Interview
"Habe versucht ein Verbinder zu sein"

Foto: Klaus Mader

Willi Hauser war seit 1997 im Gemeinderat. Im November 2015 wurde er erster Vizebürgermeister in Steyr.
Du bist seit 1997 in der Gemeindepolitik. Erinnerst du dich noch an die Anfangszeit?
Ich bin in den Gemeinderat nach der Wahl 1997 eingezogen. Unter Bürgermeister Hermann Leithenmayr, einem meiner – wie man so schön sagt – Lehrherren in der Politik. Unter anderem hat er mir als Soldat beigebracht, dass Geduld manchmal unverzichtbar ist und man so auch zum Erfolg kommt. Ebenso lernte ich von ihm auch ein politisches Amt mit der nötigen Demut aber auch Hartnäckigkeit anzugehen und umzusetzen. Mein Lehrherr beim Bundesheer war Erich Dallinger, der mir unter anderem mitgab, dass man durch „Vorbild sein“ am besten führt. Das habe ich bis heute eingehalten, von niemandem etwas verlangen, was ich nicht selber auch tun würde. Und ein Sprichwort beherzige ich auch seit meiner Anfangszeit – durchs reden kommen die Leute zusammen. Das alles habe ich versucht zu beherzigen und es hat mich bis dato gut durch alle Höhen und Tiefen meines beruflichen und politischen Lebens gebracht.

Warum hast du dich damals für die Politik entschieden?
Ich war schon in der „Jungen Generation der SPÖ“ tätig und habe da auch gelernt, dass es nicht einfach ist sich in den eigenen Reihen durchzusetzen. Bei mir kam dann auch noch dazu, dass ich eben Soldat war. Durch meine Arbeit dann in der Gewerkschaft und als Personalvertreter bin ich dann doch in das nähere Blickfeld gerückt. Auf Einladung von Bürgermeister Leithenmayr habe ich mich dann entschieden auch als Mandatar anzutreten, um an einem Aufschwung für „meine“ geliebte Stadt Steyr mitzuarbeiten. Für mich war immer klar, ich möchte nur in der Kommunalpolitik tätig sein, denn da spürt man am Feedback aus der Bevölkerung, ob es halbwegs passt, was man macht.

Würdest du den selben Weg wieder einschlagen?
Wenn es dazu käme, für mich nochmals eine solche Entscheidung zu fällen, ein klares JA. Ich habe alle Funktionen, die ich übernommen habe, immer gerne gemacht und mir ist immer das Wohl unserer Bürgerinnen und Bürger sowie die Entwicklung unserer/meiner Stadt am Herzen gelegen.

Was waren die prägendsten Momente in den etwas mehr als 23 Jahren?
Sehr prägend für mich war jedenfalls die Situation, dass ich als Jugendfunktionär und Soldat immer als Revoluzzer eingestuft wurde. Trotz allem habe ich es geschafft mit Demut, Geduld und Engagement die Funktion des Fraktionsobmannes und 1. Vizebürgermeisters unserer liebens- und lebenswerten Stadt Steyr auszuüben. Dafür danke ich all meinen Förderern und Unterstützern. Prägend für mich war auch, dass ein Verein wie der SK Vorwärts Steyr nach dem Niedergang mit vereinten Kräften und meiner Mitwirkung im Vorstand vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2020 von der untersten Klasse wieder in die 2. Bundesliga geführt werden konnte. Und meine Claudia, die mich über 20 Jahre mit viel Verzicht hier begleitete und mir immer den Rücken stärkte.

