Ehemaliger Alkoholabhängiger berichtet
"Habe die besten Jahre meines Lebens versoffen"

- Der Weg aus der Alkoholsucht ist kein leichter, wie ein Betroffener berichtet.
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Der Weg aus der Alkoholsucht ist kein leichter, wie ein Betroffener berichtet. Die BezirksRundSchau hat sich mit einem ehemaligen Abhängigen sowie mit Suchtberaterin Monika Gaisberger aus Rohrbach über Alkoholabhängigkeit unterhalten.
BEZIRK ROHRBACH. "Alkoholabhängig wird man nicht von heute auf morgen. Das ist quasi ein Langzeitprojekt", erklärt Monika Gaisberger, Beraterin bei pro mente in Rohrbach-Berg. Sie zählt typische Warnzeichen auf: "Wer allmählich die Dosis steigert, die Kontrolle über die Trinkmenge verliert, Entzugssymptome wie beispielsweise zittrige Hände aufweist oder alle anderen Interessen vernachlässigt, der sollte sich schleunigst Gedanken über den Konsum machen." Der Weg aus der Sucht ist laut der psychosozialen Beraterin kein einfacher: Betroffene haben neben dem Kater am nächsten Morgen nämlich auch mit den langfristigen Auswirkungen zu kämpfen. Dazu zählen unter anderem Diabetes, Bluthochdruck, eine "Fettleber" sowie Schädigungen des Darms und des Immunsystems. Auch psychische Probleme seien bei alkoholabhängigen Menschen keine Seltenheit.
"Trinkkarriere" dauerte 35 Jahre
Felix (Name von der Redaktion geändert) kann das bestätigen. Er war selbst viele Jahre lang alkoholabhängig: "Ich habe meist so viel getrunken, dass ich nicht mehr wusste, was am Vortag passiert war. Während des Schlafes hatte ich zudem mit Atemaussetzern zu kämpfen. Die Schuld dafür suchte ich überall, nur nicht bei meinem Alkoholkonsum." Seine "Trinkkarriere", wie er sie bezeichnet, dauerte insgesamt 35 Jahre. "Heute bin ich 67 und mir wird erst jetzt bewusst, dass ich die besten Jahre meines Lebens versoffen habe", bedauert Felix. Urlaube mit der Familie gab es keine, da er in der Freizeit im Bett lag und seinen Rausch ausschlief. "Meine Frau hat sich dann immer mehr zurückgezogen und war oft wütend auf mich, was ich zu Beginn nie verstanden habe. Ich ging doch arbeiten und brachte Geld nach Hause. Was falsch lief, wurde mir aber erst viel später bewusst. Wer will denn schon ständig einen nach Alkohol stinkenden Mann neben sich haben?"
Entweder ganz oder gar nicht
Dass dieses Trinkverhalten nicht normal ist, war Felix schon früh bewusst. Aufhören konnte er jedoch nicht. Erst nach einem Autounfall, den er im betrunkenen Zustand verursachte, wurde ihm bewusst, was sein Konsum anrichtet. "Außer mir ist Gott sei Dank niemand zu Schaden gekommen. Ich verbrachte zehn Tage im Krankenhaus und realisierte dann, dass es nicht so weitergehen kann." Eine Entwöhnung kam für Felix aber nicht in Frage. Er entschied sich stattdessen, die wöchentlichen Meetings der Anonymen Alkoholiker zu besuchen, die ihm bei seiner Genesung sehr geholfen haben. Seither hat er keinen Tropfen Alkohol mehr getrunken. "Mittlerweile bin ich seit etwa 13 Jahren trocken. Das soll auch so bleiben. Doch einige verstehen nicht, warum ich gar keinen Alkohol mehr trinke. Ein bisschen was zu trinken, funktioniert bei einem Alkoholiker nicht. Entweder ganz oder gar nicht. Eine Frau ist ja auch nicht nur ein bisschen schwanger."
Seine Vergangenheit kann Felix heute nicht mehr ändern. Was für ihn zählt, ist die Zukunft. Und in dieser will er nun alles besser machen: "Meine Kinder haben mich so oft betrunken erlebt. Doch bei meinen Enkelkindern wird das hoffentlich nie der Fall sein. Ich bin zwar seit vielen Jahren trocken, ein Rückfall kann aber jederzeit auftreten. Geheilt bin ich nämlich trotz allem nicht. Dennoch gebe ich mein Bestes, um meinen aktuellen Lebensstil aufrecht zu erhalten."
Entzug, Therapie oder Selbsthilfegruppe
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es noch für Alkoholabhängige? "Bei manchem reicht es schon aus, wenn sie bewusst die Trinkmenge reduzieren. Schwere Alkoholiker müssen hingegen im Spital entgiften und sich danach in eine Einrichtung auf Entzug begeben. Im Anschluss wird der regelmäßige Besuch einer Therapie sowie einer Selbsthilfegruppe empfohlen", so Gaisberger.
Hilfe für Abhängige
Alkoholberatung Rohrbach
Ehrenreiterweg 4, 4150 Rohrbach
Kontakt: 07289/6815-30 oder alkoholberatung.rohrbach@promenteooe.at
Anonyme Alkoholiker
Kontakt Oberösterreich:
Krankenhaus der Barmherzigen Brüder
Seilerstätte 2/1/42, 4020 Linz
Kontakt: 0664/2072020 oder ooe@anonyme-alkoholiker.at
Treffen für Anonyme Alkoholiker finden mittwochs um 10 Uhr in der "Praxis im Dorf" in Ahorn 6, 4183 Helfenberg und sonntags um 18.30 in der Personalwohnanlage des Klinikums Rohrbach statt.
Unter anonyme-alkoholiker.at/oberoesterreich sind die Termine für das ganze Bundesland gelistet. Hilfe für Familien und Freunde von Alkoholikern gibt es unter 0676/9388856 oder kontakt.mitte@al-anon.at.
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