Arbeitsmarkt
"Salzburgs Arbeitsmarkt wird sich nur langsam erholen"
2021 wird der Salzburger Arbeitsmarkt das Vorkrisenniveau nicht annähernd erreichen können, so das AMS.
SALZBURG. Die Zahl der Telefonanrufe, die das Arbeitsmarktservice Salzburg (AMS) im Corona-Jahr abwickeln musste, ist auf 425.000 gestiegen. Die Arbeitslosigkeit liegt Mitte Dezember um 77 Prozent höher als vor einem Jahr. Die Aussichten für den Wintertourismus sind in Anbetracht der Reise- und Kontaktbeschränkungen alles andere als rosig. Es werden also auch in den nächsten Wochen enorme Herausforderungen auf das AMS Salzburg und seine Mitarbeiter zukommen. Umgelegt auf die Personal-Planstellen, war die Arbeitsbelastung österreichweit beim AMS Salzburg die größte.
„Wir mussten aus dem Stand die Ressourcen schaffen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in kürzester Zeit schulen und sie samstags, sonntags, frühmorgens und spätabends einsetzen. Fast niemand arbeitet mehr an seinem angestammten Platz."
AMS-Landesgeschäftsführerin Jacqueline Beyer
Höchststand in Wintermonaten erwartet
Das AMS Salzburg wagt für uns eine Prognose für die Entwicklungen am Arbeitsmarkt: Wie sich das Corona-Jahr langfristig auf den Salzburger Arbeitsmarkt auswirken wird, ist aber auch für die Expertin schwer abzuschätzen. "Vieles wird abhängig sein von der weiteren Entwicklung des Corona-Geschehens und der damit verbundenen Maßnahmen. Ich denke an einen weiteren Lockdown, die Impfung etc. Abhängig von der Situation im Tourismus könnte es in den Wintermonaten zu einem Höchststand der Arbeitslosigkeit kommen", sagt AMS-Landesgeschäftsführerin Jacqueline Beyer. "Auch sagen Prognosen einen Anstieg der Insolvenzen im Gefolge der Corona-Krise und dem Auslaufen der Kurzarbeitsbeihilfen voraus; natürlich verbunden mit einem weiteren Ansteigen der Arbeitslosigkeit."
Zurück auf Vorkrisenniveau erst 2023
Trotzdem, so hofft man beim AMS Salzburg, sollte es im gesamten Jahr 2021 zu einer moderaten Entlastung auf dem Salzburger Arbeitsmarkt kommen, auch wenn das Vorkrisenniveau nicht annähernd erreicht werden wird. "Hier gehen die Prognosen von einem Plus bis über das Jahr 2023 hinaus aus. Schneller dürfte sich die Beschäftigung erholen. Hier könnte das Vor-Corona-Niveau bereits 2022 erreicht sein", prognostiziert Beyer.
Ältere werden benachteiligt sein
Mittelfristig gehe man davon aus, dass sich vor allem Ältere und Arbeitskräfte mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit einer Verschlechterung ihrer Arbeitsmarktchancen konfrontiert sehen werden und sich damit auch die Langzeitarbeitslosigkeit ausweiten wird. Generell sei die Langzeitarbeitslosigkeit nun auch in Salzburg ein Problem.
Langzeitarbeitslosigkeit steigt kontinuierlich und deutlich
Die Zahl der seit mehr als einem Jahr Arbeitslosen stieg über das Jahr 2020 kontinuierlich (im Jahresschnitt +18 Prozent) und zuletzt deutlich an (November: +54,6 Prozent). "Durch die Covid-Krise wird arbeitslosen älteren Arbeitskräften und Personen mit gesundheitlichen oder sonstigen Vermittlungshemmnissen der Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt besonders erschwert", sagt Jacqueline . Da in den Monaten vor dem Lockdown die Langzeitarbeitslosigkeit in Salzburg aber regelmäßig gesunken ist, liegt die aktuelle Zahl von 1.653 im bundesweiten Vergleich (75.581 bzw. +61 Prozent in ganz Österreich) noch auf relativ niedrigem Niveau.