Gibt es besondere Ereignisse, Projekte oder Menschen, an die du dich gerne erinnerst?
Ich erinnere mich gerne bezüglich meiner Tätigkeit als Personalvertreter beim Bundesheer, dass ich es geschafft habe den Kasernenstandort hier in Steyr 10 Jahre länger offen zu halten, als dies vom Ministerium vorgesehen war. Dabei war für mich wichtig, dass alle Bediensteten dann halbwegs gute und vernünftige Arbeitsplätze an anderen Standorten bekommen haben. Auch die Zubringerfahrten zu den neuen Arbeitsstellen wurden weit über 10 Jahre vom Dienstgeber getragen. Außerdem auch meine beiden UNO-Einsätze auf den Golanhöhen (Syrien) in den Jahren 1980/1981 und 1989/1990. In der Stadt waren sicher die letzten 5 Jahre für mich die intensivsten und sie waren geprägt von den Vorbereitungen für die heuer stattfindende Landesausstellung. Dazu wurden viele Investitionen getätigt wie etwa die Neugestaltung von Stadtplatz, Grünmarkt, Brucknerplatz und dem Bahnhofsvorplatz. Die Neugestaltung des Rathausinnenhofes und des neuen Öffentlichen WC`s und die mustergültige Sanierung des Innerberger Stadls. Oder die Errichtung des neuen Vordaches und des behindertengerechten Zugangs zum Alten Theater. Ebenso das Jahrhundertbauwerk Aufstiegshilfe (Lift) auf den Tabor, das Musikheim für die Stadtkapelle, die Errichtung des neuen Feuerwehrzeughauses für den Löschzug 4 Christkindl und die Sanierungs- und Ausbaumaßnahmen bei den anderen Stützpunkten der Feuerwehr. Investitionen in den Stadtbus, Aufforstung des Brunnenschutzwaldes, Anschaffung von Wanderbäumen und Unterstützung der Aktion 1000 Bäume für Steyr. Ich danke dafür allen, die mich Ressortübergreifend unterstützt haben.
Prägende Menschen waren für mich neben meinen Großeltern, bei denen ich aufwuchs, beim Bundesheer mein erster Förderer in der Personalvertretung Karl Zack und mein Unterstützer und Freund Franz Peer sowie als Kommandanten eben Erich Dallinger und mein letzter Generalstabschef Othmar Commenda. In der Politik waren meine Vorbilder und Förderer neben Bruno Kreisky vor allem Hermann Leithenmayr, Barbara Prammer und Gerald Hackl.

Schönstes Erlebnis und schwierigste Situation?
Eine meiner schwierigsten Situationen war die Schließung der Kaserne Steyr und die Sorge darum, was mit den Bediensteten passieren wird. Außerdem auch die jeweils angesagten Heeresreformen, wo ich in meiner Funktion immer fürs Personal mitverhandelt habe. Unbefriedigend war, dass keine einzige dieser Reformen wirklich abgeschlossen wurde. Außerdem die Diskussion um Wehrpflicht und Berufsheer, wo mit vielen Halbwahrheiten und falschen Argumenten auch Ängste geweckt wurden. Schön für mich war die Anerkennung in den höchsten Kreisen des Militärs und der Gewerkschaft.
In der Stadtpolitik war es die Situation rund um die Finanzkrise 2008/2009 und im letzten Jahr jetzt die Pandemie „Corona“. Meine schönsten Erlebnisse in der Stadt sind einerseits das mir entgegen gebrachte Vertrauen von den Bediensteten und allen Politiker*innen, die tolle Zusammenarbeit und das freundschaftliche Verhältnis mit der Freiwilligen Feuerwehr Steyr und die mir jetzt entgegengebrachte Anerkennung meiner Arbeit.

Wie schwer fällt der Abschied? Ist man froh, jetzt in der Corona-Krise in Pension gehen zu dürfen?
Es gibt bei mir ein weinendes und ein lachendes Auge. Ich habe immer gerne gearbeitet, habe immer versucht „Verbinder“ zu sein und für mich standen immer die Menschen im Mittelpunkt. Egal ob es sich um meine Funktionen als Personalvertreter handelte, die schon 1983 in Steyr begannen, dann ab 1991 im Land OÖ und ab 1999 im Zentralausschuss im Bundesministerium für Landesverteidigung. Oder um die Funktionen in der Stadt, wie eben ab 1997 Gemeinderat, ab 2003 in der Stadtregierung als Stadtrat, und später dann 2. bzw. ab 2015 eben als1. Vizebürgermeister und Fraktionsobmann der SPÖ.
Nein, ich bin nicht froh gerade jetzt während der Corona-Krise in Pension zu gehen. Ich bin sicher keiner, der vor einer schwierigen Situation weglaufen würde. Aber der Generationswechsel ist von langer Hand vorbereitet und vereinbart worden. Und so, wie ich es immer gehalten habe, nämlich die Handschlagqualität einzuhalten, tat ich es auch hier.

