Krieg und Flucht
Bilder, die Erlebtes greifbar machen

Dzanic verarbeitet ihre Erlebnisse mit Fotomontagen. | Foto: Dzanic
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Jasmina Dzanic verarbeitet ihre Erlebnisse von Krieg und Flucht mit Fotografie. Im Juli eröffnet die Ausstellung "Novi Dom – Bosnische Flüchtlinge in St. Pölten 1992 – 2022“.

ST. PÖLTEN. Als 1992 in Bosnien der Krieg ausbricht, ändert sich für Jasmina Dzanic, damals acht Jahre alt, ihr gesamtes Leben: "Ich hab die Panik der Eltern gespürt. Als Kind konnte und sollte man keine Fragen stellen. Es waren alle überfordert. Ich wusste nicht, was Krieg bedeutet, aber man bekommt mit, dass Stromausfall ist, dass es kein fließendes Wasser gibt, oder dass im Radio nur Warnmeldungen gespielt werden"
In der Wohnung der Familie gab es einen langen Vorraum mit nur einem Fenster, der Schutz bot. Deswegen kamen auch die Nachbarn in die Wohnung: Zehn Erwachsene und fünf Kinder hausten dort gemeinsam - drei Monate lang.
Einfach mal einkaufen zu gehen, war nicht möglich. Die fünfzehn Menschen lebten die drei Monate lang von Vorräten. "Es ist auch nicht viel gegessen worden. Wasser war das größte Problem", erinnert sich Jasmina Dzanic.

Foto: Dzanic

Flucht in der Nacht

"Wir sind nur mit Plastiksackerl mit zwei Plastiksackerl mit Dokumenten und dem letzten Wasser zu einem Bus gelaufen, von dem wir nicht wussten, wo er hin fährt", sagt Jasmina Dzanic. Die Flucht war ein großes Risiko. An einen Zwischenfall erinnert sich Dzanic besonders: "Der Bus wurde aufgehalten und ein Mann mit Maschinengewehr ist reingekommen. Er hat gemeint, er erschießt uns alle. Hinten im Bus sind drei junge Leute, zwei Brüder und eine Schwester, gesessen. Der Mann hat gesagt, sie müssen aussteigen. Wir haben dann gewartet, etwa eine Stunde, dann sind sie zurückgekommen. Der eine voller Blut, auf allen vieren, die Schwester war von oben bis unten geschlagen, Haare und Gewand waren zerfetzt. Sie haben gesagt, der dritte kommt nicht mehr."Unterkunft im SonnenparkNach mehreren Zwischenstationen landeten Jasmina Dzanic und ihre Familie in St. Pölten, wo sie gemeinsam mit 150 anderen Flüchtlingen im Sonnenpark untergebracht wurden.

Foto: Dzanic

Schule mit Hindernissen

Für die junge Jasmina war der Start in den österreichischen Schulalltag nicht einfach. "Die Lehrerin hat gesagt 'Die Jasmina versteht kein Deutsch, mit der braucht's eh nicht reden'. Ich war schüchtern - ich hab sie schon verstanden und auch schon reden können, aber ich hab mich nicht getraut." Auch die Schulunterlagen fehlten Jasmina. "Ich hab ein Heft, einen Bleistift und einen Radiergummi gehabt. Die Lehrerin hat gemeint 'In Österreich schreibt man mit einer Füllfeder, in Österreich hat man verschiedene Hefte...' und ich hab mir nur gedacht 'Das hatte ich in Bosnien auch - aber was soll ich machen?' ".
Im nächsten Jahr, mit einer neuen Lehrerin, wurde es dann besser. Und generell begann es, für Jasmina

Wiederholte Geschichte

"Die jetzige Situation hat sehr viel wieder hochgebracht. Vor allem, weil ich mit dem Projekt schon seit eineinhalb Jahren so intensiv beschäftigt war. Jeder Krieg ist in meinen Augen gleich. Wie ich die Bilder gesehen habe, frage ich mich nur 'Warum? Hat man denn nichts von der Geschichte gelernt' ", sagt Jasmina Dzanic.
Ein Lichtblick für sie ist allerdings, dass sich die Versorgung der Flüchtlinge sich verbessert hat.

Fotografin Jasmina Dzanic lebt seit 30 Jahren in St. Pölten. | Foto: Stefan Grauf
  • Fotografin Jasmina Dzanic lebt seit 30 Jahren in St. Pölten.
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Erlebnisse verbildlichen

"Für die Ausstellung habe ich Bilder künstlerisch bearbeitet und meine Erlebnisse dadurch verarbeitet. Es sind Bilder und Selbstporträts aus dem Sonnenpark dabei, teilweise auch alte Bilder vom Sonnenpark mit Flüchtlingen und auch Bilder von früher, von der Heimat. Das hab ich in eine Geschichte verpackt", erzählt Dzanic über die Ausstellung. Besonders freuen würde sie sich, wenn auch Schulklassen die Ausstellung im Stadmuseum besuchen - gerne würde sie auch selber durch die Ausstellung führen.

Zur Sache

Die Ausstellung "Novi Dom – Bosnische Flüchtlinge in St. Pölten 1992 – 2022" im Stadtmuseum St. Pölten wird am 1. Juli 2022 eröffnet.

Montag, 20. Juni, 19.30 Uhr zum Weltflüchtlingstag im Cinema Paradiso: Multimediashow, danach Publikumsgespräch mit Amila Širbegović (Architektin, Stadt- und Migrationsforscherin), Martina Eigelsreiter (Leiterin Büro für Diversität der Stadt St. Pölten), Zlata Uzunić-Erasimus (Sozialarbeiterin und Zeitzeugin), Jasmina Džanić (akademisch angewandte Fotografin und Initiatorin des Projekts „Novi Dom“)

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