Psychologie / Psychotherapie
Psychosomatik und somatoforme Störungen
Was sind psychosomatische und somatoforme Krankheiten?
Bei somatoformen Störungen und Erkrankungen handelt es sich um langanhaltende körperliche Beschwerden, bei denen keine rein organische Ursache gefunden werden kann. Allerdings entsteht jede somatoforme Störung durch physiologische Prozesse, die von psychologischen Prozessen beeinflusst werden, etwa von negativen Stimmungslagen, von chronischem Stress und Angst, von zu viel körperlicher Schonung oder Vermeidung. Diese psychologischen Prozesse sind durch Psychotherapie behandelbar.
Es handelt sich um medizinisch unerklärte Körperbeschwerden. Dazu zählen:
- Somatisierungsstörungen
- Undifferenzierte somatoforme Störungen
- Somatoforme autonome Funktionsstörungen
- Somatoforme Schmerzstörungen
Film zu somatoformen Störungen: "Psychosomatik"
Das Video erklärt prägnant das biopsychosoziale und psychosomatische Gesundheitsmodell.
Die betroffenen Menschen haben ein starkes Leiden
Die Betroffenen haben in der Regel einen jahrelangen Leidensweg hinter sich und sind entmutigt von zahlreichen medizinischen Untersuchungen, die keine Ergebnisse gebracht haben. Sie leiden zudem erheblich unter ihren Beschwerden. Ungefähr jeder fünfte Mensch in Österreich und Deutschland leidet an somatoformen bzw. psychosomatischen Beschwerden.
Die betroffenen Personen scheuen oft eine Psychotherapie, weil sie davon überzeugt sind, dass nur Ärzt*innen ihnen helfen könnten. Sie fühlen sich falsch verstanden und nicht ernst genommen, wenn sie wegen körperlicher Beschwerden zu Psychotherapeut*innen weiterverwiesen werden. Allerdings hilft Psychotherapie ja auch Menschen, die unter chronischen körperlichen Beschwerden und Schmerzen leiden, die nicht somatoform sind (die also sehr wohl körperliche Ursachen haben).
Die Arbeit mit dem Körper in der Psychotherapie
Im Körper sind viele Erfahrungen, Ressourcen, Stärken, Kraftquellen, aber auch Wunden, Blockaden und Traumen gespeichert werden.
Oft gehen wir mit unserem Körper schlecht um und behandeln ihn so, als ob er eine Last oder ein störrischer Esel wäre. Er soll bitte einfach nur funktionieren und Ruhe geben. Der Körper wird rasch zum Gegenspieler und tut nicht so, wie ich will.
Auch in der modernen Medizin bzw. der Reparaturmedizin wird der Körper wie eine Maschine betrachtet und verdinglicht. Hierbei handelt es sich um eine Ideologie, welche unser Gesundheitswesen in eine somatische Medizin für kranke Körper aufspaltet und in eine psychologische Medizin.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelten sich die Psychosomatik sowie die Körperpsychotherapie, welche darum bemüht sind, diese Spaltung zu überwinden.
Oft wissen Leib und Körper mehr als ich selbst und nehmen Dinge wahr, die meinem Bewusstsein noch gar nicht zugänglich sind. Damit beschäftigt sich die Körperpsychotherapie.
In der Körperpsychotherapie geht es um das Lebendige im Körper und um ein bewusstes, achtsames Wahrnehmen von körperlichen Prozessen. Dabei lernen die Patient*innen ein innerliches, annehmendes und distanziertes, nicht wertendes Beobachten von Körpergefühlen und - sensationen.
Auch das körperliche und leibliche Empfinden sind immer eingebettet:
- in die psychische Befindlichkeit
- in meine Lebensgeschichte
- in meine Zeit und Kultur
- in meine Sozialbeziehungen
- in meine Existenz, die ich immer gestalten kann
Als Psychotherapeut gehe ich davon aus, dass Körper und Psyche eine Einheit sind, die sich nicht trennen lassen. Durch ein präzises Beobachten des eigenen Körpers können wir Unbewusstes aufdecken, um dann neue körperliche und psychische Ausdrucksweisen zu finden und therapeutische Potenziale im Körper zu nutzen.
Die Körperpsychotherapie hilft auch bei der Stress- , Affekt- und Emotionsregulation, ermöglicht ein neues Erleben und Handeln sowie einen besseren Zugang zu den Emotionen und Bedürfnissen.
Unsere gesunde Kindlichkeit ist im Körpergedächtnis gespeichert
In der Körperpsychotherapie können wir kindliche Gefühlszustände wiederentdecken oder reaktivieren. Es geht dabei um den inneren Dialog mit kindlichen Anteilen, die wir alle haben, um auf diesem Weg Blockaden, Schmerzen und neurotische Verhaltensweisen zu lindern oder sogar zu heilen. Dabei steht vor allem das kindliche Körpererleben im Mittelpunkt.
Als Kinder
- sind wir sinnlich und haptisch, neugierig und interessiert
- haben wir Lust am Lernen von Neuem
- sind wir fähig, zu staunen und die Dinge immer wieder neu zu betrachten
- können wir imaginieren
- verfügen wir über spielerische Freude, Kreativität, Humor und Optimismus
- wollen wir uns viel bewegen und körperlich ausdrücken
- und vieles mehr
Der innere Dialog mit unserem Körper-Kind kann uns helfen, in Kontakt mit dem eigenen Kind-Sein und unserer gesunden Kindlichkeit zu kommen. Es geht im körpertherapeutischen Prozess darum, unsere kindlichen Eigenschaften im Erwachsenen-Körper zum Ausdruck zu bringen. Durch unser kindliches Körperbewusstsein können wir dann neue Erfahrungen von Selbstwirksamkeit und Authentizität machen.
Die Körperpsychotherapie arbeitet mit vielen unterschiedlichen Methoden, wie:
- dem Ausprobieren und Experimentieren mit neuen Bewegungsmustern und Gesten
- Rollenspielen
- Berührungen
- körperlichen Entspannungsverfahren (etwa der Körperreise oder der Progressiven Muskelentspannung)
- Bewegungssequenzen
- Stimmarbeit
- Atemübungen
- Hypnose, Trance und Imagination
In der Körperarbeit nutzen wir das innere Wissen des Körpers und fördern die Achtsamkeit für körperliche Prozesse und Körpersensationen.
Autor: Florian Friedrich
Psychotherapeut in Salzburg / Hamburg
(Existenzanalyse)
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