AM EIGENEN LEIB – Tunnelbau: "Weil's wilde Hund san"

Eine der wirklich einfacheren Arbeiten: Redakteur Arno Cincelli bereitet die Anker für das Einsetzen vor. | Foto: Mara Collizzolli
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  • Eine der wirklich einfacheren Arbeiten: Redakteur Arno Cincelli bereitet die Anker für das Einsetzen vor.
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STEINACH. Ganz automatisch macht Mike ein Kreuzzeichen, als er den kleinen Geländewagen an der Statue der heiligen Barbara vorbeilenkt. "Mit der heiligen Barbara hat es bei uns jeder, ohne die geht bei uns nichts!", erklärt der Polier, der mit vollem Namen Michael Feldner heißt. Aber hier unter Tage im Zufahrtstunnel Wolf reichen die Vornamen. Immerhin ist es eine gefährliche Arbeit, bei der man sich aufeinander verlassen können muss, da schadet eine gewisse Vertrautheit nicht!

Es ist schon ein eigenartiges Gefühl, als Redakteur der BEZIRKSBLÄTTER einen Teil einer Schicht mit den Mineuren von Swietelsky Tunnelbau zusammenzuarbeiten. Die Arbeit, die sie Schicht für Schicht hier verrichten, ist mehr als beeindruckend. 3284 Meter tief geht es in den Berg, allein in den vergangenen eineinhalb Jahren ist der Tunnel um eineinhalb Kilometer gewachsen – aber nicht heute.

"Du hast Glück! Heute setzen wir nur Anker. Das ist Anfängerarbeit", erklärt Mike mit einem leichten Grinsen. Die Anker sind mehrere Meter lange Stahlstangen, mit zweieinhalb Zentimetern Durchmesser. Sie verteilen den Druck gleichmäßiger und verhindern so, dass der Tunnel einstürzt, wenn "der Berg drückt".

Kein Vortrieb, das bedeutet besser atembare Luft, weniger Staub und Temperaturen unterhalb von 30 Grad Celsius. Mag sein, dass es für die Mineure fast schon eine Erholung ist – für jemanden, dessen Arbeitsgeräte sonst Computertastaturen, Kameras und Telefone sind, ist es brutale Knochenarbeit. Schon nach wenigen Minuten rinnt der Schweiß von der Stirn. Kein Wunder, dass die Profis hier in kurzen Ärmeln arbeiten!

Aus dem Mölltal

Die Profis, das sind vor allem Mölltaler, wie Mike nicht ohne Stolz erklärt. Schon seit vielen Generationen liegt den Bewohnern dieses Kärntner Tals der Bergbau regelrecht im Blut. Hier im Brenner Basistunnel dürften sie seiner Schätzung nach etwa 80 Prozent der Mineure ausmachen. Warum? "Weil wir wilde Hund sind!" Mike lacht. Recht hat er. Mineure packen überall an. Jedes Gerät, vom kleinen Zementmischer bis hin zum riesigen Bohrkran wird perfekt beherrscht. Je sechs Mann pro Achtstundenschicht treiben den Tunnel vorwärts, drei Schichten pro Tag, jeweils zehn Tage am Stück. Für so einen Job muss man schon ein wilder Hund sein!

Die Anker schieben sie mit Muskelkraft in die frisch gebohrten und mit flüssigem Beton gefüllten Löcher in der Decke. Erst wenn sie gut sitzen, werden sie mit dem Kran bis zum Anschlag in die Decke geschoben. Manche der Stangen sind sogar neun Meter lang. Zum Vergleich: Dem ungeübten Redakteur verließen schon beim Versuch mit der Viermeterstange die Kräfte – ein Glück, dass Daniel, mit dem er oben am Kran war, nicht verletzt wurde! Oder besser gesagt: Die heilige Barbara hat aufgepasst, weil ohne sie geht hier unten wirklich nichts! Das Kreuzzeichen beim Auffahren auf Höhe der Barbarastatue geht schon ganz automatisch.

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