Videoüberwachung: So gläsern sind wir St. Pöltner
Überwacht auf Schritt und Tritt: "Kamera-Wildwuchs" in der Stadt
ST. PÖLTEN (jg). Beim McDonald's in der Mariazeller Straße zum Beispiel. Sich hier beim Speisen beobachtet zu fühlen, muss nicht heißen, dass einen das Gegenüber ins Visier genommen hat. Es könnte sich um eine Kamera handeln. Eine Webcam ist es auch, die das Geschehen auf dem Rathausplatz zeigt. Und das Universitätsklinikum gleicht sowieso einem Hochsicherheitstrakt. Videokameras überwachen hier im Außenbereich beinahe jeden Winkel.
Schlendert man durch das Areal, kommt man nicht herum, sich in "1984" von George Orwell, dessen Todestag sich heuer zum 65. Mal jährt, versetzt zu fühlen. In dem dystopischen Roman beschreibt Orwell einen Überwachungsstaat. Wie überwacht ist man in St. Pölten?
96 Kameras im Hauptbahnhof
Eine Suchanfrage bei der österreichischen Datenschutzbehördewirft 25 Betriebe und Privatpersonen aus, die eine Videoüberwachungsanlage in St. Pölten gemeldet haben. Der vorrangige Zweck der Anlagen, die etwa in einer Kleingartensiedlung, am Campingplatz und bei einer Müllsammelstelle in der Herzogenburger Straße gemeldet sind: Eigentumsschutz und Vorbeugung strafrechtsrelevanter Tatbestände. Im St. Pöltner Hauptbahnhof sind 96 Kameras zu diesem Zweck installiert.
"Außenhautüberwachung"
Ziel der ebenfalls rund 100 Videokameras "an neuralgischen Punkten" im Universitätsklinikum ist es, "eine ganzheitliche Außenhautüberwachung zu ermöglichen". "In mehreren Fällen war die Videoaufzeichnung bereits sehr wertvoll und konnte in Zusammenarbeit mit den Behörden zur Aufklärung von Sachbeschädigungen, mutwilligen Aktionen und Diebstählen herangezogen werden", so Pressesprecher Thomas Wallner.
Die aktuelle Verkehrssituation
Bei Einbrüchen in Einfamilienhäuser greife die Polizei nur selten auf Videoaufzeichnungen zurück. Bei Bankomaten sei dies hingegen "relativ häufig", so Franz Bäuchler. Laut dem Stadtpolizeikommandanten diene aber nicht alles, was wie eine Kamera aussehe, der Überwachung im eigentlichen Sinn.
Kameraähnliche Sensoren regeln etwa die Ampelschaltungen. Verkehrskameras wiederum zeichnen nicht auf, sondern zeigen das aktuelle Geschehen: "Wir haben die Möglichkeit mitzuschauen, wie die Verkehrssituation im Landhaustunnel ist", so Bäuchler.
"Wildwuchs trotz Regelung"
Wie viele Kameras insgesamt die Stadt überwachen, lässt sich trotz Meldepflicht schwer sagen. "Es kommt regelmäßig vor, dass eine Videoüberwachung nicht gemeldet wird", so Matthias Schmidl von der österreichischen Datenschutzbehörde. Die österreichische Gesellschaft für Datenschutz schätzte 2010, dass 90 Prozent der Anlagen nicht genehmigt gewesen seien. Nicht gar so lange her konstatierte sie einen "Wildwuchs trotz Regelung".
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