Ärztesprengel: Aus zwei mach eins
Im Ennstal werden ab Juli zwei Ärztesprengel zusammengelegt. Die Landärzte werden dadurch entlastet.
STEYR-LAND. Die Zahl der Ärztesprengel in Oberösterreich wird durch Zusammenlegungen schrittweise reduziert. Gab es 1995 noch 121 Sprengel, sollen nach der aktuellen Reform rund 75 übrig bleiben.
Als nächstes werden ab 1. Juli Weyer-Gaflenz (Sprengel 88) und Maria Neustift-Großraming (Sprengel 89) vereint. Die hausärztlichen Notdienste an den Sonn- und Feiertagen werden damit auf eine größere Zahl an Ärzten aufgeteilt. Die Dienste ab 1. Juli teilen sich die Weyrer Ärzte Gerhard Sonnenschein, Werner Kortschak und die Praxisgemeinschaft Wolfgang Stieger & Wilhelm Taibon sowie Urban Schneeweiß aus Maria Neustift, Walter Schreiner aus Großraming und Christian Tischberger aus Laussa.
„Es gibt keine Alternative zu den Zusammenlegungen“, betont der oö. Ärztekammer-Präsident Peter Niedermoser. Die meisten Ärzte seien nicht mehr bereit, an Wochenenden und Feiertagen so viele Notdienste wie bisher zu leisten.
750 Wochenenddienste in 36 Jahren
Gemeindearzt Gerhard Sonnenschein (60) aus Weyer kann davon ein Lied singen. In den vergangenen 36 Jahren hat er rund 750 Wochenenddienste geleistet. „Die Not zwingt uns zur Zusammenlegung, wir bekommen sonst auch keine Nachfolger mehr.“ Derzeit seien zwei Drittel der Ärzte in der Region um die sechzig Jahre alt. Durch die Fusion der Sprengel komme ein Arzt künftig nur noch alle vier bis sechs Wochenenden zum Dienst dran anstatt wie bisher alle zwei oder drei Wochen, sagt Gerhard Sonnenschein. Damit könnte der Beruf des Landarztes auch für Frauen attraktiver werden, meint Sonnenschein. „Wir müssen Strukturen schaffen, die für die Ärzte familienfreundlicher sind“, sagt er.
Verständnis für die Maßnahme
„Ich glaube, dass sich durch die Sprengelzusammenlegung für die Bürger kaum etwas ändern wird“, sagt Bürgermeister Leopold Bürscher (VP) aus Großraming. Die Vorteile für die Landärzte, die mitunter auf sehr viele Wochenstunden kommen, lägen klar auf der Hand. Bürscher zeigt Verständnis für die Zusammenlegungen – vor allem in Hinblick auf den drohenden Ärztemangel. „Dadurch ergibt sich für junge Ärzte wieder ein Horizont und mehr Motivation, eine Landarztstelle zu übernehmen.“
„Zu lange Anfahrtswege“
Seine Amtskollege Martin Haider (VP) aus Maria Neustift gibt sich skeptischer. „Die Maßnahme ist wiederum eine Ausdünnung des ländlichen Raums“, sagt er. Manche Anfahrtswege – etwa von Maria Neustift nach Kleinreifling – seien viel zu lang. „Die Folge könnte sein, dass Patienten wieder direkt ins Spital fahren", sagt Haider. Notfällen blickt er gelassen entgegen. „Wir haben in Maria Neustift ein First-Responder-System mit bestens ausgebildeten Ersthelfern.“
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