmungen gleich bestraft zu werden. Es gibt so viele Gesetze, da verliert man als Unternehmer schnell den Überblick – wir fordern deshalb „beraten statt bestrafen“.

Wofür kämpft der Wirtschaftsbund aktuell?
KURT KATSTALLER:
Erfolgreich für eine Mehrwertsteuersenkung auf Übernachtungen. Bei der letzten Steuerreform wurde der Steuersatz von 10 auf 13 Prozent erhöht. Darunter litt in Salzburg die gesamte Hotellerie. Mit 1. November 2018 wird der Steuersatz wieder auf 10 Prozent reduziert. Das ist ein großer Erfolg des Wirtschaftsbundes. Wir setzen uns auch für eine Abschaffung des Kumulationsprinzips ein, das ist die Mehrfachbestrafung für dasselbe Delikt. Wenn eine Firma z.B. zehn Arbeitnehmer beschäftigt und bei der Lohnabrechnung bei jedem Arbeitnehmer denselben Fehler begeht, muss der Betrieb zehnfach Strafe zahlen. Das kann existenzgefährdend sein.

Wie steht der Wirtschaftsbund zur Reform der Sozialversicherung von derzeit 21 auf fünf Träger?
KURT KATSTALLER:
Die Reform der Sozialversicherungen ist eine langjährige Forderung des Wirtschaftsbundes. Es gibt ein großes Einsparungspotenzial – man spricht von ca. eine Milliarde Euro jährlich. Die Einsparungen werden den Versicherten in Form von besseren medizinischen Leistungen zu Gute kommen und auch die Beitragszahler sollen von niedrigeren Lohnnebenkosten profitieren.

Der Wirtschaftsbund sieht in der Mangelberufsliste Probleme, welche sind das?
KURT KATSTALLER:
Die Mangelberufsliste braucht eine stärkere regionale Berücksichtigung. Derzeit erfolgt ausschließlich eine österreichweite Betrachtung, was dazu führt, dass z.B. Koch österreichweit kein Mangelberuf ist, obwohl die Tourismusbetriebe in den westlichen Bundesländern hunderte Stellen von Köchen nicht besetzen können.

Wie steht der Wirtschaftsbund zum Aus von der Lehre für Asylwerber?
KURT KATSTALLER:
Jene Asylwerber, die schon eine Lehre begonnen haben, sollen diese auch fertig machen dürfen. Man darf aber in dieser Frage Asylrecht und Fremdenrecht nicht vermischen. Das Asylrecht ist für jene, die Schutz vor Verfolgung brauchen. Für dringend benötigte Fachkräfte und Lehrlinge aus Drittstaaten muss im Fremdenrecht über die sogenannte „Rot-Weiß-Rot-Card“ eine für die Wirtschaft brauchbare Lösung gefunden werden. Es gibt in Österreich auch ca. 8.000 anerkannte Asylwerber unter 25 Jahre die arbeitslos sind bzw. Mindestsicherung beziehen – viele davon würden auch für eine Lehre geeignet sein – man muss diese Personen verstärkt auf die Möglichkeit einer Lehre ansprechen.

Viel diskutiert wurde auch der Zwölf-Stunden-Tag. Seit 1. September ist er umgesetzt. Wie steht der Wirtschaftsbund dazu?
KURT KATSTALLER:
Wir haben uns seit langem für flexiblere Arbeitszeiten eingesetzt. Die Forderung nach mehr Flexibilität kam direkt aus den Unternehmen. Weil der Bedarf diesbezüglich groß ist, gibt es den Zwölf-Stunden-Tag bereits in vielen Branchen – auch zum Vorteil der Mitarbeiter, weil diese mehrere Tage zusammenhängend Freizeit haben. In Branchen wo die tägliche Höchstarbeitszeit bis jetzt aber bei zehn Stunden war, kann ab 1. September bei besonderem Bedarf mit Zustimmung des Mitarbeiters bis zu zwölf Stunden gearbeitet werden. Die Arbeitszeit wird dadurch entkriminalisiert. Wenn eine Hotelbaustelle dringend fertig werden musste, weil die Gäste schon vor der Türe standen und die Handwerker deshalb die zehn Stunden überschritten haben, wurde der Arbeitgeber dafür bestraft.

Im Zusammenhang mit dem Zwölf-Stunden-Tag wird oft die Freiwilligkeit von Überstunden in Frage gestellt so wie die Tatsache, dass Betriebsräte um Ihr Zustimmungsrecht zu Überstunden gebracht werden…
KURT KATSTALLER:
Mitarbeiter können Arbeitsleistungen über zehn Stunden täglich ohne Angabe von Gründen ablehnen – das ist so im Gesetz geregelt. Der Zwölf-Stunden-Tag ist ja wirklich nur für Ausnahmefälle gedacht. Für den Großteil der Mitarbeiter wird so wie bisher der acht Stundentag die Regel sein. Generell meine ich, dass Überstunden nichts Schlechtes sind. Entweder gibt es dafür mehr Geld am Konto, oder durch Zeitausgleich mehr Freizeit. Auch weiterhin braucht man den Betriebsrat zur Festsetzung der Arbeitszeit. Einigen sich Betriebsrat und Betrieb nicht, entscheidet die Schlichtungsstelle.

2020 stehen die Wirtschaftskammerwahlen an. Bereitet sich der Wirtschaftsbund Salzburg schon darauf vor?
KURT KATSTALLER:
Die nächste WK Wahl wird voraussichtlich Ende Februar 2020 stattfinden. Natürlich bereiten wir uns schon darauf vor. Der Wirtschaftsbund ist in der Wirtschaftskammer mit ca. 70 Prozent der Mandate die stärkste Fraktion - viele unserer Mitglieder sind als Funktionäre tätig und engagieren sich in der Kammer meist ehrenamtlich. Natürlich sind wir laufend auf der Suche nach Unternehmerinnen und Unternehmern, die sich für die Anliegen ihrer Branche in der Wirtschaftskammer engagieren möchten - wer Interesse hat, rennt bei mir offene Türen ein.

Findet man leicht Kandidaten, die bei der Wirtschaftskammer-Wahl kandidieren wollen?
KURT KATSTALLER:
Wir haben sehr viele Mitglieder im Wirtschaftsbund, da fällt es uns schon leichter Kandidaten zu finden, als anderen wahlwerbenden Gruppen. Man muss aber schon persönlich mit den Leuten sprechen und auch erklären, welche Aufgaben mit einer Funktion in der Wirtschaftskammer verbunden ist. Die Tätigkeit ist ja auch mit einem entsprechenden Zeitaufwand verbunden.

Der Frauenanteil bei den Unternehmens-Neugründern steigt. In Salzburg ist fast jeder zweite Gründer eine Frau. Hält der Wirtschaftsbund hier beim Frauenanteil mit?
KURT KATSTALLER:
Der Anteil der Frauen entwickelt sich positiv. Unternehmertum und Funktionärstätigkeit war früher „männerdominiert“ – der Trend sieht aber anders aus. Die Frauen haben stark aufgeholt und das spüren wir auch im Wirtschaftsbund. Der Anteil unserer weiblichen Mitglieder und Funktionärinnen steigt, das freut mich sehr.

Zur Sache:

Der Wirtschaftsbund Salzburg ist ein eigenständiger Verein mit freiwilliger Mitgliedschaft und eine der 6 Teilorganisationen der ÖVP. Rund 6000 Mitglieder gehören dem Verein in Salzburg an. Der Wirtschaftsbund setzt sich als politische Kraft in allen Bereichen für die Interessen der Wirtschaft und seiner Mitglieder ein.

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