„Alles ist mit allem verbunden“
Die vielseitige Künstlerin Gertrud Reiterer-Remenyi über den Vorteil schauspielern zu können und über den Ernst des Lebens.
SPITTAL (des). Seit vielen Jahren bereichert Gertrud Reiterer-Remenyi die Kulturszene in Spittal und Umgebung. WOCHE traf sich mit ihr zum Gespräch im Park.
Woche: Fast jedes Kind träumt davon Schauspieler zu werden. Wie schafft man es sich den Wunsch auch zu erfüllen:
REITERER-RENMENYI: Nach der Matura habe ich mich umgeschaut und Wege gesucht, um meinen Traum zu verwirklichen. In Wien begann ich dann meine Ausbildung an der Schauspielschule Krauss.
Was hat Sie als Kind an der Schauspielerei gereizt?
Ich war ein sehr schüchternes Kind und habe erlebt, dass ich mich auf der Bühne ausleben konnte und Anerkennung erhalten habe. Ich spielte mit am Schultheater und Menschen, die etwas vom Schauspielern verstanden, haben mir Talent bescheinigt.
Haben Sie mittlerweile Ihre Schüchternheit überwunden?
Sagen wir mal so, ich weiß heute mit meiner Befangenheit umzugehen. Anscheinend bin ich darin so gut, dass nur sehr wenige Menschen erkennen, dass ich im Grunde meines Wesens schüchtern und zurückhaltend bin. Ich erhalte im Gespräch fast immer die Rückmeldung, dass ich so selbstbewusst und sicher wirke.
Wer Sie im Internet recherchiert, findet zahlreiche Tätigkeiten, die Sie ausüben. Sie sind Stimm- und Kommunikationstrainerin, diplomierte Schauspielerin, Aerobic-Lehrerin, Obfrau der „Stadtbühne Spittal“, Autorin, Sängerin, Regisseurin und Unternehmerin mit der Firma Animotus. Sind die vielen Ausbildungen, eine Absicherung, weil Schauspielkunst als brotlos gilt?
So konkret habe ich meine zusätzlichen Ausbildungen gar nicht ausgewählt, denn ich habe mich von Anfang an als Schauspielerin auf der Bühne gesehen. Ich habe während meiner Schauspielausbildung nach dem Motto gelebt: Jetzt ist die Zeit des Lernens und ich nehme so viel Wissen mit wie möglich. Dass am Ende alles zusammengepasst hat, ist die Dynamik des Lebens - Alles ist miteinander verbunden.
Wie viel Leidenschaft braucht es für die Schauspielerei?
Nur mit Leidenschaft lässt sich dieser Weg gehen. Neben der Leidenschaft zur Schauspielkunst, bin ich ein sehr strukturierter Mensch. Im Hinterkopf beschäftigte ich mich natürlich mit der Frage: was braucht es um von dem Beruf leben zu können. Mir war bewusst, dass es in dem Beruf viel Kompetenz braucht und auch ein Netzwerk sowie das berühmte Quentchen Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.
Können Amateure jedes Theaterstück spielen?
Ja, aber der Weg dahin, ist länger als bei ausgebildeten Schauspielern. Man muss Vertrauen aufbauen können, damit die Amateure aus ihrer Komfortzone ausbrechen können und beispielsweise Gewaltszenen oder Wut verkörpern können. Das einzige Merkmal an dem man meistens Amateure erkennt, ist an der Stimme. Die Stimmbildung hört nie auf.
Wie groß ist der Wunsch bei Ihnen im Fernsehen eine Rolle zu übernehmen?
Das ist kein Wunsch von mir. Ich habe früher bei Imagefilmen mitwirken dürfen, da habe ich gemerkt, dass es nicht meine Erfüllung ist. Außerdem habe ich mich nicht so gerne selber angeschaut. Beim TV fehlt mir, dass die Figuren keine Zeit bekommen sich zu entwickeln.
Wenn Sie nicht auf der Bühne stehen, integrieren Sie die Schauspielkunst in Ihre Arbeit als Coach. Warum?
Mit Hilfe der Schauspielkunst biete ich Kommunikations-, Konflikt- und Motivationstraining für Mitarbeiter an. Firmen wie Hotels oder die Drogeriekette DM engagieren mich um den Teamgeist zu stärken. So haben mich vor drei Jahren sieben Unternehmerinnen aus Kärnten gebucht, um in einem Workshop die Profession zu erlernen. Die zwei Tage waren so erfolgreich, dass am Ende eine Performance daraus wurde und wir im nächsten Frühjahr „Kalendergirls“ auf der Bühne spielen werden. Das Fazit meiner Klientel lautet fast immer: „Schauspielerei bringt mir persönlich sehr viel“.
Welches Projekt realisieren Sie gerade in ihrem Verein Stadtbühne Spittal?
