Protestaktion
Für das Gesundheitswesen schlägt es 5 nach 12 (mit Video)
Bei der Protestaktion der Offensive Gesundheit haben österreichweit Mitarbeiter des Gesundheitswesens um 12:05 Uhr ihren Arbeitsplatz verlassen, um auf die Notwendigkeit einer Pflegereform aufmerksam zu machen. Auch in St. Pölten.
ST. PÖLTEN. Überarbeitung, Stress, Erschöpfung - das ist Alltag für viele Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiten. Um auf die Arbeitsverhältnisse aufmerksam zu machen, organisierten die Mitarbeiter vieler Krankenhäuser und anderen Gesundheitseinrichtungen in ganz Österreich heute einen Warnstreik um 12:05. Auch vor dem Universitätsklinikum St. Pölten versammelten sich Mitarbeiter. Ebenfalls vor Ort war Markus Wieser, Präsident der Arbeiterkammer Niederösterreich. Der Höhepunkt des Protests war das Verlesen der Petition der Offensive Gesundheit. Nach etwa zehn Minuten war die Protestaktion auch schon wieder vorbei und das Personal kehrte zurück zur Arbeit.
Das Personal ist überfordert
"Ich bin seit 16 Jahren im Gesundheitsbereich tätig. Es war hier in Niederösterreich nicht immer so schlimm. Letzten September ist ein Kollege von mir verstorben, aber der Posten wurde lange nicht nachbesetzt. Daraufhin sind, ich glaube durch die Überforderung, viele in Krankenstand gegangen, ein Kollege hat sich den Fuß gebrochen, ich hatte einen Muskelriss. Ich glaube, dass da die Überlastung auch eine Rolle gespielt hat, dass man sich, wenn man überfordert ist, leichter Verletzungen zuzieht. Man ist nicht so aufmerksam, stolpert leichter",
meint Julia Rechtlehner, Krankenpflegerin in der Kieferchirurgie.
Seitdem war es für uns untragbar, wir waren teilweise am Tag die einzige Fachkraft von der Abteilung. Wir haben regelmäßig 60-Stunden-Wochen mit fünf 12-Stunden-Diensten, und das mit den FFP2-Masken. Wir gehen oft erst um 14:00 das erste Mal auf die Toilette, wir können nichts trinken. Ich bin es leid, dass ich seit 16 Jahren um menschliche Grundbedürfnisse kämpfe. Auch um meine Pause, und wir haben in einem 12-Stunden-Dienst nur eine 30 Minuten lange Pause. Ich bin müde."
Die Krankenpflegerin hat bereits vor einem Jahr einen Brief an die Gewerkschaft geschrieben, in der sie die Missstände beklagte. Noch sind die von ihr gewünschten Änderungen nicht eingetreten.
"Wir setzen uns ein für die Patienten, für die Gesellschaft. Uns liegt das ja am Herzen. Wir haben den Beruf gewählt, weil uns die Patienten am Herzen liegen. Nur ist irgendwann der Punkt erreicht, wo wir einfach nicht mehr können. Und das ist traurig. Wir müssen uns den ganzen Tag konzentrieren, bei unserer Arbeit geht es teilweise um Leben und Tod. Das ist wirklich traurig."
Veränderung gefordert
"Mehr Personal ist das Allererste. Ich finde auch, dass uns an einem 12-Stunden-Tag mehr Pausen zustehen sollten. Im Handel ist es ja auch vorgesehen, dass man nach zwei Stunden eine Pause bekommt, wenn man FFP2-Masken trägt. Gerade im Gesundheitsbereich ist es umso wichtiger, dass das Personal auch zu seinen Pausen kommt, damit wir voll konzentriert sein können. Wir wollen ja - aber wir können nicht mehr."
lauten Julia Rechtlehners Forderungen als Betroffene. Die Offensive Gesundheit fordert konkret drei Maßnahmen:
- Mehr Personal für den Gesundheits- und Pflegebereich
- Bessere Arbeitsbedingungen für das gesamte Gesundheitspersonal in Österreich
- Offensive in der Aus- und Weiterbildung: Mehr und attraktive Ausbildungsplätze, moderne Lehrpläne, einfacherer Zugang zu verpflichtenden Weiterbildungen
Vizepräsidentin des Betriebsrats des Universitätsklinikums Gerda Schilcher, die auch die Petition verlas, fordert Handlungen von der Regierung.
"Diese Situation läuft seit vielen Jahren, und die Coronapandemie hat sie noch verstärkt. Wir brauchen endlich Taten, wir brauchen endlich Taten, wir brauchen nicht nur Worte. Wir brauchen eine Ausbildungsreform, wir brauchen eine Gesundheitspflegereform - das wird seit langer Zeit versprochen, nur gehalten worden ist bis jetzt nichts."
Dass den "Corona-Helden" während der Pandemie nur applaudiert, aber nicht aktiv geholfen wurde, kritisiert AKNÖ-Präsident Markus Wieser:
"Klatschen alleine zahlt keine Miete, Klatschen zahlt auch keine steigenden Energiekosten, und Klatschen erwartet man sich nicht, sondern man erwartet sich, dass diese Probleme angegangen werden".
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