Schwammerljäger auf Abwegen
Gefährlicher Leichtsinn im Wald: Unterschätzte Rückwege, frühere Dunkelheit und giftige Doppelgänger. Ein Survival-Experte gibt Überlebens-Tipps.
REGION PURKERSDORF (bt). Wenn im Herbst die Schwammerl aus dem Boden sprießen, scheint der Wald eine magische Anziehungskraft zu haben. Unzählige von uns machen sich dann auf die Suche – vergessen aber gerne, dass ihr Hobby auch Risiken birgt.
Erst kürzlich haben die Bezirksblätter über ein Ehepaar berichtet, dass sich beim Schwammerlsuchen am Strohzogl verlaufen hat. Im Einsatz standen die Freiwilligen Feuerwehren Irenental, Tullnerbach und Rekawinkel, das Rote Kreuz und die Polizei. Nach fast drei Stunden Suche gab es schließlich ein Happy End.
"Die wollten ein Erlebniswochenende verbringen und das haben sie gehabt", kann Rudolf Passet, Kommandant der Feuerwehr Irenental, mittlerweile schmunzeln. Im Herbst sind solche Suchaktionen keine Seltenheit: "Jetzt ist das Risiko größer, weil es früher dunkel wird, doch die Leute verfügen nicht über mehr Tagesfreizeit. Sie gehen noch geschwind nach der Arbeit und verirren sich dann."
Meist werden hereinbrechende Dunkelheit und Rückweg unterschätzt. Ebenso Nebel. "Es hat Stellen gegeben, da haben wir relativ gut gesehen, aber da, wo wir sie dann gefunden haben, nicht einmal 20 Meter weit", so Passet.
Wärmebildkamera und Handyortung
Bei der Suchaktion kam neben der Wärmebildkamera auch die Handyortung zum Einsatz. "Die Kollegen von der Polizei konnten uns sagen, im Umkreis von 1,4 Kilometer sind sie. Das haben wir vorher auch schon gewusst, wir waren schon näher", lacht Passet, der sich aber an nützliche GPS-Koordinaten erinnert. "Ein Pärchen hat uns genau die Koordinaten durchgegeben." Dazu muss das Handy allerdings eine Internetverbindung aufbauen können - was im Wald keine Selbstverständlichkeit ist.
Tipps vom Wildnis-Guide
Doch was tun, falls man die Orientierung im Wald verloren hat? "Nach einem Aussichtspunkt suchen. Zum Beispiel auf einen Baum klettern und nach der Zivilistation Ausschau halten", rät der Pressbaumer Wildnis-Guide Bernd Pfleger, den die Bezirksblätter während einer Tour durch den afrikanischen Busch erreichen. Weiter meint er: "Sonst bergab gehen und einem Bach folgen, dann kommt bald die Zivilisation."
Internet nicht voll vertrauen
Doch nicht nur Dunkelheit, Nebel und Rückweg werden oft unterschätzt, auch bei den Schwammerln selbst fehlt häufig die Expertise. In sozialen Netzwerken tauchen derzeit immer wieder Fotos von Pilzen auf, kommentiert mit der Frage: "Darf ich die essen?" "Das ist vielleicht ein bisserl unseriös, wenn ich mich auf Facebook-Meinungen verlasse", meint der Purkersdorfer Gemeinderat und Schwammerlexperte Christian Röhrich. Auch von den gerade so beliebten Pilz-Apps rät er ab: "Es gibt sicher seriöse, aber verlassen würde ich mich nicht darauf". Fachliteratur und Weitergabe von Wissen lautet sein Credo. "Ich nehme nur, was ich kenne, und das ist keine recht große Palette", verweist Röhrich auf Steinpilze, Parasol, Herbsttrompeten und Eierschwammerl. "Alleine die Literatur ist sicher noch zu wenig. Natürlich kann ein Schwammerl auch von der Region her ein bisserl abgeändert auftreten."
Eine besondere Gefahr sind giftige Doppelgänger. Etwa der Grüne Knollenblätterpilz, der zum Leberversagen führt, kann leicht mit einem Wiesen-Champignon verwechselt werden. "Überhaupt wenn sie noch recht jung sind, ist die Verwechslungsgefahr größer als wenn sie schon größer und eindeutig zuordenbar sind."
Zur Sache
Pilzberatungsstelle in St. Pölten, Roßmarkt 6: 02742/333-3300, marktamt@st-poelten.gv.at;
Vergiftungsnotruf, Zentrale im AKH: 01/406 43 43
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