Im Oktober findet zwei Tage in Spittal ein Workshop statt und am Samstag, den 06. Oktober findet die Vorstellung statt. Gespielt wird „Die Stunde, in der wir nichts voneinander wussten“. Es ist ein Einakter von Peter Handke, das ohne Worte auskommt. Rund 100 Akteure werden teilnehmen und mit Gestik sowie Geräuschen den Figuren Leben einhauchen.
Anfang des Jahres haben Sie mit dem Verein Stadtbühne Ihr eigenes Werk „Vier ganz normale Tage“ herausgebracht. Wie mutig war das?
Ich denke, dass war das Verrückteste, was ich bisher gemacht habe Das Vertrauen mit einem selbstgegründeten Verein, das eigene Theaterstück mit eigens komponierter Musik von Matej Dzido in einer solchen Größenordnung durchzuziehen, hätte auch als Fiasko enden können. Ich hatte mich ja auch finanziell daran beteiligt. Es ist gut gegangen und war ein Erfolg, aber ich hätte auch erst einmal mit einer kleineren Geschichte anfangen können.
Werden sie demnächst wieder ein Theaterstück schreiben?
Langfristig möchte ich sehr gerne, aber im Moment habe ich große Lust an einem eigenen Bühnenprogramm zu arbeiten. Mir schwebt da so ein musikalisch literarischer Abend mit Werken von Georg Kreisler, Bert Brecht und Ernst Jandl. Motto des Abends: Das Leben ernst nehmen, aber nicht am Ernst zerbrechen.
Sie sind strukturiert und diszipliniert. Ist da Raum für Laster?
Es fällt mir schwer, einfach nur zu relaxen. Wenn ich mich einfach nur ausruhe, muss trotzdem immer eine Aktion damit verbunden sein, wie zum Beispiel Ideen aufschreiben. Ich habe im Moment Urlaub, war aber bereits heute im Atelier oder führe das Interview mit Ihnen. Ich denke dann immer, ich mache das alles sehr gerne und es ist keine Arbeit im eigentlichen Sinne für mich.
Wie reagieren Freunde und Familie auf diese Unzulänglichkeit?
Ich ernte häufig liebevolle Vorwürfe. Jedoch den größten Einfluss mich zu ändern, hat mein Sohn Martin. Er ist wie ich strukturiert und lösungsorientiert, kann aber loslassen und genießen. Da kann ich viel von ihm lernen und ihm gelingt es auch mich zu ändern.
Was ist für Sie Luxus?
Mit Freunden gelassen zusammen zu sein.
Welches Buch lesen Sie gerade?
Ich lese viele Bücher parallel, aber im Moment begeistert mich „ Die Deutschlehrerin“ von Judith W. Taschler. Obwohl ich mich schwer tue, Romane nur zum Vergnügen zu lesen. Auch bei der Deutschlehrerin mache ich mir schon wieder Gedanken, wie ich es auf die Bühne bringen kann.
Mit wem würden Sie gerne zu Abendessen? Es gelten auch verstorbene Persönlichkeiten.
Mit Erika Pluhar. Sie ist mein Vorbild. Sie ist ein so vielseitiger Mensch und hat eine große Ausstrahlung. Ich liebe ihre Stimme und bewundere sie für die Fähigkeit wie sie ihre Gedanken in Büchern niederschreibt. Immer wenn ich es lese, denke ich, ja genau so wollte ich das auch sagen.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Interessante Begegnungen. Wie auch mein Stück „Vier ganz normale Tage“ aus interessanten Begegnungen entstanden ist. Ich möchte Menschen kennenlernen, mit denen man etwas bewegen kann. Zum Beispiel wie die Kulturarbeit mit der Firma DM. Kommunikationstraining mit Schauspielerei verbinden und im Team neue Sichtweisen zu erlangen. Auf alle Fälle möchte ich neugierig bleiben. Schön wäre auch die Eröffnung eines Kultur-Cafés, in dem fixe Proben statt finden sowie Lesungen und Aufführungen ausgeübt werden können.
Zur Person
Name: Gertrud Reiterer-Remenyi
Geburtstag: 6. März 1969
Familie: Verheiratet, ein Sohn
Wohnort: Göriach
Heimatort: Spittal
Beruf: Diplomierte Schauspielerin, Trainierin, Coach, Autorin, Regisseurin
Hobbies: Sport und Tanz
Vorbilder: Erika Pluhar, Romy Schneider
Lieblingsspeise: Nudeln, Lasagne
Lieblingsplatz: Burgturm in Gmünd
Lebensmotto: Redet miteinander
Word-Rap:
Steak oder Spinatlasagne? Spinatlasagne
Wein oder Hollunderwasser? Wein
Strand oder Berg? Strand
Schlager oder Heavy Metal? Heavy Metal
Buch oder Ipad? Buch
Stöckelschuhe oder Flip Flops? Stöckelschuhe
Kleid oder Hose? Kleid
Auto oder Fahrrad? Auto
Campingplatz oder Hotel? Hotel
Hund oder Katze? Hund
Whats App oder Telefonat? Telefonat
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