Pflege Niederösterreich
Hospizenquete mit Themenschwerpunkt Demenz
Zum Auftakt der Hospizenquete betonte Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister in ihrer Begrüßungsrede in Vertretung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner einmal mehr die Wichtigkeit qualitativ hochwertiger Pflegeangebote inklusive flächendeckender Hospiz- und Palliativversorgung: „Die Vernetzung funktioniert bei uns in Niederösterreich hervorragend, weil hier viel Engagement dahintersteht.“
ST. PÖLTEN/ NÖ. Mit der Alterung unserer Gesellschaft wird Demenz in den unterschiedlichen Formen wie etwa die Alzheimer Krankheit zu einer zunehmenden Herausforderung.
55 Millionen Menschen sind betroffen
Die langen Krankheitsverläufe, die sich mitunter über zehn Jahre erstrecken, unterscheiden sich auf den ersten Blick von denjenigen Erkrankungen, die für Hospiz & Palliative Care klassischerweise in Frage kommen. Laut dem Welt-Alzheimer-Report 2022 und Schätzungen der WHO sind weltweit rund 55 Millionen Menschen betroffen.
„Die multiprofessionelle Begleitung und Behandlung von Menschen, die an Demenz erkrankt sind, verlangt Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Für Menschen mit Demenz ist es schwierig, Zugang zu spezialisierter Hospizbetreuung und Palliativversorgung zu bekommen“,
so Mag. Barbara Schwarz, Präsidentin Hospiz Österreich.
Dies liegt nicht an gesetzlichen Vorgaben oder finanziellen Restriktionen, sondern meist an der Grundhaltung der in der spezialisierten Hospiz- und Palliativversorgung tätigen Personen.
„Menschen mit einer Demenzerkrankung werden in der Regel von Angehörigen oder in stationären Langzeitpflegeeinrichtungen betreut und im ersten Hinsehen unterscheidet sich das Krankheitsbild von idealtypischen Erkrankungen wie beispielsweise aus dem onkologischen Formenkreis. Aus ethischer und sozialer Perspektive entsteht der Eindruck, dass an Demenz erkrankte Menschen zu wenig Fürsprache erhalten und auch keinen Platz in der Gesellschaft“,
erklärt Klaudia Atzmüller, Vorsitzende Landesverband Hospiz NÖ.
Erkenntnisse rund um Demenz und Palliative Care
Bei der diesjährigen Hospizenquete wurden wichtige Erkenntnisse rund um Demenz und Palliative Care aus unterschiedlichen Blickwinkeln präsentiert, die weit über tagesaktuelle Themen hinausgehen. Der Landesverband Hospiz NÖ hat als der Ansprechpartner in Sachen Hospiz und Palliative Care in Niederösterreich die integrierte Versorgung stets im Blick und ist stolz, bereits zum 22. Mal die Enquete auszurichten.
„Wir bieten einen Reflexions- und Vernetzungsraum und sind mit allen Hospiz und Palliative Care Angeboten und Initiativen in Niederösterreich eng verbunden. Dabei ist uns auch die Unterstützung von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein großes Anliegen. Wir freuen uns sehr über das große Interesse an unserer diesjährigen Hospizenquete. Das bestärkt uns einmal mehr in unserem tagtäglichen Tun“,
sagen die beiden Geschäftsführerin des Landesverband Hospiz NÖ, Petra Kozisnik, BSc und Sonja Thalinger, MSc.
Dr. Carmen Birkholz, Theologin und Forscherin am Institut für Lebensbegleitung (Essen und Wilhelmshaven, Deutschland), widmete sich gleich zu Beginn der Enquete dem Thema Demenz, Trauer und Total Pain in der Palliativversorgung. Sie betonte die Bedeutung einfühlsamer Trauerbegleitung, die die Verletzlichkeit von Menschen würdigt. Ein fundiertes Verständnis von Trauer, kann helfen, Schmerzen bei Menschen mit Demenz besser zu erkennen und zu lindern.
Mag. Walter Lamplmayr, PM.ME, Katholische Seelsorgestelle Seniorenzentrum Spallerhof Linz, sprach im Anschluss über die ethischen und praktischen Herausforderungen bei der Begleitung von Menschen mit Demenz bis zu ihrem Tod. In seiner Präsentation nahm er anhand von konkreten Beispielen Bezug auf seine Erfahrungen als Altenheimseelsorger und Ethikberater in der geriatrischen Langzeitpflege.