Das Jahr 2020 am Salzburger Arbeitsmarkt
Im bisherigen Jahresschnitt (Jänner bis November) ist die Arbeitslosigkeit im „Corona-Jahr“ 2020 um 54,9 Prozent auf 19.638 Arbeitslose gestiegen (+43,9 Prozent bzw. 21.582 Personen inklusive Schulungsteilnahmen). Der größte Zuwachs im Vorjahresvergleich war nach dem Lockdown mit einem Plus von 138,5 Prozent auf 29.107 Arbeitslose zum Stichtag Ende März zu verzeichnen (31.077 Personen inklusive Schulungsteilnahmen). Auch im April gab es noch eine Verdoppelung mit plus 101,8 Prozent auf den absolut höchsten Wert von 29.833 Arbeitslosen (31.501 Personen inklusive Schulungsteilnahmen).
11.566 Arbeitslosen aus dem Hotel- und Gastgewerbe
Besonders erschreckend war laut AMS Salzburg die explosive Entwicklung im Hotel- und Gastgewerbe. Hier gingen Ende März 7.343 Personen auf einen Schlag in die Arbeitslosigkeit. "Das war ein Zuwachs um mehr als das Vierfache, nämlich um 311 Prozent", so Beer. "Insgesamt waren von einem Tag auf den anderen 9.704 Arbeitskräfte aus der Gastronomie und Hotellerie arbeitslos. Aber das war noch nicht die Spitze. Im April kamen noch einmal fast zweitausend Personen dazu." Das Zusammentreffen des Lockdown mit der Saisonarbeitslosigkeit führte Stand Ende April zu 11.566 Arbeitslosen aus dem Hotel- und Gastgewerbe.
Niedrigste Arbeitslosigkeit im September
Die schrittweisen Lockerungen wirkten sich vorerst nur zögerlich auf dem Arbeitsmarkt aus. Im Mai (+100,1 Prozent) sowie im Juni (+96,2 Prozent) war die Arbeitslosigkeit immer noch mehr als doppelt so hoch wie in den jeweiligen Monaten des Vorjahres. Mildernd wirkte sich aus, dass das Bauwesen nach der Winterarbeitslosigkeit bald wieder seine Tätigkeit aufnehmen konnte. Mit den weitergehenden Lockerungen und dem Anspringen eines eingeschränkten (Inland-)Tourismus' war die Arbeitslosigkeit im September mit 16.651 Personen (inklusive Schulungsteilnahmen) auf den niedrigsten Stand seit dem Lockdown gesunken. Der Gesamtzuwachs war im Oktober mit +25,6 Prozent (auf 17.172 Arbeitslose) auf dem seit dem Lockdown niedrigsten Niveau.
Zweiter Lockdown wieder spürbar
Der zweistufige Lockdown im November machte sich Ende des Monats November wieder mit einem verstärkten Ansteigen der Arbeitslosigkeit im Vorjahresvergleich bemerkbar: +33,1 Prozent bzw. 22.948 Personen (inklusive Schulungsteilnahmen). Die Auswirkungen des neuerlichen Lockdown sind auch im Dezember weiter spürbar.
Kurzarbeit verhindert Schlimmeres
Auch wenn diese Zahlen hoch sind, könnte die Lage ohne die Corona-Kurzarbeit noch dramatischer sein, heißt es vom AMS. Mit Stand 15. November waren 17.259 Kurzarbeitsprojekte in Salzburg genehmigt. Damit wurden die Arbeitsplätze von 91.033 Beschäftigten (vorerst) gesichert. Die dabei gegenüber den Betrieben zur Abdeckung der Ausfallstunden eingegangen finanziellen Verpflichtungen liegen in Salzburg aktuell bei rund 721 Millionen Euro.
"Diese Dimensionen zeigen, in welchem Ausmaß sich die Kurzarbeit positiv auf den Arbeitsmarkt ausgewirkt hat. Ein großer Teil der damit abgesicherten Beschäftigten hätte sich ansonsten in der Arbeitslosigkeit wiedergefunden und dort den Bestand mit unabsehbaren Konsequenzen vervielfacht."
Dr. Wilfried Beer, Öffentlichkeitsarbeit beim AMS Salzburg
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