Hast du für den Ruhestand besondere Pläne?
Da meine Gattin Claudia ja noch mehr als 10 Jahre arbeiten muss, werde ich sie bei der Hausarbeit unterstützen und Hobbykoch bin ich sowieso schon Zeit meines Lebens. Außerdem habe ich einige ehrenamtliche Funktionen in der Partei, dem Pensionistenverband, beim Roten Kreuz, bei der ASKÖ und ich bin Vorsitzender des Vereins für Arbeit, Beratung und Bildung (VABB). Beim SK BMD Vorwärts Steyr bin ich zwar mit Oktober 2020 aus dem Vorstand ausgeschieden, aber ich werde sie weiterhin nach meinen Möglichkeiten unterstützen. Also, glaubt mir, langweilig wird mir sicher nicht.

Blick in die Zukunft: Wie wird Steyr in 20 Jahren aussehen?
Das kann ich nicht sagen, aber wünschen würde ich mir, dass wir in einer zumindest so lebenswerten Stadt wie jetzt leben können. Dazu gehört, dass es genügend Arbeit, Arbeitsplätze und soweit möglich Vollbeschäftigung gibt. Dass sich durch eine stabile Wirtschaft sich unsere Stadt auch als Industriestandort und Bildungsstandort weiterentwickeln kann. So könnte weiteren Abwanderungen Einhalt geboten werden. Wir auch weiterhin eine gute Gesundheitsversorgung und soziale Absicherung für alle Menschen anbieten können und wir auch die Klimaziele erreichen. Damit wären die Menschen glücklich und auch ich. Ich wünsche allen, die jetzt Verantwortung tragen, ein glückliches Händchen bei der Leitung der Geschicke unserer Stadt.
Abschließend möchte ich mich bei allen Mitarbeitern des Magistrats, der Stadtbetriebe Steyr GmbH, der Kommunalbetriebe, des Reinhaltungsverbandes, der Feuerwehr und allen Politiker-Kollegen für das mir entgegengebrachte Vertrauen bedanken. Bei allen diesen, sowie allen Blaulichtorganisationen, Behörden und Institutionen, Medien und Unterstützern für die tolle Zusammenarbeit. Denn alleine wäre das nie zu schaffen, nur gemeinsam sind wir stark. Danke!

Anzeige
1:46
1:46

WKOÖ Maklertipp
Rechtsschutzversicherung: Sichern Sie Ihr Recht!

Eine Rechtsschutzversicherung schützt Sie vor den Folgen von vielen möglichen Konfliktfällen – vor allem finanziell.  Es gibt viele Gründe für einen Streit vor Gericht: Angenommen, Ihr Vermieter erhöht den Mietzins in ungerechtfertigter Weise, Ihr Hund läuft einem Biker vor das Rad, Ihnen wird nach einem Verkehrsunfall das Schmerzensgeld verwehrt oder Ihr Arbeitgeber zahlt die Überstunden nicht. Von all diesen Fällen haben Sie schon gehört oder Sie haben sogar schon selbst eine solche oder eine...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Steyr & Steyr-Land auf MeinBezirk.at/Steyr&Steyr-Land

Neuigkeiten aus Steyr & Steyr-Land als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Steyr & Steyr-Land auf Facebook: MeinBezirk.at/Steyr&Steyr-Land - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Steyr & Steyr-Land und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.