Im Laufe des Vormittags betonte Marianne Buchegger, BA, MSC, CS Caritas Socialis & Promenz, in ihrem Impulsreferat die Bedeutung der Pflegebeziehung, die auf Vertrauen und empathischer Kommunikation basiert. Sie zeigte sowohl die Gemeinsamkeiten zwischen Palliative und Dementia Care als auch die notwendigen Anpassungen auf, die im Verlauf einer dementiellen Erkrankung erforderlich sind.
Renate Gabler-Mostler DGKP und Renate Spadinger DGKP stellten gemeinsam das Demenz-Service NÖ vor, das einen personenzentrierten Ansatz im Umgang mit Menschen in Krisen und zielorientierte Problemlösungen für Menschen und Familien bietet, die von Demenz betroffen sind. und beleuchteten die Verbindung zur Hospiz- und Palliativversorgung.
Mag. Filip Deimel, Leiter Gruppe Gesundheit & Soziales begrüßte die Anwesenden schließlich zum Mittagsempfang in Vertretung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Es fand ein angeregter Austausch mit den Expertinnen und Experten statt und diverse Infostände standen für vertiefenden Wissenstransfer zur Verfügung.
Am Nachmittag sprach Trainer und Coach Dr. Sepp Fennes über die Bedeutung von Selbstfürsorge bei der Begleitung von Menschen im palliativen Kontext. In seinem Vortrag stellte er zwei praxisnahe Modelle vor, die eine strukturierte Anleitung zur Selbstfürsorge bieten und einen inneren Bezugsrahmen für Menschen mit Demenz, aber auch gesunder Menschen herstellen.
Danach konzentrierte sich Bettina Bogner-Lipp, MA, Gerontologin (UniLehrgang für interdisziplinäre Gerontologie Graz), in ihrem Impulsvortrag auf Menschen mit Demenz, die ihre letzten Lebensphasen in stationären Einrichtungen verbringen. Sie diskutierte Schwachstellen in der palliativen Betreuung dieser besonders vulnerablen Gruppe, einschließlich ihrer Angehöriger, im Zusammenhang mit strukturellen und alterspolitischen Bedingungen, gesellschaftlichen Altersbildern und Wertvorstellungen.
Univ.-Doz. Dr. Gerald Gatterer, Klinischer -& Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut und Gerontologe, befasste sich mit dem Thema Demenz als Teil von Palliative Care aus einer psychotherapeutischen und wissenschaftlichen Perspektive.
Zum Schluss präsentierte Petra Kozisnik, BSc, DGKP, Geschäftsführerin des Landesverband Hospiz NÖ „Brain Health für dich und mich“. Sie betonte, dass kognitive Einschränkungen oft als unausweichliche Folge des Alterungsprozesses angesehen werden. Die Forschung zeigt allerdings auf, dass Prävention möglich ist – jeder Einzelne trägt hier eine gewisse persönliche Macht in sich.
Abschließend konnte durch die vielfältigen Perspektiven aufgezeigt werden, dass sich Menschen mit einer Demenz Erkrankung nur auf den ersten Blick von jenen unterscheiden, die oftmals in den spezialisierten Hospiz- und Palliativeinrichtungen Platz und Ansprache finden.
Über den Landesverband Hospiz NÖ
Der Landesverband Hospiz NÖ wurde 2001 als gemeinnütziger Verein mit Sitz in Mödling gegründet. Als Dachorganisation ist der Landesverband Hospiz NÖ mit allen Hospiz- und Palliative Care Angeboten und Initiativen in Niederösterreich eng verbunden und fungiert als Botschafter für einen guten und würdevollen Umgang mit dem Leben und dem Sterben. Kernkompetenzen sind die kontinuierliche Qualitätssicherung und Weiterentwicklung der flächendeckenden Hospiz- und Palliativversorgung in Niederösterreich. Wesentlich ist es, sicherzustellen, dass alle Menschen – unabhängig von sozioökonomischem Hintergrund – Zugang zu qualitativ hochwertiger Pflege und Betreuung bekommen. Sterben betrifft uns alle. Sprechen wir darüber.
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