Krisenintervention Schärding
Da sein, wenn die Welt zusammenbricht

Das Kriseninterventionsteam aus dem Bezirk Schärding (3 Mitglieder fehlen am Foto) leistet ehrenamtlich psychologische Erste Hilfe. Heuer hatte die Einheit des Roten Kreuzes bereits etwa 50 Einsätze in Schärding plus circa 15 Assistenzeinsätze in Nachbarbezirken.  | Foto: Rotes Kreuz
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  • Das Kriseninterventionsteam aus dem Bezirk Schärding (3 Mitglieder fehlen am Foto) leistet ehrenamtlich psychologische Erste Hilfe. Heuer hatte die Einheit des Roten Kreuzes bereits etwa 50 Einsätze in Schärding plus circa 15 Assistenzeinsätze in Nachbarbezirken.
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Das Kriseninterventionsteam des Bezirks Schärding leistet seit mehr als 20 Jahren psychologische Erste Hilfe.

SCHÄRDING. Ein Team aus 15 Ehrenamtlichen ist für die Krisenintervention im Bezirk Schärding zuständig, darunter drei Notfallseelsorger. Sie werden von den Einsatzkräften hinzugeholt, wenn das Risiko eines Traumas besteht. Die Krisenintervention begleitet zum Beispiel die Polizei, wenn diese die Nachricht vom Tod eines Angehörigen überbringen muss. Während die Beamten schnell wieder weg sind, bleiben die zwei Krisenhelfer in den ersten Stunden vor Ort. Auch bei Suizid, dem Tod eines Kindes, oder wenn man Zeuge eines Todesfalles im öffentlichen Raum wird, leisten sie Betroffenen oder Zeugen psychologische Erste Hilfe. Nicht immer ist jemand gestorben, wenn die Krisenintervention kommt: Bei laufenden Reanimationen stehen sie Ersthelfern zur Seite oder kommen, wenn Menschen nach einem schweren Brand oder Hochwasser vor den Scherben ihrer Existenz stehen.

"Ziel ist es, eine Traumatisierung zu vermeiden und die betroffene Person wieder ins Handeln zu bringen", so Manuela Edi, Leiterin des Teams.

Auf dem Weg zum Einsatz bemüht sie sich, innerlich zur Ruhe zu kommen. Dort angekommen, holt die St. Florianerin von der Leitstelle so viele Infos wie möglich zusammen. "Denn das ist es, was die Betroffenen auch im ersten Schock sofort wissen wollen. Was ist passiert? Alles, was nicht beantwortet wird, füllt das Unterbewusstsein irgendwie aus", so Edi. Die Worte "tot" oder "gestorben" werden einfühlsam, aber bewusst verwendet. Man darf auch mitweinen oder mitschweigen. Zeigt sich, dass Betroffene nach der Akutbetreuung weitere psychologische Unterstützung brauchen, übernimmt die Krisenhilfe. Sie kann bis zu sechsmal ins Haus kommen. Rosemarie Mayrhofer aus Andorf ist seit vier Jahren im Kriseninterventionsteam. Für die Alarmierung hat sie einen eigenen Klingelton, der nur dafür verwendet wird.

"Wir können kein Leid nehmen und nichts ungeschehen machen – nur da sein und begreifen helfen." Rosemarie Mayrhofer

Familienmitglieder informieren, den Pfarrer oder Bestatter anrufen oder die Zeit überbrücken, bis Freunde oder Verwandte eintreffen. "Je mehr man den Betroffenen die Möglichkeit gibt zu reden, umso schneller kommen sie aus der ersten Schockstarre", so Mayrhofer.

Aufatmen spürbar bei anderen Einsatzkräften

Oft sei auch ein Aufatmen der anderen Einsatzkräfte spürbar, wenn sie eintreffen, ist ihr aufgefallen. Vor kurzem hat Mayrhofer nach einem Einsatz eine Dankeskarte erhalten, über die sie sich sehr gefreut hat: "Danke für deine Anwesenheit und deine beruhigenden Worte – das hat gutgetan", stand darin. "Hätte es euch nur damals schon gegeben" – diesen Satz haben beide Helferinnen schon häufiger gehört.

Das Aufgabengebiet der Krisenintervention weitet sich indes stark aus. Bei Großschadensereignissen, wie einem Amoklauf oder einem Bahnunglück, wird ein Betroffeneninformationszentrum eingerichtet, um das sich die Krisenintervention kümmert. Dort erhalten Angehörige, die jemanden suchen, gesicherte Informationen und werden psychologisch betreut. Zu Beginn der Corona-Pandemie führte das Team etwa 500 Telefonate mit den Ersten, die in Quarantäne geschickt wurden, um sich nach ihrem psychischen Wohlbefinden zu erkundigen. Für die Ausbildung muss man mindestens 25 Jahre alt sein, eine gewisse Lebenserfahrung und Empathie mitbringen. Dass man selbst psychisch stabil ist, ist ebenfalls Grundvoraussetzung.

Zur Sache: 

Hier kommt das Kriseninterventionsteam zum Einsatz:

  • Begleitung der Polizei beim Überbringen einer Todesnachricht
  • ein plötzlicher Todesfall im häuslichen Bereich
  •  während bzw. nach notärztlicher Versorgung
  •  Suizid oder Suizidversuch
  • Verkehrs-, Arbeits-, Sport- oder Freizeitunfälle
  •  schwerer Unfall oder Tod eines Kindes
  • Überfall am Arbeitsplatz
  • Verlust der Lebensgrundlage, zum Beispiel nach Hochwasser oder Bränden
  • Gleisunfälle bei ÖBB oder Westbahn, zum Beispiel Betreuung der Lokführer
  • Vermisste Personen: Hilfe bei der Personensuche und der Betreuung von Angehörigen
  • Großschadensereignisse oder Katastrophen, wie zum Beispiel das Hochwasser in Schärding oder möglicherweise ein Amoklauf
Das Kriseninterventionsteam aus dem Bezirk Schärding (3 Mitglieder fehlen am Foto) leistet ehrenamtlich psychologische Erste Hilfe. Heuer hatte die Einheit des Roten Kreuzes bereits etwa 50 Einsätze in Schärding plus circa 15 Assistenzeinsätze in Nachbarbezirken.  | Foto: Rotes Kreuz
Manuela Edi leitet das Kriseninterventionsteam des Roten Kreuzes Schärding.  | Foto: Rotes Kreuz
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