Konstanze Sailer: „Taussig“ – Gedenkausstellung
Kunst-Initiative „Memory Gaps ::: Erinnerungslücken“ gedenkt NS-Opfern mit Ausstellungen in Salzburger Straßen, die es geben sollte.
Der Salzburger Architekt Otto Prossinger plante für die jüdische Malerin Helene Taussig (* 10. Mai 1879 in Wien; † 21. April 1942 im Transit-Ghetto Izbica, Polen) ein Atelier in Anif bei Salzburg. Es wurde 1934 errichtet. 1940 verlor Helene Taussig ihr Aufenthaltsrecht in Anif, ein Jahr später wurde sie enteignet. Sie fand in Wien-Floridsdorf Zuflucht, im Altersheim des Klosters der Karmelitinnen. Von dort wurde sie am 9. April 1942 in das Transitlager Izbica deportiert. Sie wurde vermutlich bereits vor dem 21. April 1942 in einem der Vernichtungslager Belzec, Sobibor oder Majdanek ermordet.
Der Architekt Albert Speer wurde 1938 von Adolf Hitler beauftragt, in Baldham, am Stadtrand von München, ein monumentales Atelier für Josef Thorak zu planen und errichten zu lassen. Thorak war Bildhauer, NSDAP-Mitglied und sowohl durch die NSDAP als auch von Hitler persönlich gefördert und unterstützt. Allein die drei Eingangstore des für riesige Figuren und Plastiken ausgelegten Ateliers hatten eine Höhe von etwa 11 Metern.
Nach Josef Thorak ist heute noch eine Straße im Salzburger Stadtteil Aigen benannt, hingegen existiert bis zum heutigen Tag keine Straße, die den Namen Helene Taussigs trägt. Anstelle von Josef Thoraksollte künftig in Salzburg an Helene Taussig erinnert werden.
Die Kunst-Initiative der Malerin Konstanze Sailer wird zum Gedenken an die verfolgte jüdische Malerin Helene Taussig mit einer weiteren Ausstellung von Tuschen auf Papier in virtuellen Räumen eröffnet. Die Galerien befinden sich ausnahmslos in Straßen oder an Plätzen, die es nicht gibt, die es jedoch geben sollte: Solche mit Namen von Opfern der NS-Diktatur. Monat für Monat wird so das kollektive Gedächtnis erweitert. Monat für Monat werden damit Erinnerungslücken geschlossen.
„Memory Gaps ::: Erinnerungslücken“ zeigen eine Auswahl aus tausenden Tuschen auf Papier aus zehn Jahren. Sie stellen Schreie und Aufschreie von Opfern dar. Zum schmerzerfüllten Aufschrei geöffnete Münder und Kiefer. Abstrakte Darstellungen von Schreien in Ghettos, Konzentrationslagern und NS-Tötungsanstalten – gemalte Erinnerungskultur. Seit drei Jahrzehnten arbeitet die aus Heidelberg stammende und in Wien lebende Künstlerin zu den Themen Antlitz, Schädel und Tod. Tusche auf Papier wurde als Technik gewählt, um der "Filigranität" jener „Papierfetzen“ nachzuempfinden, auf denen in Konzentrationslagern inhaftierte Künstler – zumeist im Geheimen – ihre Kunstwerke herstellten.
Memory Gaps ::: Erinnerungslücken
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