Trotz Aschewolke den Flugverkehr aufrechterhalten

- Piloten Klaus Sievers von der European Cockpit Association (ECA) am Flugsimulator (li.) mit Professor Konradin Weber von der Hochschule Düsseldorf.
- hochgeladen von Julia Hettegger
Internationales Forschungsprojekt zur Verbesserung der Flugsicherheit führt Übungen in Salzburg durch.
SALZBURG. Der Vulkanausbruch in Island im Jahr 2010 hat das europäische Flugnetz lahmgelegt. Da wegen der Aschewolke tausende Flüge gestrichen werden mussten, entstanden wirtschaftliche Schäden in Millionenhöhe. Um die Wiederholung eines solches Szenarios bei zukünftigen Naturkatastrophen verhindern zu können, arbeiten Wissenschaftler und Experten aus zwölf Ländern aktuell an einem System, das einen sicheren Luftverkehr mit möglichst geringen wirtschaftlichen Auswirkungen gewährleisten kann – auch bei Naturkatastrophen oder nuklearen Zwischenfällen. Der Name des Forschungsprojektes lautet EUNADICS-AV (European Natural Disaster Coordination and Information System for Aviation).
Uni Salzburg arbeitet daran mit
Das Konsortium von EUNADICS-AV besteht aus 21 Organisationen aus zwölf Ländern. Beteiligt sind nationale Wetterdienste, Messnetzbetreiber, private Unternehmen, Universitäten, Luftverkehrsstellen und Militärdienste. Geleitet wird EUNADICS-AV von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (Zamg). Aus Österreich sind die Österreichischen Luftstreitkräfte, die Universität Salzburg, das Unternehmen Flightkeys und die Austro Control beteiligt.
Übung in Salzburg
Aktuell findet in Salzburg eine großangelegt, internationale Übung zu diesem wissenschaftlichen Projekt statt. Die Übung wird von der Universität Salzburg und der Zamg, sowie dem österreichischen Luftstreitkräften organisiert und findet in der Schwarzenbergkaserne statt.
Ausbruch Ätna
Ein angenommenes Übungsereignis ist der Ausbruch des Ätnas auf Sizilien mit anschließender Ausbreitung einer Aschewolke über ganz Europa. Die dabei freigesetzten Aschekonzentrationen haben großflächige Auswirkungen auf den Flugverkehr, welcher in verschiedenen Phasen simuliert wird. "Wir nehmen an, dass der Tag des Ausbruches der 18. April 2018 ist. Wir üben an den damals stattfindenden 240.000 Realflügen zwischen dem 18. und 25. April und nehmen die damals vorherrschende Windsituation als gegeben an. Wir üben also an einer realen Situation aus der Vergangenheit", erklärt Professor Carl-Herbert Rokitansky von der Uni Salzburg.
Ziel des neuen Modells ist es, die Streichung von Flügen zu vermeiden und Ausweichrouten so zu legen, dass die Auswirkungen der Asche auf das Flugzeug ausbleiben.
Alle haben dieselben Daten
"In verschiedenen Zellen werden die Schritte, welche im Ernstfall durchgeführt werden müssten, realitätsnah simuliert. Die Reaktionskette wird bei der Übung von der ersten Warnung – durch beispielsweise Messwerte – bis zum Piloten durchgespielt", erklärt Gerhard Wotawa von der Zamg. Alle Daten werden auf einer eigens entwickelten Plattform für die Endnutzer bereitgestellt. "So hat der Pilot dieselben Informationen wie die Flugplaner oder die Austro Control", sagt Wotawa.
3D-Gebilde und stündliche Aktualisierung
Für Piloten Klaus Sievers von der European Cockpit Association (ECA) ist das Modell sehr brauchbar. "Derzeit aktualisieren sich die Bilder, die wir von z.B. einer Aschewolke bekommen, nur alle sechs Stunden und die Werte beschreiben eine Höhe zwischen 20.000 bis 350.000 Fuß. Das bedeutet, die Werte sind sehr unaktuell und der angegebene Höhenbereich ist sehr groß und damit ungenau. Das neue System spielt die Wolke als 3D-Gebilde aus und aktualisiert sich jede Stunde. Das ist für den Piloten viel Wert."
Die erwähnte Höhe sei auch beim Vulkanausbruch 2010 ein Thema gewesen. "Über und unter der Wolke hätte man fliegen können, das aktuelle System lässt diese Auswertung allerdings nicht zu", erklärt Wotawa von der Zamg.
"Das Modell kann sehr viel und muss sinnvoll angewendet werden. Dazu braucht es die Konsensbildung der Behörden", sagt Pilot Sievers.
Wirtschaftlicher Mehrwert soll Umsetzung vorantreiben
Wie schnell das System in der Praxis verwendet werden wird, können die Projektbeteiligten nicht sagen. Man hoffe aber darauf, dass der wirtschaftliche Mehrwert erkannt und daher eine Umsetzung vorangetrieben werden und vielleicht schon in fünf Jahren mit dem System gearbeitet werden könne.
"Derzeit kann niemand sonst das in Europa, weder in dieser Größe noch mit dieser Genauigkeit", sagt Gerhard Wotawa.





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