Wie barrierefrei ist Spittal?

Die WOCHE-Tester: Barrierefreiheits-Experte und Baumeister Engelbert Hosner mit seiner Frau Kelly und Tochter Chiara, Marliese Weichselbraun und Kurt Hofer (ehemals ÖZIV)
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SPITTAL (ven). Seit 2006 ist es klar: Bis Jänner 2016 müssen alle öffentlichen Gebäude barrierefrei zugänglich sein. Doch wie sieht es in der Bezirksstadt Spittal aus? Die WOCHE machte mit Barrierefreiheits-Experten Engelbert Hosner und Kurt Hofer sowie Marliese Weichselbraun im Rollstuhl und Kelly mit Chiara Hosner im Kinderwagen den Test.

Rathaus wird umgebaut

Begonnen wurde im Spittaler Rathaus. Die Eingangstür lässt sich mit dem Eurokey, den man als zum Beispiel Rollstuhlfahrer oder ab einer sechs Monate andauernden Einschränkung anfordern kann, automatisch öffnen. Es gibt auch einen Lift, die Bedienelemente sind allerdings nicht taktil markiert. Schwieriger wird es bei der Treppe und den Sanitäranlagen. Derzeit sind die WCs nicht behindertengerecht zugänglich, die Handläufe bei den Stufen sind zu kurz und auch zu hoch, auch ist die erste Stufe laut Hosner "zu wenig kontrastiert". Aber: "Es gibt Pläne, das Rathaus dementsprechend umzubauen und ein barrierefreies Bürgerbüro einzurichten", so Hofer.

BH muss noch nachrüsten

Als nächstes schaute man sich die Bezirkshauptmannschaft (BH) an. Der behindertengerechte Rollstuhl-Aufzug befindet sich im Innenhof, auch Mütter mit Kinderwagen kommen beim Haupteingang mit vielen Stufen nicht hinein. "Warum muss eigentlich jemand, der beeinträchtigt ist, immer hinten rein?", fragt sich Hofer. Per Klingel wird die Schranke zum Parkplatz im Innenhof geöffnet, allerdings ist der Behindertenparkplatz zu klein markiert. "Hier könnte man noch eine Tafel auf der Wand befestigen, denn wenn Schnee liegt, sieht man das aufgemalte Symbol am Boden nicht", bemerkt Hosner. Die Bedienung des Liftes ist für Weichselbraun einfach, allerdings muss sie beim Verlassen rechts einen Knopf drücken und gleichzeitig links die Tür aufdrücken. "Das sollte automatisch gehen", sagt sie. Die WC-Anlagen haben nur kleine Mängel. "Es fehlen der Notruftaster, zwei Kleiderhaken auf 1,20 Metern höhe und der Handtuchspender ist außer Reichweite", sind sich Weichselbraun und Hosner einig. In der Einlaufstelle und Information sieht es gut aus: Es gibt einen höhenverstellbaren Tisch und eine Lautsprecheranlage. Auch das taktile Leitsystem am Boden weist gut den Weg.

AK hat Lift installiert

Arbeiterkammer (AK)-Bezirksleiter Andreas Gaggl wartete bereits auf die Gruppe. Hier wurde eigens ein Lift in den ersten Stock, der von außen zugänglich ist, eingebaut. Allerdings gibt es auch ein behindertengerechtes WC, dessen Beschilderung - unter anderem mit Braille-Schrift - noch fehlt. Positiv: "Die Kontrastierung bei den Eingangstüren für Sehbehinderte ist sehr gut, auch die Eingangstür zum AK-Büro geht automatisch per Tastschalter auf", stellt Hosner fest. Statt eines Stiegengeländers wäre ein Handlauf noch die bessere Variante, denn: "Den Aufzug darf man ja im Brandfall nicht benutzen, also muss das Stiegenhaus auch gut gerüstet sein", erklärt Hosner.

Post muss aufholen

Auf dem Weg zum Bahnhof gab es auch bei der Post am Egarterplatz einen Lokalaugenschein. Eine lange Rampe ermöglicht es Weichselbraun und Kelly Hosner, in die Filiale zu gelangen. Aber: Die Kontrastierung bei den Glastüren ist laut Hosner zu wenig und die Handläufe bei den Stufen wieder viel zu kurz.

