RUAMLEICHTN. Märchen und Geschichten für Kinder, Kindsköpfe und Kind gebliebene - Teil 64

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Als ich kürzlich im "kulturbericht oberösterreich" einen Artikel über das Ruamleichtn in Ebensee las, erinnerte ich mich stark an meine frühe Kindheit. Mein Onkel hatte damals noch Kühe und für die baute er Futterrüben an. Von daheim kannte ich nur die Zuckerrübe, die im Herbst auf der "Rübenwage" gesammelt und dann in die Zuckerfabrik nach Enns transportiert worden war. Auch den Geruch der "Rübenschnitzel" - Trockenschnitte, die wir im Winter als "Abfallprodukt" der Zuckerherstellung als Tierfutter wieder zurückbekamen, stieg mir regelrecht in die Nase. Und dann war da noch der große Zuckersack, den wir einmal im Jahr von der Zuckerfabrik bekamen und der ein ganzes Jahr über reichen musste.

Um mehr über die Futterrübe zu erfahren, schlug ich auf Wikipedia nach, wo sogar die Rede war von einer Suppe, die aus Speck, Zwiebeln und Rübenstüchen gekocht wird. Auch die Blätter könnnen demnach wie Mangold als Blattgemüse verwendet werden, was für mich wiederum eigenartig klang, denn ein weiteres Kindheitsbild ist unser alter Betonsilo, den mein Opa mit Rübenblättern befüllte...

Und natürlich kann man aus den Rüben auch Laternen basteln, die beim oben genannten Brauchtum des Ruamleichtns oder Rübengeisterns im Herbst Verwendung finden.

Von Kürbissen, Runkelrüben und dem Sinn des Daseins

Es war einmal ein großes Feld, gleich neben dem Bauhaus in Steyr. Dort wuchsen viele prächtige Kürbisse. Manchmal fand auf diesem Feld sogar ein Kürbis-Fest statt. Dann kamen unzählige Kinder mit ihren Eltern dorthin, um sich einen Kürbis auszusuchen, der dann in eine gruselige Kürbislaterne verwandelt wurde. Einmal aber, da ging neben den großen orangen Kürbissen auch eine kleine weiße Runkelrübe auf. Ihr gefiel es auf dem großen Feld in der großen Stadt neben den vielen Kürbissen und so wuchs und gedieh auch sie prächtig. Im Herbst aber, als die vielen Kinder wieder kehrten, um sich ihren Kürbis zu holen, wurde die kleine Runkelrübe ganz traurig und ließ verdrossen die Blätter hängen. Sie merkte plötzlich, dass es so etwas wie Bestimmung gab im Leben. All die prächtigen Kürbisse wurden abgeholt und durften als gruselige Kürbislaternen an Halloween vor den Häusern der Menschen erstrahlen. Nur sie, die kleine farblose Rübe, hatte keine Bestimmung. Keiner wollte sie haben. Wahrscheinlich würde sie irgend ein Tier im Winter auffressen. Halloween rückte heran und die kleine Rübe war allein am Feld zurückgeblieben. Frierend steckte sie in der Erde und fühlte sich jämmerlich und verlassen.

An Allerheiligen wanderte ein Gruppe von Menschen mit weiß-grauen Haaren am Ackerrain entlang. Nur eine alte Frau hatte ein junges Menschenkind an der Hand, das ausgelassen auf und ab hüpfte.

"Schau, Otto!" stieß die Dame mit schneeweißem Haar plötzlich ganz verzückt hervor und steuerte auf die kleine Rübe zu. Zärtlich berührte sie die Blätter, die wie durch ein Wunder noch vom Frost verschont geblieben waren. "Das gibt's doch nicht! Eine Runkelrübe... wie lange habe ich so etwas nicht mehr gesehen!" Ganz sentimental wurde sie, denn in ihr stiegen Bilder längst vergangener Tage hoch - damals in Ebensee, als sie selbst noch ein Kind war. "Weißt du noch Otto, damals als wir Kinder waren, da sind wir doch immer Ruamleichtn gegangen. Ich hab mich jedes Jahr so darauf gefreut. Und erst das Ruamschnitzen - es hatte eine ganz besondere Magie. Wie stolz wir waren, als wir mit unseren kleinen ausgehölten Rübenlaternen von Haus zu Haus zogen und in die Fenster leuchteten." "Ja, stimmt, jetzt erinnere ich mich auch!" antwortete Otto lächelnd. "Und du wolltest immer die größte haben, wenn ich mich recht erinnere. Ja, die guten alten Ebenseer Bräuch! Is halt was ganz anderes als der Halloweenspuk aus Amerika."

Das kleine Mädchen an der Hand der alten Dame war ganz still geworden. Aufmerksam hing es an den Lippen der Großeltern. Ruamleichtn, Laternenschnitzen, das wollte es auch ausprobieren. "Aber ist es dafür denn nicht schon zu spät?" wollte es wissen. "Na ja, nicht ganz." erwiederte nun der Großvater. Ruamleichtn ging man eigentlich an verschiedenen Abenden im Oktober bis spätestens Allerheiligen. Also wenn wir uns sputen, dann könnten wir es heute noch schaffen..." "Ja, bitte! Darf ich die kleine Rübe da haben, Großmutter, darf ich?!" bettelte das Mädchen. Und Vorsichtig, ganz vorsichtig zogen sie gemeinsam die kleine Runkelrübe aus dem kalten Acker. Dann spazierten sie heim, ihre Rübe hielt das Mädchen liebevoll an die Wange gepresst. Endlich hatte auch die kleine Runkelrübe ihre Bestimmung gefunden.

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Foto: Diözese Linz/Kienberger
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