Bahnhof neu umgebaut

Der Bahnhof sei ein tolles Beispiel für Barrierefreiheit. Bei der Planung war auch Kurt Hofer mit eingebunden. Ein taktiles Leitsystem beginnt bereits am Parkplatz und wird in der Eingangshalle fortgeführt, die Behindertenparkplätze sind auch groß genug. Die Toilette ist ebenfalls bestens ausgerüstet, einziges Manko: Der Notruf, der per Schalter ausgelöst werden kann, geht zuerst an die ÖBB. "Hier könnte man den gleich an das Rote Kreuz übermitteln, das ginge schneller", schlägt Hofer vor. Beim Versuch von Weichselbraun, beim Automaten eine Fahrkarte zu kaufen, tut sie sich mit der Höhe des Bankomaten schwer. Sehbehinderte scheitern am Automaten gänzlich, sie müssen den Schalter zu den Öffnungszeiten benutzen. Ein äußerst positives Beispiel sei jedoch der Aufzug. "Es gibt eine akustische sowie taktile Anzeige", so Weichselbraun. Auch das Stiegengeländer sei laut Hosner "perfekt".

Wirtschaftskammer plant Umbau

Die letzte Station der Gruppe ist die Wirtschaftskammer (WK) in Spittal. Der Behindertenparkplatz ist zu klein, er sollte mindestens fünf mal 3,5 Meter groß sein. Die Aufgangsrampe befindet sich auf der anderen Seite der Gebäudefront. "Ein großer Umweg vom Parkplatz", sind sich Weichselbraun und Hosner mit dem Kinderwagen einig. Der Handlauf bei der Stiege sei laut Hosner auch zu steil. Die Sanitäranlagen sind okay, allerdings steht hier auch ein Wickeltisch. "Es wäre idealer, wenn der Wickeltisch wegklappbar wäre, dann hat man etwas mehr Bewegungsspielraum", erklärt Weichselbraun. Manko: Keine kontrastierende Glasflächen im Eingangsbereich. Aber: Wie das Rathaus wird die Wirtschaftskammer umgebaut werden. Ab September soll es im Eingangsbereich eine Theke mit einem Bereich für Behinderte sowie ein taktiles Leitsystem im Gebäude geben.

Zusammenfassung

Rathaus:
Positiv: Eingangstür mit Eurokey zu öffnen, Lift ist vorhanden
Negativ: Bedienelemente im Lift nicht taktil markiert, Sanitäranlagen nicht behindertengerecht, Handläufe bei Stufen zu kurz, Stufe farblich nicht kontrastiert
Fazit: Pläne für Umbau und ein barrierefreies Bürgerbüro

Bezirkshauptmannschaft:
Positiv: Stufen mit Handlauf vor Eingangstüre, Behindertenparkplatz im Innenhof vorhanden, Aufzug vorhanden, taktiles Leitsystem in den Gängen, behindertengerechtes WC vorhanden, höhenverstellbarer Tisch in Einlaufstelle, Lautsprecher
Negativ: Öffnen der Aufzugstüre recht umständlich, Notrufschalter und Kleiderhaken im WC fehlen, Handtuchspender ist außer Reichweite
Fazit: Mängel sollen behoben werden

Arbeiterkammer:
Positiv: Aufzug, behindertengerechtes WC, Tür öffnet sich per Schalter automatisch, kontrastierende Glasflächen
Negativ: WC ist nicht beschildert, Handlauf bei den Stiegen fehlt, kein Behindertenparkplatz
Fazit: Nachrüstung wurde versprochen

Bahnhof:
Positiv: Taktiles Leitsystem, behindertengerechte Parkplätze, akustische, taktile Kennzeichnung in Lift und auf Bahnsteig, WC-Anlage
Zu verbessern: Notruf an Rotes Kreuz statt zu ÖBB

Wirtschaftskammer:
Positiv: Behinderten-WC im Erdgeschoß, Lift vorhanden, Parkplatz vorhanden
Negativ: Aufgangsrampe auf anderer Gebäudeseite von Parkplatz, Eingangstüren schwer zu öffnen, keine farbliche Kontrastierung bei Glasflächen, Wickeltisch im WC sollte klappbar sein, kein taktiles Leitsystem
Fazit: Ab September Umbau mit Theke mit barrierefreiem Bereich geplant

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